1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Hanau: "Menschenrechte statt rechte Menschen"

22. Februar 2020

Nach dem rassistisch motivierten Anschlag in Hanau setzt die hessische Stadt ein Zeichen: Tausende Menschen demonstrieren gegen Hetze und Menschenverachtung.

https://p.dw.com/p/3YCFr
Deutschland Demonstration in Hanau nach Anschlag
Bild: picture-alliance/dpa/A. Arnold

Zu Tausenden haben sie sich auf dem Freiheitsplatz in der Hanauer Innenstadt versammelt. Viele von ihnen trugen Schilder mit Aufschriften wie "Muss erst getötet werden, damit ihr empört seid?" oder "Menschenrechte statt rechte Menschen". Die Organisatoren des Bündnisses "Solidarität statt Spaltung" sprachen von insgesamt gut 6000 Teilnehmern.

Viele Redner der Kundgebung zeigten sich bestürzt und wütend über die rassistisch motivierten Morde vom Mittwochabend. "Wir dürfen den Täter nicht pathologisieren", sagte Patrucija Kowalska von der Kampagne "Kein Schlussstrich" aus München. Die Planung und die Tat des Mörders seien einer perfiden Logik rechter Terroranschläge an anderen Orten gefolgt. Ursachen dieser Gewalt seien Rassismus und Antisemitismus.

Deutschland Demonstration in Hanau nach Anschlag
Angehörige und Freunde halten Fotos der Ermordeten hoch Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Probst

Auch Familienmitglieder der Opfer meldeten sich zu Wort. Die Tat sei ein barbarischer Akt und ein Angriff auf die ganze Gesellschaft, sagte ein Angehöriger. Die Gesellschaft müsse nun zusammenstehen. "Die Wunde wird nicht heilen, aber die Solidarität hilft uns", erklärte ein anderer. "Wir sind alle Opfer geworden", äußerte sich ein weiterer Angehöriger. Die Opfer seien allesamt in Hanau geboren und aufgewachsen. "Das waren alles Kinder Hanaus", wies er darauf hin.

Deutschland Demonstration in Hanau nach Anschlag
Bild: picture-alliance/dpa/N. Armer

Dann zog die Menge weiter durch die Stadt zu einem der zwei Tatorte. Den ganzen Tag über legten außerdem Hanauer Bürger am Brüder-Grimm-Denkmal auf dem Marktplatz Blumen nieder, entzündeten Kerzen oder gedachten der Toten in Stille.

Deutschland Demonstration in Hanau nach Anschlag
Cem Özdemir (M.) und Berivan Aymaz (r.) von den Grünen legen nahe dem Tatort am Heumarkt Blumen nieder Bild: picture-alliance/dpa/N. Armer

Vertreter der Kurdischen Gemeinde in Deutschland und der Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir von den Grünen gedachten ebenfalls der Opfer. Anschließend trafen sie sich mit Mitgliedern der beiden kurdischen Gemeinden vor Ort sowie Angehörigen der Ermordeten und weiteren Trauergästen. Es sei schwer, Worte zu finden, sagte Özdemir. Er hoffe, "dass dieses Jahr in die Geschichte eingeht als das Jahr, in dem die Republik ernst macht gegen Rechtsradikalismus".

Ein 43 Jahre alte deutsche Attentäter hatte am Mittwochabend im hessischen Hanau neun Menschen mit ausländischen Wurzeln erschossen. Der Sportschütze tötete auch seine 72-jährige Mutter und dann sich selbst. Nach bisherigen Erkenntnissen hatte der Täter eine rassistische Gesinnung und war psychisch krank.

Infografik - Detailkarte der Anschlagsziele in Hanau - DE

LKA warnt vor gezielten Falschinformationen in sozialen Medien

Das hessische Landeskriminalamt warnt im Zusammenhang mit dem Anschlag vor Falschinformationen. Es gebe derzeit vermehrt Spekulationen über den Tathergang, teilte das LKA mit. Diese tauchten aus verschiedenen Quellen in den sozialen Medien auf, machte die Behörde via Twitter darauf aufmerksam.

Auch in anderen deutschen Städten gingen tausende Menschen gegen rechten Terror auf die Straße. Marburgs Oberbürgermeister Thomas Spies (SPD) bezeichnete bei einer Demonstration und Mahnwache in seiner nordhessischen Stadt den Rassismus als "ein ganz alltägliches Gift". "Wir müssen gemeinsam handeln gegen Rassismus", forderte er in seiner Ansprache.

Hohe Gefährdung durch Rechtsterrorismus

In den nordrhein-westfälischen Städten Köln, Bonn und Düsseldort versammelten sich - ungeachtet des Straßenkarnevals - ebenfalls wieder mehrere tausend Menschen zu Mahnwachen und Kundgebungen gegen Rechts. Entsprechende Demonstrationen gab es auch in Dortmund und Bielefeld.

se/hf (epd, dpa, afp)