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Omelett de luxe

Tina Gerhäusser 26. August 2008

Auf dem Mont Saint-Michel, der berühmten Felseninsel in der Bucht zwischen Bretagne und Normandie, folgen die Urlauber dem Ruf einer ausgezeichneten Küche. Hier wurde ein spezielles Omelett erfunden.

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Eine Frau rührt einen Teig für die Hausspezialität Omelette La Mere Poulard (Lou Avers)
Die Hausspezialität des Restaurants La Mere Poulard ist natürlich Omelette La Mere PoulardBild: picture-alliance/Picture Alliance

"Sie kennen das Restaurant nicht? Es ist doch weltberühmt: ein Restaurant spezialisiert auf Omeletts", sagt eine rundliche Französin mit Sonnenbrille. Auf einem schmiedeeisernen Schild über ihr hält eine Köchin mit weißer Schürze eine Pfanne übers Feuer. Darin brutzelt ein helles Küchlein. "Das Restaurant heißt Mère Poulard, nach der Person, die diese Art Omelett im 19. Jahrhundert erfunden hat. Das Besondere ist, wie das Omelett geschlagen wird", erzählt die Frau.

Das berühmte Poulard-Omelett

Koch mit Pfanne
In der Küche geht es nach AugenmaßBild: DW

In der Küche des Restaurants sehen stehen drei Männer wie eine eingespielte Band in dunkelroten Leinenkitteln an ihren Kupferschüsseln und schwingen die Schneebesen zum Eierschlagen. Das spezielle Rezept und den besonderen Rhythmus hat Annette Poulard als Gründerin des Restaurants vor 120 Jahren erfunden. So sollen die Omeletts besonders luftig werden.

"Dafür muss man vier bis fünf Minuten schlagen", sagt Michel, Omelettekoch in der dritten Generation. Schwungvoll gießt er den schaumigen Teig in eine schwarze Pfanne mit einem meterlangen Griff. Damit wird das Omelett über das Feuer in einem alten Steinkamin gehalten. "Man muss aufpassen, es geht nach Augenmaß. Das Feuer hat nie dieselbe Temperatur. Derjenige am Kamin muss sich also sehr konzentrieren", erklärt Michel. Bis das Omelett fertig gebraten sei, könne sechs Minuten vergehen – mit kleinerem Feuer acht, neun Minuten. Manchmal müsse man es auch ein zweites Mal braten.

Küchengeheimnisse

Braten, Eier schlagen, schwitzen – immer wieder. Und dabei noch ständig fotografiert werden: Die Touristen drängen in die offene Küche und schauen genau zu, unter ihnen auch eine erfahrene Hausfrau: "Wir schlagen ja auch Eier, um Omeletts zu machen. Aber die werden nie so dick. Da fragt man sich schon, tun sie etwas rein, damit das Omelett sich so aufbläht", fragt sie. Michel verneint. Aber sie misstraut ihm etwas: "Das bleibt die spannende Frage."

"Das ist ein Geheimnis, fragen Sie nicht nach dem Rezept, wir geben es nicht heraus. Das Geheimnis besteht aus vielen Geheimnissen", gesteht Koch Alain. Er ist der zweite Küchenchef und kümmert sich um die anderen Spezialitäten des Hauses. Seine Empfehlung: "Jakobsmuscheln als Vorspeise, dann Salzwiesenlamm als Hauptspeise und zum Nachtisch ein Omelett mit Äpfeln – das ist mein Lieblingsmenü."

Omelette mit besonderer Note

Gemüse-Tortilla Omelette Gericht
Das Rezept hat Annette Poulard vor genau 120 Jahren erfundenBild: picture-alliance / dpa / Stockfood

Bis zum dritten Gang auf das berühmte Omelett warten? Dafür ist die Neugier zu groß. Also serviert die Kellnerin die Spezialität des Hauses sofort. An Jakobsmuscheln und Salat lehnt ein wuchtiger Eierkuchen, darauf eine Schaumkrone aus geschlagenem Ei.

"Ich hatte mir das Omelett der Mère Poulard ganz anders vorgestellt: kleiner, nicht so imposant und mächtig", sagt eine junge Frau am Nebentisch. Auch der Geschmack ist gewöhnungsbedürftig, als würde man in eine Regenwolke mit dezenter Ei-Note beißen. Es knistert auf der Zunge, sonst passiert nicht viel im Mund.

Dafür umso mehr drum herum. Eine Japanerin fotografiert ihren Hauptgang, zwei Franzosen bestaunen die Calvados-Flamme auf ihrem Nachtisch. Und von den Wänden blicken lauter berühmte Omelett-Verehrer: Leo Trotzki, Maggie Thatcher, Ernest Hemingway oder Japans Kaiserpaar. Ihre Gäste scheuen keinen Weg, das schmeichelt den Köchen: Michel und Alain wollen nirgends anders arbeiten.

"Der Vorteil an Mère Poulard ist, dass wir in der ganzen Welt herumkommen ohne uns von der Stelle zu bewegen", erklärt Alain. Wie schon Anette Poulard es beschrieben habe: Sie habe den Mont Saint-Michel nicht verlassen, sei durch ihre Gäste aber einmal um den Globus gereist.