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Gondwe: "Das Recht auf Glaubensfreiheit gilt auch im Sudan"

Martin Koch30. Mai 2014

Der Fall einer im Sudan zum Tode verurteilten Christin sorgt für Schlagzeilen. Das Hilfswerk "Christian Solidarity Worldwide" kämpft für ihre Freiheit und setzt auf die in der Verfassung garantierte Glaubensfreiheit.

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Mariam Jahia Ibrahim Ishag (li.) und ihr Ehemann Daniel Wani (Foto: Gabriel Wani/Facebook)
Mariam Jahia Ibrahim Ishag (re.) und ihr Ehemann Daniel WaniBild: Gabriel Wani/Facebook

Deutsche Welle: Welche Verbindung besteht zwischen der inhaftierten Mariam Jahia Ibrahim Ishag und der Christian Solidarity Worldwide?

Khataza Gondwe: Öffentlich begleiten wir den Fall, seit sie am 13. Mai verurteilt wurde. Unser Anliegen ist es, die Ungerechtigkeiten, die Mariam zugefügt wurden, hervorzuheben. Und wir bemühen uns hinter den Kulissen, für sie Einfluss zu nehmen.

Wie geht es ihr jetzt?

Abgesehen davon, dass sie gerade ein Baby bekommen hat und nicht wirklich begeistert war über die Umstände, unter denen sie ihr Kind zur Welt bringen musste, haben wir keine neuen Informationen. Darüber hinaus warten wir darauf, wie das Gericht auf den Einspruch ihrer Anwälte vom 22. Mai reagieren wird. Danach, so vermute ich, könnten sich die Dinge etwas zügiger entwickeln.

Haben Sie Kontakt zu Mariams Ehemann?

Ja, haben wir. Er hatte große Schwierigkeiten, seine Frau und die beiden gemeinsamen Kinder - der 20 Monate alte Sohn ist ja auch mit der Mutter im Gefängnis - überhaupt besuchen zu dürfen. Und selbst dann durfte er nur in Begleitung ihrer Anwälte zu ihr. Der Grund dafür ist vermutlich, dass die Ehe vom Gericht nicht anerkannt wird. Das hatte sie ja zu 100 Peitschenhieben wegen Ehebruchs verurteilt, was automatisch eine unerlaubte sexuelle Beziehung beinhaltet, und zum Tod durch Erhängen wegen der Abkehr vom muslimischen Glauben.

Es gibt immer mehr Solidaritätsbekundungen in aller Welt. Die deutsche und die US-amerikanische Regierung haben sich zu Wort gemeldet, auch der Deutsche Katholikentag hat einen Aufruf zur Freilassung von Mariam formuliert. Was bedeuten Ihnen diese Reaktionen?

Wir freuen uns darüber. So hat sich auch der Sudanesische Rat der Kirchen geäußert, ebenso der Baptistenkonvent des Südens. Sogar die US-Botschaft, die für den Ehemann der Inhaftierten am Anfang alles andere als hilfreich war, setzt sich jetzt für die Freilassung ein.

Meinen Sie, diese Initiativen werden am Ende etwas bewirken?

Wir hoffen es sehr. Wir können im Moment nichts anderes tun, als immer wieder darauf hinzuweisen, dass die verhängten Strafen ungerecht sind. Die Frau hat niemals den Islam praktiziert. Hinzu kommt, dass sie einerseits unter Berufung auf das sudanesische Strafrecht verfolgt wurde, dass aber andererseits die sudanesische Verfassung das Recht auf Glaubensfreiheit festschreibt. Niemand solle zu einem bestimmten Glauben gezwungen oder genötigt werden, heißt es dort. Überall in der Welt steht die Verfassung über dem Strafrecht, sie ist das ultimative Recht. Deshalb hätte es in diesem Fall niemals so weit kommen dürfen. Es wäre von entscheidender Bedeutung, jetzt darauf zu drängen, dass die Verfassung als höchstes Recht im Land auch wirklich beachtet wird.

Wissen Sie von ähnlichen Fällen?

Ja, wir haben von mindestens zwei weiteren Fällen gehört, bei denen Christinnen nach ihrer Heirat mit einem christlichen Mann wegen vermeintlicher Abkehr vom Glauben angeklagt wurden. Einer davon hat sich im Osten des Landes an der Grenze zu Äthiopien ereignet. Dort wurde eine Frau namens Faisah Abdallah verhaftet, als sie ihren Ausweis erneuern lassen wollte. Die Begründung: mit einem muslimischen Namen könne sie keine Christin sein. Dabei wurde sie von ihren Eltern in den Nuba-Bergen als evangelikale Christin aufgezogen. Leider musste ihr Mann vor zwei Jahren das Land verlassen, weil er verfolgt wurde.

Es scheint so, als würden die Behörden durch den aktuellen Fall ermuntert, jetzt häufiger Frauen in ähnlicher Situation anzuklagen. Und wenn das nicht so schnell wie möglich beendet wird, werden wir das möglicherweise in Zukunft im Sudan noch häufiger erleben.

Was hilft Ihrer Ansicht nach mehr: die Gebete der Christen in aller Welt oder politischer Druck auf den Sudan?

(lacht) Oh, ich glaube an Beten und Handeln. Gebete sind gut. Aber man muss seine Gebete auch in die Tat umsetzen. Beides zusammen wird eine Veränderung bewirken, da bin ich sicher.

Dr. Khataza Gondwe ist Teamleiterin für Afrika und den Mittleren Osten bei "Christian Solidarity Worldwide" (CSW). CSW ist eine internationale Hilfsorganisation, die sich für Religionsfreiheit durch Lobbyarbeit und Menschenrechte einsetzt. Aus Sicherheitsgründen will Khataza Gondwe kein Foto von sich veröffentlicht sehen.

Das Interview führte Martin Koch.