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Gemeinsame Pfade

Bernd Gräßler7. Dezember 2002

Die Türkei soll nach dem Willen Deutschlands und Frankreichs eine konkrete Perspektive für den Beitritt zur Europäischen Union erhalten.

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Das inoffizielle Spitzentreffen im brandenburgischen Storkow war kurz aber erfolgreichBild: AP

Deutschland und Frankreich wollen beim Gipfeltreffen der Europäischen Union am 12. und 13. Dezember in Kopenhagen in allen wesentlichen Fragen eine gemeinsame Linie vertreten, kündigte Bundeskanzler Gerhard Schröder an. Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac bestätigte: "Wir werden eine gemeinsame Position zu allen Problemen erarbeiten, die auf dem Kopenhagener Gipfel angesprochen werden und unmittelbar im Zusammenhang mit der Erweiterung stehen - aber auch mittelfristig gesehen. Das heißt, was Rumänien und Bulgarien, aber auch die Türkei anbelangt."

Schröder, der am Mittwoch (4.12.02) wegen seiner Befürwortung eines Signals für den EU-Beitritt der Türkei im deutschen Bundestag von Christdemokraten und Liberalen heftig kritisiert wurde, kann nun offensichtlich auf Frankreichs Präsidenten als Verbündeten rechnen: "Wir sind sicher, dass wir eine gemeinsame Position in Kopenhagen vertreten werden, und dass diese gemeinsame Position ein Signal gibt, das über Brüssel hinausgeht."

Innenpolitisch umstritten

Beim EU-Gipfeltreffen im Oktober in Brüssel hatten die Staats- und Regierungschefs der 15 Mitgliedsländer der türkischen Regierung zwar Fortschritte in der Annäherung an Europa bescheinigt, aber noch mangelnde politische sowie wirtschaftliche Vorraussetzungen für einen Beitritt festgestellt. In Deutschland ist eine EU-Mitgliedschaft der Türkei bereits zum innenpolitischen Streitpunkt geworden. CDU/CSU und FDP sind dagegen und argumentieren unter anderem, die Türkei gehöre nicht zum europäischen Kulturkreis und erfülle nicht die wirtschaftlichen und politischen Bedingungen einer EU-Mitgliedschaft. Sozialdemokraten und Grüne wollen das Land am Bosporus dagegen an den Westen anbinden, damit es nicht in den islamischen Fundamentalismus abdriftet.

Außenminister Fischer betonte in der Bundestagsdebatte am Mittwoch 4.12.02, im Kampf gegen den internationalen Terrorismus sei es wichtig, dass ein islamisches Land den Weg zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft gehe. Wenn dies nicht gelinge, entstehe neues Potenzial für terroristische Bedrohungen.

Die Türkei hat bereits formal den Status eines Beitrittskandidaten zur EU und Ankara dringt darauf, in Kopenhagen ein Datum für den Beginn solcher Verhandlungen festzulegen. Ob es dazu kommt, ließen Chirac und Schröder offen. Sie wollten ihren Vorschlag zunächst dem amtierenden EU-Ratspräsidenten, dem dänischen Ministerpräsidenten Rasmussen und den anderen Ratsmitgliedern übermitteln, hieß es.

Weitere Übereinstimmungen

Eine gemeinsame Position vertreten Frankreich und Deutschland auch in der Frage der Finanzierung der EU-Erweiterung. Da soll es - im Unterschied zur Türkei-Frage - bei den Beschlüssen von Brüssel bleiben. Dort hatte man sich auf einen Finanzrahmen von 39 Milliarden Euro verständigt, der von 2004 bis 2006 für die Erweiterung zur Verfügung stehen soll. In jüngsten Verhandlungen mit den Beitrittskandidaten war der dänische Ratspräsident auf höhere Kosten gekommen, was Deutschland ablehnt.

Auf eine Frage zur Arbeit der UNO-Waffeninspekteure im Irak antwortete der französische Präsident: "Ich stelle fest, dass sie bis zum heutigen Tag geäußert haben, dass sie unter ganz normalen Bedingungen, ohne Schwierigkeiten, die Arbeiten haben durchführen können, die sie sich vorgenommen haben. Ich füge hinzu, dass ich mir wünsche, dass dies weiterhin der Fall sein wird. Denn eines ist selbstverständlich klar: Die irakischen Verantwortlichen haben keine andere Möglichkeit, aus dieser Krise herauszukommen, als im Rahmen dieser engen Zusammenarbeit mit den Waffeninspekteuren." Schröder fügte hinzu, wenn Deutschland im nächsten Jahr Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sei, werde es auch in diesem Gremium sein Vorgehen "sehr eng" mit Frankreich abstimmen.