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Politik

Nur Sanktionen stoppen China

China Demosisto Mitgleider in Hong Kong
Nathan Law
1. August 2020

Die jüngsten Maßnahmen der EU gegen China, das massiv Hongkongs Autonomie unterdrückt, sind wichtig. Aber sie reichen nicht weit genug, um das autoritäre Regime in Peking aufzuhalten, meint Nathan Law.

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China: Präsident Xi Jinping
Bild: picture-alliance/Xinhua/Wang Ye

Als Antwort auf Pekings sich enger um Hongkong schließenden Griff haben die EU und ihre Mitgliedsstaaten ihre bisher größte koordinierte Aktion beschlossen. Wegen des rücksichtslosen Umgangs mit der Freiheit der Stadt verhängen sie Strafen gegen China.

Die Maßnahmen reichen von einer Überprüfung ihrer Auslieferungsabkommen bis zur erleichterten Visaerteilung und Asylmöglichkeiten für Hongkonger Bürger. Es kann auch der Export von Gütern ausgesetzt werden, die China militärisch oder zivil zur Unterdrückung, Überwachung und zum Abhören im Rahmen des neuen umfassenden Sicherheitsgesetzes einsetzen könnte.

Gerade weil China seinen autoritären Einfluss im Ausland ausweitet, ist der Vorstoß der EU willkommen und definitiv ein Schritt in die richtige Richtung. Er erkennt an, dass China nicht durch eine simple Verurteilung, sondern nur durch Strafaktionen zur Rechenschaft gezogen werden kann.

Pekings Intoleranz wächst

Jahrelang war die Welt davon überzeugt, dass China durch Wirtschaftsbeziehungen und friedliche Verhandlungen verändert werden könnte. Die Expansion des autoritären Regimes ins Ausland hat in den vergangenen Jahren jedoch das Gegenteil bewiesen.

Statt liberalen Werten und demokratischen Bestrebungen gegenüber toleranter zu werden, reagiert Peking feindseliger auf die Zivilgesellschaft und übt massiven diplomatischen Druck auf anderen Staaten aus.

Nathan Law ist Demokratieaktivist aus Hongkong
Nathan Law ist Demokratieaktivist aus HongkongBild: picture-alliance/AP/M. Melia

Mit seinem ökonomischen Gewicht und einer globalen Propagandakampagne versucht China, Kritiker im In- und Ausland zum Schweigen zu bringen. Menschenrechtsanwälte, zivilgesellschaftliche Gruppen, die Bewohner Tibets, die Uiguren in Xinjiang und die Bürger Hongkongs sind gnadenloser Unterdrückung ausgesetzt.

Internationale Gemeinschaften und Unternehmen sind gezwungen, über Menschenrechtsfragen zu schweigen, denn sie fürchten, dass China wirtschaftliche Vergeltungsschläge androht. Das alles beweist, dass es eine direkte Konfrontation zwischen Tyrannei und Freiheit gibt.

Hongkong zeigt, wohin die Reise für China geht

Hongkong galt mal als der einzige Leuchtturm der Freiheit auf chinesischem Boden - jetzt ist es das perfekte Beispiel dafür, dass China nicht gewillt ist, sich an internationale Regeln zu halten und liberale Werte zu akzeptieren.

Die Regierung in Peking hat ihr Versprechen aus dem chinesisch-britischen Rückgabeabkommen in die Tonne getreten und vernichtet die Freiheit in der Stadt, indem sie sich über internationale Kritiker hinwegsetzt und gegen den Willen des Volkes ein drakonisches Gesetz erlässt.

Hongkong: Protest für Unabhängigkeit von China
Hongkong: Diesen Demonstranten geht es nicht nur um Demokratie, sondern auch um Unabhängigkeit Bild: picture-alliance/ZUMA Wire/SOPA Images/T. Yan

Vor wenigen Tagen haben Sicherheitskräfte vier junge Menschen verhaftet. Ihnen wird vorgeworfen, im Internet Unabhängigkeitsbestrebungen anzustacheln. Einen Tag später begann Peking mit einer empörenden politischen Säuberung, indem es etliche Demokratieaktivisten als Kandidaten von der Wahl ausschloss. Begründung: Sie seien gegen das sogenannte Sicherheitsgesetz. Ende der Woche verschob die Regierung dann die Parlamentswahl um ein Jahr.

China führt einen Orwellschen Anschlag auf den letzten noch stehenden Pfeiler der Autonomie in der Sonderverwaltungszone aus.

Die Strategie gegen Tyrannei muss global sein

Vor diesem Hintergrund zeigt die neue Politik der Europäischen Union gegenüber China: Die EU sucht nach einem prinzipientreueren Vorgehen angesichts von Pekings wachsendem politischen, militärischen und ökonomischen Einfluss und seiner Verletzung der Freiheitsrechte.

Im Juni hatte das Europaparlament die rote Karte gezogen und in einer Entschließung gefordert, so eine Art Magnitsky-Gesetz zu verabschieden, um gegen Personen vorgehen zu können, die die Menschenrechte in Hongkong verletzen. In den USA (und anderen Ländern, die ähnliche Gesetze erlassen haben) erlaubt so ein Gesetz der Regierung, weltweit Menschenrechtsverletzter zu bestrafen und ihr Vermögen einzufrieren.

Ungewisse Zukunft

Auch in Japan haben Abgeordnete kürzlich parteiübergreifend eine Japanische Parlamentariervereinigung zu China gegründet. Sie drängt die Regierung, ihre China-Politik neu zu bewerten und Pekings Gräueltaten durch Sanktionen zu stoppen.

Dadurch, dass immer mehr europäische und asiatische Demokratien konkrete Schritte unternehmen, nimmt die Welt die chinesische Aggression deutlicher wahr. Westliche Demokratien haben durch koordinierte Schritte und länderübergreifende Sanktionen ausreichend Macht, den Hebel gegen Chinas Wirtschaftsmacht anzusetzen - gegen eine Karte, die China oft ausspielt.

Es wird Zeit, dass die Welt sich von der Beschwichtigungspolitik verabschiedet und unsere Werte schützt - mit einer neuen globalen Strategie, die Tyrannei bekämpft.

Nathan Law (27) ist ein ehemaliger Abgeordneter und Aktivist aus Hongkong. Er trat von seinem Posten in Hongkongs pro-demokratischer Partei Demosisto zurück, nachdem der Ständige Ausschuss des Nationalen Volkskongresses in Peking das sogenannte nationale Sicherheitsgesetz verabschiedet hatte. Die Partei hat sich mittlerweile aufgelöst. Vor kurzem ist Nathan Law nach Großbritannien geflohen.