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EU-Verfahren gegen Deutschland

23. Januar 2014

Zwischenzeitlich war es still geworden um das umstrittene Kältemittel R1234yf, das der Daimler-Konzern boykottiert. Doch der Ärger mit der EU-Kommission bleibt nicht aus. Das bekommt nun Berlin zu spüren.

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Das Logo von Daimler, der Mercedes-Stern (Foto: AFP/Getty Images)
Bild: AFP/Getty Images

Seit mehr als einem Jahr hält eine Chemikalie für Klimaanlagen mit dem sperrigen Namen R1234yf die Autobranche in Atem - und brockt der Bundesregierung jetzt ein Verfahren aus Brüssel ein. EU-Industriekommissar Antonio Tajani kündigte ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung an, weil sie Daimler nicht an der Verwendung des bisher üblichen, klimaschädlicheren Kühlmittels hindert. Nach Ansicht des zuständigen Industriekommissars Antonio Tajani könnte Daimler am Ende gezwungen sein, mindestens rund 130.000 Autos zurückzurufen, die zwischen Januar und Juni 2013 verkauft wurden. Tajani wirft Deutschland ebenso wie Großbritannien, Belgien und Luxemburg außerdem vor, neue Fahrzeugmodelle auf Basis alter Typgenehmigungen zuzulassen.

"Das ist keine endgültige Entscheidung", betonte Tajani vor Journalisten. Er stehe in regelmäßigem Kontakt mit der Bundesregierung, um doch noch eine gütliche Einigung zu finden. Für das Bundesverkehrsministerium sind noch zu viele Fragen bei der Risikobewertung des neuen Kältemittels offen. Daimler kündigte an, die Bundesregierung in dem Verfahren mit allen notwendigen Informationen zu unterstützen.

Berlin hat zwei Monate Zeit, um auf die Vorwürfe zu reagieren. Sollte die Kommission danach nicht zufriedengestellt sein, eröffnet sie formal das Verfahren. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) kritisierte, dass die Kommission gegen Deutschland vorgehe, obwohl sie ihre eigenen Untersuchungen dazu noch nicht abgeschlossen habe. "Brüssel sollte hier die europarechtlichen Fragen und die Aspekte der Verkehrssicherheit gemeinsam behandeln", forderte der VDA. Die EU-Kommission habe kein Verständnis für industriepolitische Innovationen.

Daimler befürchtet Brandgefahr

Der Stuttgarter Autobauer weigert sich, die von Honeywell und Dupont hergestellte Chemikalie 1234yf in Klimaanlagen einzufüllen. Denn eigene Tests hatten 2012 ergeben, dass es bei einem Unfall zu einem Brand und zum Austreten gefährlicher Flusssäure kommen kann. Der Chemiekonzern bestreiten jedoch ein generelles Risiko durch sein Produkt.

Weil sich die Autoindustrie auf den Einsatz von R1234yf verständigt hatte, kann nur diese Chemikalie die seit 2013 geltenden schärferen EU-Klimaschutzauflagen erfüllen. Das neue Mittel belastet das Klima weitaus weniger als das herkömmliche R134a. Im Vergleich zum Treibhausgas Kohlendioxid ist es nur viermal stärker. Bei der bisher noch weit verbreiteten Chemikalie R134a liegt der Faktor bei mehr als 1000.

Bei neuen Typgenehmigungen für Automodelle ist das alte Kältemittel nicht mehr zulässig. Mercedes hatte für neue Modelle deshalb rückwirkend die Erweiterung bestehender Typzertifikate beantragt. "Dies ist ein völlig korrekter Vorgang, der auch in anderen EU-Mitgliedstaaten praktiziert wurde", erklärte ein Sprecher von Daimler. Nach Ansicht der Kommission hätte das KBA die Zulassung aber nicht erteilen dürfen. Nach EU-Recht muss das schädlichere Mittel schrittweise bis Ende 2016 aus dem Markt genommen werden, um zum Klimaschutz beizutragen. Daimler entwickelt so wie auch Volkswagen als Alternative eine Klimaanlage, die CO2 als Kältemittel einsetzt. Die ersten Tests mit Fahrzeugen sollen im Frühjahr laufen. Die Serienreife will Daimler bis 2017 erreichen.

rbr/rb (dpa, rtr)