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Angst vor Syrien-Heimkehrern

Christoph Hasselbach, z. Zt. Athen24. Januar 2014

Die Europäische Union will gegen radikalisierte und gewaltbereite Syrien-Kämpfer aus EU-Mitgliedsstaaten vorgehen. Doch inzwischen gelten oft ganz normale syrische Flüchtlinge als Bedrohung.

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Kämpfer der ISIL-Miliz Foto: Radwan Mortada
Bild: Radwan Mortada

Es sind nur einige Hundert, aber sie können Europa sehr gefährlich werden: junge Menschen aus Europa, die in den syrischen Bürgerkrieg ziehen und oft radikalisiert wieder zurückkehren. Sie könnten Attentate verüben, islamistische Netzwerke gründen oder Gesinnungsgenossen vor der Polizei verstecken. Das könne in jedem beliebigen EU-Land passieren, warnte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström beim Innenministerrat in Athen. Der deutsche Minister Thomas de Maizière schätzt, dass aus Deutschland allein im letzten Jahr etwa 270 junge Leute nach Syrien gegangen sind. Er fordert Familienangehörige und Freunde auf, die Augen aufzumachen, um frühzeitig zu erkennen, wer gefährdet sei. Die Europäische Kommission hat hierzu ein eigenes Programm in die Wege geleitet. Es soll helfen, ein extremistisches Umfeld in den EU-Mitgliedsstaaten zu identifizieren, Jugendliche aus einer solchen Umgebung herauszulösen und Aussteiger wieder in die Gesellschaft zu integrieren.

Ohne Geheimdienste geht es nicht

Und wenn das nicht hilft? Dann sei vor allem der europäische Informationsaustausch über Reiserouten, Aufenthalte, Motive und Kommunikationswege wichtig, meint de Maizière. Keine leichte Aufgabe angesichts der Tatsache, dass Europa offene Grenzen hat, dass man einen europäischen Staatsbürger nicht einfach an der Aus- und Einreise hindern und dass man sich durch das Auto auch leicht einer Flughafenkontrolle entziehen kann. De Maizière brach in diesem Zusammenhang auch eine Lanze für die Arbeit der Geheimdienste, "die ja in diesen Tagen oft schlecht beleumundet sind, was für die Sicherheit Deutschlands und Europas ein Problem darstellt."

Schlange am Flughafen Foto: picture-alliance/dpa
Flughafenkontrollen entgehen, indem man mit dem Auto nach Syrien fährtBild: picture-alliance/dpa

Erstmal den Nachbarländern Syriens helfen

Viele europäische Regierungen sehen aber nicht nur radikalisierte Syrien-Heimkehrer als Bedrohung, sondern grundsätzlich auch jeden syrischen Flüchtling als Problem. Entsprechend gering ist die Zahl der Flüchtlinge, die Europa bisher aufgenommen hat - gering jedenfalls im Vergleich zu den Menschenmassen, die in Lagern in den Nachbarländern Jordanien, Libanon und Türkei hausen. Dennoch sieht de Maizière eine klare Rangfolge: Zunächst einmal brauche man eine Lösung in Syrien selbst. Er hoffe auf einen Erfolg der laufenden Verhandlungen in der Schweiz. Danach solle die EU die Nachbarländer unterstützen. Erst an dritter Stelle gelte es, syrische Flüchtlinge nach Europa zu holen. Andere Länder sollten dem Beispiel Deutschlands folgen, das beschlossen habe, zehntausend Flüchtlinge aufzunehmen.

"Es gibt keine enormen Flüchtlingsströme"

Malmström legte sich beim Thema Flüchtlinge mit einer Journalistin vom griechischen Fernsehen an, die fragte, wie Europa Griechenland bei der Bewältigung des "enormen Flüchtlingsstroms" aus Syrien helfe. Von enorm könne überhaupt keine Rede sein, fuhr Malmström der Journalistin über den Mund. Nur sehr wenige syrische Flüchtlinge gingen nach Europa, und von denen die meisten nach Deutschland und Schweden. Die Kommission versuche "jeden Tag", Griechenland zu helfen. Und in Anspielung auf Vorwürfe, griechische Behörden gingen unmenschlich mit Asylbewerbern um, forderte Malmström das Land auf, mehr zu tun, "um ein Asylsystem zu schaffen, das funktioniert und die hohen europäischen Standards erfüllt" - eine ungewöhnlich scharfe Bemerkung der Schwedin im Gastgeberland Griechenland.

Beamte der Küstenwache mit Gewehren im Anschlag Foto: picture-alliance/dpa
Ist die griechische Küstenwache nur auf die Abwehr von Flüchtlingen aus?Bild: picture-alliance/dpa

Kommission fordert unabhängige Untersuchung

Doch das war noch nicht alles. Malmström nahm auch Stellung zum tödlichen Vorfall in der Ägäis vom Montag (20.01.2014). Ein Boot der griechischen Küstenwache hatte ein Flüchtlingsboot ins Schlepptau genommen. Dieses war dabei gekentert, mehrere Insassen ertranken, andere, darunter kleine Kinder, werden noch vermisst. Während Überlebende ausgesagt haben, das Küstenwachtboot habe sie mit zu hoher Geschwindigkeit in türkische Gewässer geschleppt, dementiert das die Küstenwache. Malmström sagte: "Ich hoffe, es wird eine unabhängige Untersuchung geben wird, um zu sehen, was genau passiert ist und wer möglicherweise verantwortlich ist." Das war zwar ausdrücklich kein Urteil. Doch der Ton passt zu anderen Kommentaren zum Umgang Griechenlands mit Flüchtlingen. Die Kommission ist klar der Meinung, dass das Land der EU-Ratspräsidentschaft Menschen in Not vor allem abwehrt.