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Ansteckende Finanzkrise

Monika Lohmüller18. März 2008

Der Notverkauf der Investmentbank Bear Stearns an den Konkurrent JP Morgan hat neue Verunsicherung an den Finanzmärkten ausgelöst. Experten befürchten nun, dass die US-Finanzkrise auch die deutsche Wirtschaft schwächt.

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Die US-Investmentbank Bear Stearns, Quelle: dpa
Symbol für die Krise: die US-Investmentbank Bear Stearns, nun verkauft an die KonkurrenzBild: picture-alliance/ dpa

"Wir haben es mit einer der größten Finanzkrisen in den letzten Jahrzehnten zu tun", sagt Bundesfinanzminister Peer Steinbrück. Gleichzeitig räumte er aber ein, dass die deutsche Wirtschaft die Chance habe, besser durch die Krise zu kommen als die amerikanische. Nötig dafür sei allerdings ein enger Schulterschluss von Politik, Zentralbank und Kreditbranche.

Sinn erwartet Rezession in den USA

Auch für den Chef des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, ist der Boom der Weltwirtschaft zu Ende. Schuld sei vor allem, dass sich die USA immer mehr auf eine Rezession zu bewegten. Die Häuserpreise fielen dort seit anderthalb Jahren rasant, die Immobilien seien weniger wert, bei den Menschen wachse das Gefühl, dass sie ärmer würden. Sie müssten den Gürtel enger schnallen und würden weniger konsumieren. Das habe negative Effekte auf die amerikanische Wirtschaft, erklärt Sinn.

"Eine Rezession ist ein Ereignis, bei dem in drei Quartalen hintereinander die Wachstumsphase technisch negativ ist. Das muss man in der Tat für dieses Jahr befürchten in Amerika." Mit einem Anteil von 28 Prozent am Welt-Sozialprodukt hätten die USA einen starken Einfluss auf die Weltkonjunktur, erklärt der Ökonom. "Es gilt noch immer der Satz: Wenn die Amerikaner husten, kriegt die Welt einen Schnupfen - und dazu gehören auch wir in Deutschland."

Keine Bankenkrise in Deutschland zu erwarten

Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo Instituts,. Quelle: AP
Sieht die Rezession kommen: Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo InstitutsBild: AP

Anders als in den USA werde es in Deutschland keine Bankenkrise geben, sagt Sinn. In Deutschland seien die großen Privatbanken kaum in die Krise involviert. Sie seien klug gewesen, sich nicht allzu sehr auf dem amerikanischen Hypothekenmarkt zu engagieren. Allerdings seien deutsche Staatsbanken in den Abwärtsstrudel geraten, die sich an den Kreditgeschäften im großen Stil beteiligt hätten. Für ihre Millionenabschreibungen komme nun der Steuerzahler auf. Von einer Wirtschaftskrise in Deutschland könne aber momentan keine Rede sein, sagt Sinn.

Was aber noch nicht ist, kann ja noch kommen. "Der Aufschwung der Weltwirtschaft vor fünf Jahren begann in Amerika und pflanzte sich dann mit fast anderthalb Jahren Verzögerung fort. Dann sind auch wir angesteckt worden", erläutert Sinn. Im Abschwung könne die Entwicklung ähnlich sein. "Noch ist es aber nicht so weit."

Zinssenkungen in Europa noch nicht nötig

Ähnlich wie Sinn hält auch der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, die Zeit für Zinssenkungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) noch nicht gekommen. Erst wenn sich im Euroland die Konjunktursorgen mehrten, sollte die EZB zu diesem Mittel greifen: "Die amerikanische Wirtschaft sei mit 'einem halben Bein' in einer Rezession, die normalerweise um die zehn Monate dauern würde, sagt Krämer. "Das heißt: Wir werden in den kommenden Wochen und Monaten schlechte Konjunktur-Daten bekommen." Firmen würden negative Daten liefern und Analysten ihre Schätzungen für Unternehmen nach unten drücken.

In diesem Fall wäre es in der Tat gut, wenn die Europäische Zentralbank noch nicht alle Trümpfe verspielt hat. Indem sie dann die Zinsen senkt, könnte die EZB die Situation stabilisieren.