Gegen Mäuse und Maden im Essen
12. Dezember 2013Einmal sind es Dioxine in Eiern, dann wird Pferdefleisch falsch deklariert. Es gibt eine ständig wachsende Liste von Lebensmittelskandalen - und gleichzeitig immer neue Versprechen, dem Übel durch Aktions- oder Maßnahmeplänen beizukommen. Das Verbraucherinformationsgesetz und das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch wurden reformiert. Zuletzt versprach die damalige Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner ein "Frühwarnsystem gegen Lebensmittelbetrug". Gebracht habe das alles nichts, stellt die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch nun in einem Bericht fest.
"Nach wie vor werden 125.000 Lebensmittelbetriebe pro Jahr beanstandet und es fehlen Anreize für die Branche sich mehr anzustrengen", kritisiert Matthias Wolfschmidt, der stellvertretende Geschäftsführer von Foodwatch in Berlin. Der Verbraucherschützer fordert mehr Transparenz bei der Lebensmittelkontrolle. "Wir fordern die neue Bundesregierung und den Bundestag auf, endlich die konsequente Veröffentlichung aller Kontrollergebnisse gesetzlich vorzuschreiben", sagte Wolfschmidt, "und zwar ohne Hintertürchen und Tricks".
Unwillige Behörden
Für den Bericht hat Foodwatch überprüft, welche konkreten Auswirkungen die gesetzlichen Bestimmungen im Lebensmittelbereich haben. Besonders sollte festgestellt werden, ob die versprochene Transparenz erreicht wird. "Durch die Reform des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches sollten die Behörden aktiv über Regelverstöße informieren, aber da hat sich kaum etwas bewegt", stellt Foodwatch-Mitarbeiterin Anna Markwardt fest. Im Verbraucherinformationsgesetz ist festgelegt, dass die Konsumenten von den Behörden auf Anfrage Auskunft erhalten. "Das wird aber von den entsprechenden Stellen oft erst einmal mit Kostenvoranschlägen von bis zu 10.000 Euro beantwortet", so Markwardt. Nach 54 Anfragen unter anderem zu Fleischproben oder den Hygienezuständen in Großbäckereien seien nur in sieben Fällen vollständig und kostenfrei Informationen herausgegeben worden, heißt es in dem Bericht "Von Mäusen und Maden". Die derzeitigen Bestimmungen seien unklar und uneinheitlich, betont Markwardt.
In der Studie plädieren die Verbraucherschützer für ein Kennzeichnungssystem wie in Dänemark, dem kanadischen Toronto oder New York. Dort hätte die Veröffentlichung der Kontrollergebnisse zu mehr Anstrengungen der Betriebe geführt. "Die Behördentransparenz wird damit zum marktwirtschaftlichen Instrument", ist Foodwatch-Funktionär Wolfschmidt überzeugt. Seine Organisation schlägt eine Veröffentlichung der amtlichen Lebensmittelkontrollergebnisse und deren Bewertung mit Smileys vor. "Das muss für jeden Konsumenten sichtbar im Internet und an den Türen der Betriebe dargestellt werden", wünscht sich Wolfschmidt. Nur dann würden die Unternehmen und Gaststätten dazu angespornt, mehr für die Qualität ihrer Produkte zu tun. Der Deutsche Hotel und Gaststättenverband DEHOGA befürchtet dadurch jedoch, dass Betriebe zu Unrecht an den Pranger gestellt werden könnten. Der Verband begrüßt, dass sich der Bund bisher noch nicht zu einem einheitlichen Rechtsrahmen zu einer solchen Kennzeichnung durchringen konnte.
Smiley-Modellprojekt in Berlin
Also bleibt es den einzelnen Kommunen - hier ist in Deutschland schließlich die Lebensmittelüberwachung angesiedelt - das selbst zu regeln. Kronzeuge für die Haltung der Verbraucherschützer ist hierbei der Berliner Bezirk Pankow geworden. Dort wird seit dem Frühjahr 2009 mit den gelben Emoticons über die Qualität beispielsweise der Restaurants informiert. Im Internet veröffentlicht die Kommunalverwaltung Ekelbilder aus Gammelküchen. Die Bürger können im Netz nachsehen, bevor sie sich einen Tisch bestellen. Die Bewertungen der Kontrolleure in Pankow werden detailliert in einer Liste dargestellt. "Das hat eine positive Wirkung entfaltet und viele Firmen bemühen sich, in der Bewertung aufzusteigen", sagt Bezirksabgeordneter Torsten Kühne (CDU). "Es bleibt zwar ein Bodensatz von schwarzen Schafen, aber über die weiß der Konsument dann Bescheid." Diese Transparenz stelle auch eine Form der Markttransparenz dar, durch den seriöse Unternehmen geschützt werden, unterstreicht der konservative Politiker.