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PolitikHaiti

Haiti fordert internationale Eingreiftruppe

23. September 2023

Die Situation im Krisenstaat Haiti spitzt sich immer mehr zu. Jetzt scheint der Ruf nach internationaler Hilfe Gehör zu finden: Zusätzliche Sicherheitskräfte aus bis zu zwölf Ländern sollen die Bandengewalt stoppen.

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UNO Haiti | Vollversammlung | Ariel Henry, Antony Blinken und Alfred Nganga Mutua
Haitis Premier Ariel Henry (li.) mit Kenias Staatschef William Ruto (re.) und US-Außenminister Antony BlinkenBild: Bing Guan/AP Photo/picture alliance

Die Pläne für eine internationale Eingreiftruppe im Krisenstaat Haiti nehmen immer mehr Gestalt an. "Zehn bis zwölf Länder haben konkrete Angebote für diese Mission gemacht", sagte die stellvertretende US-Außenministerin Victoria Nuland nach einem Ministertreffen zu dem von Gewalt erschütterten Karibikstaat am Rande der UN-Generalversammlung in New York. Konkrete Angaben zu den Ländern machte Nuland zunächst nicht.

Zuvor hatte Kenia seine Bereitschaft erklärt, eine multinationale Eingreiftruppe mit 1000 Sicherheitskräften anzuführen. "Wir dürfen Haiti jetzt nicht allein lassen", sagte der kenianische Staatschef William Ruto. Auch Jamaika, die Bahamas und Antigua bekundeten ihre Bereitschaft zur Teilnahme an einem solchen Einsatz.

USA wollen 100 Millionen Dollar für Haiti beisteuern

US-Außenminister Antony Blinken erklärte, dass die Regierung von Präsident Joe Biden den Kongress um 100 Millionen Dollar zur Unterstützung der Mission bitten werde, die sowohl Truppen als auch Polizeikräfte umfassen soll. "Mit unserer Unterstützung kann diese Mission innerhalb weniger Monate starten - und wir haben wirklich keine Zeit zu verlieren", sagte Blinken bei dem Treffen, an dem auch Haitis amtierender Regierungschef Ariel Henry teilnahm. Die Unterstützungsmission werde aber "kein Ersatz für politischen Fortschritt sein".

UNO Haiti | Vollversammlung | Ariel Henry
Haitis Premierminister Ariel Henry spricht vor der UN-Generalversammlung in New York (22.09.2023)Bild: Craig Ruttle/AP Photo/picture alliance

Der haitianische Premierminister Ariel Henry schloss sich Blinkens dringlichem Appell an und erklärte vor der UN-Generalversammlung, dass Polizei und Militär benötigt würden und dass der Einsatz von Gewalt "weiterhin unerlässlich" sei, um "ein Umfeld zu schaffen, in dem der Staat wieder funktionieren kann". Die Liste der von kriminellen Banden begangenen Verbrechen umfasse Entführungen, Plünderungen, Brandstiftung, sexuelle Gewalt, Organ- und Menschenhandel, Morde, außergerichtliche Hinrichtungen, die Rekrutierung von Kindersoldaten und die Blockade von Hauptstraßen. "Die Demokratie ist in Gefahr. Unser Land braucht eine Rückkehr zur Normalität", sagte Henry.

Haitis Interimspremier unter Druck

In seinem Land steht Henry massiv unter Druck. Zuletzt hatten die wichtigsten Anführer der rivalisierenden Banden öffentlich dazu aufgerufen, den Regierungschef zu entmachten. Henry sagte, die Sicherheitslage in seinem Land habe sich "auf ein kritisches Maß verschlechtert", die Kriminellen fühlten sich "übermächtig". Diese Entwicklung hatte sich nach der Ermordung von Präsident Jovenel Moise dramatisch beschleunigt.

Haiti Protest gegen Ministerpräsident Ariel Henry
Protest gegen Haitis Interimspremierminister Ariel Henry - hier angeführt vom Chef der "G9"-Bande, Jimmy "Barbecue" Chrizier (19.09.2023)Bild: Ralph Tedy Erol/REUTERS

Seit Januar dieses Jahres ist Haiti ohne rechtmäßig gewählte Führung. Präsident Henry hat das Amt nur vorübergehend inne. Gleichwohl kündigte er an, "so bald wie möglich" Wahlen durchführen zu wollen.

Haitis Krise verschärft sich

Der Karibikstaat Haiti leidet seit Jahren unter einer humanitären Krise, zu der neben Bandengewalt auch politische Instabilität und wirtschaftliche Stagnation beitragen. Hinzu kommen immer wieder Naturkatastrophen wie das verheerende Erdbeben 2010 mit mehr als 200.000 Toten, und alljährlich Wirbelstürme, die schwere Schäden anrichten.

Allein in den vergangenen fünf Jahren hat sich die Zahl der auf humanitäre Hilfe angewiesenen Menschen in dem Land UN-Angaben zufolge verdoppelt: Demnach verdienen zwei Drittel der Bevölkerung weniger als zwei Dollar pro Tag. Vier Millionen Menschen leiden akut unter Hunger, 1,4 Millionen gelten laut Welternährungsprogramm als notleidend.

mak/cw (afp, ape, rtr)