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Filmregisseur Roman Polanski ist wieder frei

12. Juli 2010

Die Schweiz liefert den Oscar-Preisträger Polanski nicht an die Vereinigten Staaten aus. Sein Hausarrest wurde aufgehoben. Die US-Justiz verfolgt den 76-Jährigen wegen sexuellen Missbrauchs eines Mädchens seit 1977.

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Roman Polanski (Foto: dpa)
Nach neun Monaten Hausarrest wieder frei: Regisseur PolanskiBild: picture alliance / dpa
Journalisten vor Polanskis Chalet in Gstaad (Foto: AP)
Die Festnahme in der Schweiz hatte für großes Aufsehen gesorgtBild: AP

"Seit halb zwölf ist Polanski ein freier Mann", sagte die Schweizer Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf am Montag (12.07.2010) in Bern. Die elektronische Fessel, die er seit Dezember im Hausarrest habe tragen müssen, sei entfernt worden. Die USA hätten Verständnis für diese Entscheidung gezeigt, sagte sie vor den versammelten Journalisten.

"Auslieferungsantrag mit Mängeln"

Der Auslieferungsantrag der US-Behörden habe Mängel aufgewiesen, sagte die Ministerin zur Begründung. Für die Schweiz sei es auch nicht darum gegangen, über Schuld oder Unschuld zu befinden. Ihr Land habe von den USA ein Protokoll aus dem Jahr 1977 angefordert, das darüber Auskunft geben sollte, ob Polanski mit einem 42-tägigen Zwangsaufenthalt in einer psychiatrischen Klinik einen Teil seiner Strafe bereits verbüßt habe. Die dortigen Behörden hätten dies abgelehnt.

Mit Fußfesseln im Nobel-Kurort

Bei einer Verurteilung in den Vereinigten Staaten hätte der Regisseur mit einer Gefängnisstrafe von bis zu zwei Jahren rechnen müssen. Davon hat er nach Einschätzung der Schweizer Justiz seit seiner Festnahme im September 2009 zunächst in einem Schweizer Gefängnis und ab Dezember unter Hausarrest in seinem Ferienhaus im Nobelurlaubsort Gstaad insgesamt bereits zehn Monate abgesessen.

Szene 'Der Biss' aus dem Musical 'Tanz der Vampire'
Der Film und das Musical "Tanz der Vampire" brachten Polanski WeltruhmBild: Brinkhoff/Mögenburg

Die US-Justiz wirft Polanski vor, 1977 die 13-jährige Samantha Geimer in Los Angeles mit Alkohol und Drogen gefügig gemacht und sexuell missbraucht zu haben. Der Regisseur gestand und kam anderthalb Monate in Haft. Da er danach fürchtete, das Verfahren gegen ihn könne wiederaufgerollt werden, floh er 1978 nach Frankreich und reiste nie mehr in die USA - auch nicht im Jahr 2003, als er mit dem Oscar für die beste Regie im Holocaust-Drama "Der Pianist" ausgezeichnet wurde. Davor hatte Polanski bereits mit Kinofilmen wie "Tanz der Vampire", "Rosemary's Baby" oder "Frantic" Furore gemacht.

Weltweite Proteste

Polanskis erneute Festnahme vor neun Monaten in der Schweiz hatte weltweit Proteste international bekannter Künstler ausgelöst. Berühmte Filmkollegen wie Martin Scorsese, David Lynch und Woody Allen verlangten in einer Petition seine Freilassung. Vor allem in Frankreich war die Schweiz unter Beschuss geraten. Außenminister Bernard Kouchner und Kulturminister Frédéric Mitterrand stellten sich demonstrativ hinter den Regisseur, der mit der französischen Schauspielerin Emmanuelle Seigner verheiratet ist.

Außenminister Kouchner (Foto: AP)
Machte sich für den Regisseur stark: Außenminister KouchnerBild: AP

Das Opfer, die heute über 40-jährige Samantha Geimer, hat Polanski nach eigenen Worten inzwischen verziehen. Sie forderte die US-Behörden mehrfach auf, das Verfahren gegen den Oscar-Preisträger einzustellen. Im Mai dieses Jahres hatte die Affäre allerdings neue Nahrung durch ähnliche Vorwürfe der britischen Schauspielerin Charlotte Lewis bekommen.

"Eine sehr gerechte Entscheidung"

Die schweizerische Justiz habe eine "sehr gerechte" Entscheidung" getroffen, sagte jetzt Polanskis französischer Anwalt. Er könne nun nach Frankreich zu seiner Familie zurückkehren, das französische Staatsbürger nicht an die USA ausliefere. Zu hoffen sei, dass Polanski eines Tages auch wieder in die USA zurückkehren könne.

Autor: Gerd Winkelmann (afp, rtr, dpa)
Redaktion: Martin Schrader

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