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Gute Aussichten für das Kosovo

Frank Hofmann18. November 2012

Der deutsche Kommandeur der Nato-geführten Kfor-Truppen, Volker Halbauer, hält eine baldige Reduzierung der Truppenstärke für möglich. Für die Zukunft setzt er auf die Meinungsführer in der Region.

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Volker Halbauer, deutscher Kommandeur der Nato-geführten Schutztruppe Kfor im Kosovo Foto: Nato
Bild: Nato

DW: Herr Halbauer, wie steht es um die künftige Zahl der derzeit knapp 6000 Soldaten der Kfor-Truppe im Kosovo? Können Sie sie absehbar weiter verringern?

Durch den politischen Dialog zwischen Belgrad und Pristina, der mittlerweile Fuß gefasst hat, besteht dafür eine gute Möglichkeit. Wenn er sich positiv entwickelt, wird eine weitere Reduzierung wohl möglich sein.

Vergangenes Jahr gab es schwere Unruhen, nachdem die Regierung des Kosovo offenbar ohne Absprache mit EU und Kfor Grenzbeamte an die Grenze zu Serbien geschickt hatte. Wie sehen Sie rückschauend diese Aktion?

Das war für Kfor keine einfache Aufgabe. Über das vergangene Jahr hinweg mussten wir mit erheblicher Anstrengung mehr als 20 Straßenblockaden räumen, um eine Lage herzustellen, die ich heute wieder als deutlich sicherer bezeichnen würde.

Dennoch sind viele Serben im Norden von Kosovo gegen Kompromisse Belgrads mit der Kosovo-Regierung in Pristina, weil sie die Unabhängigkeit des Kosovo ablehnen. Was für eine Reaktion erwarten Sie von den radikalen serbischen Kräften auf die Gespräche zwischen Belgrad und Pristina?

Der Umstand, dass sich die beiden Premierminister Dacic und Thaçi in den vergangenen Wochen zweimal getroffen haben, zeigt, dass sich die Anstrengungen der Internationalen Gemeinschaft und der Europäischen Union positiv auswirken. Die Gespräche haben begonnen, es sind Arbeitsgruppen initiiert, man wird wohl sehr bald auch Handlungen sehen, die diesen Dialog positiv unterstützen. Ich hoffe sehr, dass die politischen Meinungsträger - in Belgrad ebenso wie in Pristina - Verhältnisse werden herstellen können, die die Menschen im Norden des Kosovo an eine bessere Zukunft glauben lassen.

Der serbisch dominierte Nord-Kosovo hat sich seit der Kosovo-Unabhängigkeit zu einem rechtsfreien Raum entwickelt. Es gibt keine Gerichtsbarkeit, keine rechtsstaatliche Polizei dort. Gefährdet die Gesetzlosigkeit Ihre Arbeit?

Es kommt jetzt darauf an, in der weiteren Gestaltung des politischen Dialogs auch diese Fragestellungen in Angriff zu nehmen. Ich bin verantwortlich für ein sicheres und stabiles Umfeld. Ich trage keine Verantwortung für die Herstellung von Recht und Ordnung. Das ist Aufgabe der EU-Rechtsstaatsmission Eulex in Verbindung mit der kosovarischen Polizei, die auch im Norden präsent ist.

Verfügen Sie überhaupt über ausreichende Informationen, um zu entscheiden wie die Sicherheitslage im Norden von Kosovo tatsächlich ist - manche Analysten sprechen davon, dass Ihnen das Personal fehlt.

Wir haben ein sehr gutes Netzwerk im Norden. Damit meine ich nicht nur die Truppenteile, die an Checkpoints präsent sind und an den Beobachtungspunkten sitzen, sondern auch solche die eine unmittelbare Verbindung zu den Verantwortungsträgern im Norden halten: also zu den Bürgermeistern, zu den politischen Vertretern aber auch zur Bevölkerung selbst. Von ihnen erfahre ich auch, wie die Einschätzung der Bevölkerung im Norden insgesamt ist. Dieses Bild ist eindeutig.

Die Mehrheit der Bevölkerung im Norden - also die Masse der normalen  Bürger - hat ein großes Interesse daran, ein ruhiges und friedvolles Leben zu führen und wirtschaftliche, auch persönlich sichtbare Fortschritte zu sehen. Es kommt darauf an, diese Menschen zu unterstützen und dafür zu sorgen, dass ihre Meinung sich durchsetzt. Die radikalen Kräfte, die es natürlich auch gibt - wie beispielsweise die Straßen-Blockierer - versuchen wir Schritt für Schritt davon zu überzeugen, den positiven Entwicklungsprozesses zu unterstützen und die letzten verbliebenen Straßenblockaden zu beseitigen.

In Europa hat Kosovo keinen besonders guten Ruf und wird oft als Mafia-Staat bezeichnet. Wie sehen Sie das Kosovo?

Ich bin über den Tag hinweg sehr viel draußen und lerne viele interessante Menschen kennen. Ich versuche mit allen Menschen zu sprechen, die die unterschiedlichesten  Interessen vertreten. Insgesamt habe ich einen sehr positiven Eindruck. Die Menschen sind sehr positiv eingestellt. Wenn ich mit der kosovarischen Polizei spreche, erlebe ich motivierte Mitarbeiter. Wenn ich mit der Bevölkerung spreche, spüre ich den großen Wunsch, dass es vorwärts gehen möge. Und wenn ich mit offenen Augen durch das Kosovo fahre, sehe ich ein Land voller sehr junger Menschen Ich glaube, dass in der Jugend das Potential für eine gute Zukunft liegt.

Generalmajor Volker Halbauer ist der deutsche Kommandeur der Nato-geführten Schutztruppe Kfor im Kosovo.

Das Gespräch führte Frank Hofmann