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GEMA siegt im Rechtsstreit mit YouTube

20. April 2012

In der Auseinandersetzung mit der Internetplattform hat das Landgericht Hamburg der deutschen Musikrechte-Gesellschaft Recht gegeben. Jetzt darf YouTube sieben Musikvideos in Deutschland nicht mehr zeigen.

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Ein Berechtigungsvertrag des Musikrechte-Verwerters Gema vor dem Logo des Videoportals YouTube (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Das Internet-Portal YouTube darf keine Videos zu Musiktiteln mehr bereitstellen, bei denen die Musik-Verwertungsgesellschaft GEMA Urheberrechte geltend gemacht hat. Dies entschied das Landgericht Hamburg in erster Instanz. Dem Urteil wurde grundlegende Bedeutung für das Urheberrecht im Internet beigemessen.

Bei den zwölf genannten Titeln folgte das Gericht in sieben Fällen dem Antrag der GEMA. Darunter sind Songs wie "Rivers of Babylon" von Boney M. und "Lieder die wie Brücken sind" von Rolf Zuckowski. In den fünf weiteren Fällen wurde der Antrag formal zurückgewiesen, da es für ihn bereits keine Grundlage mehr gab. Hier sei es nicht ersichtlich gewesen, dass entsprechende Videos erneut auf der Plattform bereitgestellt worden seien. Das Gericht befand, dass die Google-Tochterfirma eine sogenannte Störer-Haftung habe, also für das Verhalten seiner Nutzer mitverantwortlich gemacht werden könne.

Bei Verstoß bis zu 250.000 Euro Ordnungsgeld

YouTube müsse künftig darauf achten, welche Videos eingestellt werden und sei im Fall von Beschwerden verantwortlich, befand das Gericht weiter. Die Internetplattform müsse mit geeigneter Software dafür sorgen, dass die betroffenen Lieder nicht erneut hochgeladen würden. Eine Nutzungsvereinbarung zwischen der GEMA und YouTube war 2009 ausgelaufen, neue Lizenzverhandlungen führten wegen unterschiedlicher Vorstellungen zu keinem Ergebnis.

Die Richter verhängten bei Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von im Einzelfall bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft von höchstens sechs Monaten. Im übrigen wurde die Klage der GEMA aber abgewiesen. Das Urteil bezog sich lediglich auf die von der GEMA benannten zwölf Musikstücke und geht nach Angaben des Gerichts nicht darüber hinaus. Ob Revision eingelegt wird, ist noch offen.

In dem Verfahren ging es auch um grundsätzliche Fragen, wie der Umgang mit Musik und Filmen im Internet geregelt sein soll. Wer haftet bei Urheberrechtsverletzungen, wer muss zahlen? Der private Nutzer, der einen Titel hochlädt und anderen zum Hören anbietet? Oder die Plattform, auf der dies stattfindet?

Lizenzrechte im Netz

Der Internetkonzern Google und die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) streiten sich um die Lizenzrechte im Netz. "Beim Streaming von Musikvideos sind aus unserer Sicht die gleichen Nutzungsrechte betroffen wie beim Audio-Streaming", sagte GEMA-Jurist Alexander Wolf. Diese seien das Vervielfältigungsrecht - also die Erstellung der Kopie eines urheberrechtlich geschützten Werkes - und das Recht, ein Werk öffentlich zugänglich zu machen. Hier sieht Wolf YouTube in der Verantwortung für die von den Nutzern auf die Video-Plattform hochgeladenen Filme: "Wir betrachten YouTube nicht als Service-Provider, sondern in großen Teilen als Content-Provider, der sich Inhalte zu eigen macht und mit Werbung verknüpft."

Screenshot der Website Youtube
Bild: youtube

YouTube - eine neutrale Plattform?

Dem widerspricht Google. Das Unternehmen sieht sich als eine neutrale Plattform, die ihren Nutzern nur die technischen Möglichkeiten bereitstellt, damit diese Videos hochladen können - die rechtliche Verantwortung dafür liegt aus Sicht von Google allein bei den Nutzern. "YouTube ist eine Hosting-Plattform", erklärte die Sprecherin des Mutterkonzerns Google, Mounira Latrache. "Als solche nehmen wir keinen Einfluss darauf, welche Inhalte Nutzer hochladen. Wir stellen nur die Plattform zur Verfügung, auf der sich jeder frei bewegen kann, jeder frei Inhalte einstellen kann." Pro Minute würden mehr als 60 Stunden Videomaterial hochgeladen, es sei praktisch unmöglich, das vorab zu überprüfen.

Für das Musik-Streaming hat die GEMA inzwischen eine Vereinbarung mit dem Branchenverband Bitkom getroffen - auf dieser Grundlage überweisen derzeit zwei Internet-Musikdienste, Simfy und Deezer, Geld an die GEMA. Mit weiteren Anbietern sind die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen. Auf einer ähnlichen Basis würde die GEMA auch gern mit YouTube abrechnen.

Keine Einigung über neuen Rechte-Vertrag

Zum Hamburger Prozess kam es, weil sich die GEMA und YouTube nicht über Zahlungen für Musikclips einigen konnten. Ein vorläufiger Vertrag zwischen beiden Seiten war 2009 abgelaufen. Ende 2010 reichte die GEMA schließlich eine Klage ein, um YouTube zum Löschen oder Sperren bestimmter Videos zu zwingen.

Eine grundlegende Neufassung des Urheberrechts, das die Bedingungen der Internet-Ära berücksichtigen würde, ist derzeit aber nicht geplant. "Da gibt es kaum den großen Wurf, der alle Probleme auf einmal lösen könnte", meinte FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Die Verwerterindustrie habe die Verpflichtung, "neue Geschäftsmodelle für das Netz zu entwickeln, die von den Verbrauchern angenommen werden".

Als staatlich anerkannte Treuhänderin nimmt die GEMA urheberrechtliche Nutzungsrechte an Musikwerken wahr, die ihr von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern eingeräumt werden. Bundesweit gehören ihr mehr als 64.000 Komponisten, Autoren und Musikverleger an. Weltweit vertritt sie mehr als zwei Millionen Rechteinhaber.

sti/se/qu (dpa, afp)