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EZB sieht Erholung im Finanzsystem

14. Dezember 2012

Das Finanzsystem im Euroraum krankt noch, die Intensivstation hat es aus Sicht der Europäischen Zentralbank aber verlassen. Die Spannungen an den Finanzmärkten hätten nachgelassen.

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Die Euro-Skulptur des Künstlers Otmar Hörl leuchtet am 04.03.2009 in Frankfurt am Main vor der Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB). (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Überwunden ist die Krise noch nicht, die Finanzmärkte haben sich aber nach Überzeugung der Europäischen Zentralbank (EZB) spürbar erholt. "Ausschlaggebend waren die Ankündigung des neuen Anleihenkaufprogramms der EZB im August und die Entscheidungen des EU-Gipfels Ende Juni für eine tiefere Integration in Europa", sagte EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio am Freitag in Frankfurt bei der Vorlage des Finanzstabilitätsberichts. Seither seien die Refinanzierungskosten für Länder wie Spanien oder Italien deutlich gesunken, und mehrere Banken hätten den Zutritt zum Markt zurückgewonnen, betonte Constâncio.

Auch die Lage der öffentlichen Kassen habe sich verbessert. Vor einem Jahr hatte die EZB die Lage deutlich dramatischer geschildert. Damals sah die Notenbank die Finanzstabilität im Euroraum so stark gefährdet wie nie seit der Lehman-Pleite im Herbst 2008. Die Krise könne sich jederzeit aber wieder zuspitzen, warnte Constâncio: "Die Risiken sind noch da, die Lage ist noch immer sehr fragil." Selbstzufriedenheit sei fehl am Platze.

Gefahren lauern

Zu den Gefahren für den Euroraum zählt die EZB etwa eine neuerliche Verschärfung der Staatsschuldenkrise durch zu zögerliche Reformen. Die Schuldenberge seien weiter hoch. Die beschlossenen Maßnahmen müssten deshalb beherzt umgesetzt werden. Sorge bereitet der EZB, dass ihre Geldpolitik nicht überall im Euroraum in gleicher Weise ankommt: Obwohl der Leitzins seit Monaten auf einem Rekordtief verharrt, können sich Banken in einigen Staaten nur teuer frisches Geld besorgen. Das senkt die Kreditvergabe an Unternehmen und Privathaushalte.

Der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding, stellte der Notenbank für ihre Krisenpolitik ein gutes Zeugnis aus: "Seit die Europäische Zentralbank im August 2012 ein Machtwort gesprochen hat, haben die Turbulenzen um den Euro spürbar nachgelassen." Damals hatte die EZB angekündigt, den Euro um jeden Preis zu retten und notfalls unbegrenzt Anleihen klammer Staaten zu kaufen. Die Wirtschaft der Eurozone könne auch deshalb im kommenden Frühjahr wieder auf einen Wachstumskurs einschwenken, sagte Schmieding. Zwar seien neue Turbulenzen und zwischenzeitliche Rückschläge jederzeit möglich. Dank des Sicherheitsnetzes der EZB dürften diese aber weniger gefährlich sein als zuvor.

Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB

Mitte der Woche hatten die EU-Finanzminister beschlossen, die EZB zum Oberaufseher über die größten Banken in der Euro-Zone zu machen - der erste Schritt in Richtung der geplanten Bankenunion. Constancio zeigte sich zufrieden, auch wenn die EZB ihren Plan, alle gut 6000 Banken zu kontrollieren gegen den Widerstand Deutschland nicht durchsetzen konnte: "Diese 150 Banken repräsentieren 85 Prozent aller Finanzwerte in der Euro-Zone - ich würde sagen, das ist mehr als genug." Es sei nun nötig, das neue Aufsichtssystem mit Leben zu füllen und um einen Abwicklungsmechanismus für scheiternde Institute zu ergänzen.

Kritik über den Beschluss zu einer einheitlichen Bankenaufsicht äußerte dagegen am Freitag Bundesbank-Präsident Jens Weidmann: "Ich bin nicht davon überzeugt, dass der EZB-Rat das optimale Gremium ist, um darüber zu entscheiden, ob eine Bank geschlossen werden soll oder nicht", sagte Weidmann der "Wirtschaftswoche". Damit die Unabhängigkeit der Geldpolitik gewahrt bleibe, müssten die Verantwortlichkeiten von Geldpolitik und Bankenaufsicht eindeutig geregelt und abgegrenzt werden. "Es ist nicht wirklich klar, ob der nunmehr gefundene Kompromiss das leisten kann", sagte Weidmann. Der Beschluss könne allenfalls eine vorübergehende Lösung sein. Die EZB könne eine Geburtshelfer-Rolle einnehmen, bis die Aufsicht perspektivisch aus der Notenbank herausgelöst werden könne.

rbr/hb (dpa, rtr)