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Politik

Heftige Kritik an Trumps Kuschelkurs mit Putin

17. Juli 2018

Nach dem Gipfel von Helsinki ist nicht nur die US-Opposition empört, sondern auch Donald Trumps eigene Partei. Senator John McCain spricht von einem "Tiefpunkt in der Geschichte der amerikanischen Präsidentschaft".

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Finnland Helsinki Trump-Putin Treffen
Bild: picture-alliance/Sputnik/S. Guneev

Die parteiübergreifende Kritik aus dem Washingtoner Politikbetrieb entzündet sich vor allem am Umgang Donald Trumps mit den Vorwürfen gegen Russland, in den US-Wahlkampf 2016 eingegriffen zu haben. Einhellig wird ihm eine unkritische Haltung gegenüber Kremlchef Wladimir Putin vorgeworfen.

Mit Blick auf die mutmaßlichen russischen Cyberattacken im amerikanischen Wahlkampf prangerte der prominente republikanische US-Senator John McCain einen "Tiefpunkt in der Geschichte der amerikanischen Präsidentschaft" an. "Die heutige Pressekonferenz in Helsinki war eine der schändlichsten Aufführungen eines amerikanischen Präsidenten seit Menschengedenken." Der republikanische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Paul Ryan, sagte: "Es ist keine Frage, dass Russland in unsere Wahl eingegriffen hat und weiterhin versucht, die Demokratie hier und weltweit zu untergraben." Er fuhr fort: "Der Präsident muss anerkennen, dass Russland nicht unser Verbündeter ist."

USA Senator John McCain
John McCainBild: picture alliance/dpa/M. Reynolds

Kaviar für Putin

Auch andere wichtige Politiker aus den Reihen von Trumps Republikanern distanzierten sich. So sieht der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, der Republikaner Bob Corker, Putin durch den Gipfel klar gestärkt: "Wir tippen, dass er gerade Kaviar isst." Der republikanische Kongressabgeordnete und frühere CIA-Mitarbeiter Will Hurd teilte auf Twitter mit: "Ich habe in meiner beruflichen Karriere viele Menschen gesehen, die vom russischen Geheimdienst manipuliert wurden, und ich hätte nie gedacht, dass der US-Präsident einer derjenigen sein wird, die von routinierten KGB-lern über den Tisch gezogen werden."

Beschämend, verräterisch, am Rande des Hochverrats

Der Chef der oppositionellen Demokraten im Senat, Chuck Schumer, erklärte, noch nie in der US-Geschichte habe ein Präsident einen "Widersacher" derart unterstützt. "Der Präsident hat sich auf die Seite von Wladimir Putins Dementi über die einhellige Schlussfolgerung der US-Geheimdienstgemeinschaft gestellt", kritisierte Schumer. "Er hat das Wort des KGB über die Männer und Frauen der CIA gestellt."

Chuck Schumer
Chuck SchumerBild: picture-alliance/AP Photo/J. S. Applewhite

Dass Trump zusammen mit Putin gegen die Strafvollzugsbehörden und Geheimdienste der USA Stellung beziehe, sei "gedankenlos, gefährlich und schwach". Millionen von US-Bürgern fragten sich, ob die mögliche Erklärung für dieses Verhalten ihres Präsidenten sei, dass Putin "schädliche Informationen" über Trump in der Hinterhand habe, sagte Schumer.

Die Oppositionsführerin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, kritisierte: "Präsident Trumps Schwäche vor Putin war beschämend und beweist, dass die Russen etwas über den Präsidenten haben, persönlich, finanziell oder politisch. Das ist ein trauriger Tag für Amerika und für alle westlichen Demokratien, die Putin weiterhin ins Visier nimmt." Der oppositionelle Abgeordnete Jimmy Gomez warf Trump vor, das eigene Land an Russland zu "verkaufen". Sein Versäumnis, die USA zu verteidigen, "ist am Rande des Hochverrats".

Der frühere Direktor des US-Geheimdienstes CIA, John Brennan, kritisierte im Kurzmitteilungsdienst Twitter, die Pressekonferenz Trumps mit Putin sei "nicht weniger als verräterisch" gewesen. "Er ist vollständig in der Tasche Putins."

Verteidigung via Twitter

Präsident Trump konterte die Kritik der heimischen Politik nach seiner Abreise aus Finnland auf Twitter. Er habe "großes Vertrauen" in die Geheimdienste, ließ er die Öffentlichkeit während des Rückflugs wissen. Für eine bessere Zukunft könne man sich aber nicht ausschließlich auf die Vergangenheit konzentrieren. "Als die zwei größten Atommächte der Welt müssen wir miteinander zurecht kommen."

Lob für seinen Auftritt in Helsinki erhielt Trump vom ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. "Es ist sehr gut, dass Präsident Trump keine einzige Position bezüglich der Ukraine aufgegeben hat", so Poroschenko im ukrainischen Fernsehsender ICTV. In Kiew ist man überzeugt davon, dass Washington die Annektion der Krim durch Russland weiterhin als illegal betrachtet und der Ukraine-Konflikt eine der vorrangigen Prioritäten bleibt. Putins Äußerungen über das Referendum auf der Krim nannte Poroschenko dagegen "lächerlich". 

Putin selbst äußerte sich nach dem Gipfel nicht mehr zum Konflikt mit dem Nachbarland. Stattdessen ging der russische Staatschef noch einmal auf die Vorwürfe gegenüber Moskau ein, man habe sich 2016 in den US-amerikanischen Wahlkampf eingemischt. Putin sagte dem US-Sender Fox News, die Beziehungen zwischen den USA und Russland dürften keine "Geisel" der Russland-Ermittlungen von US-Sonderermittler Robert Mueller sein. Bei Muellers Untersuchung der mutmaßlichen Einmischung handele es sich um "innenpolitische Spiele der USA". Diese "politischen Spiele" dürften keine Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen Russland und den USA haben.

Kreml glaubwürdiger als die eigenen Leute?

Putin hatte bei der Pressekonferenz mit Trump jede Einmischung in die US-Wahlen 2016 dementiert. Trump stellte sich nicht auf die Seite der US-Geheimdienste, die wie die Ermittlungsbehörden überzeugt von einer russischen Urheberschaft sind, sondern erklärte: "Ich habe großes Vertrauen in meine Geheimdienstleute, aber ich werde Ihnen sagen, dass Präsident Putin in seinem Dementi heute extrem stark und kraftvoll war."

Russland soll sich den Vorwürfen zufolge mit Hackerangriffen in den Präsidentschaftswahlkampf 2016 eingemischt haben, um Trump zu helfen und seiner demokratischen Konkurrentin Hillary Clinton zu schaden.

qu/djo (afp, dpa, rtr, ape)