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"Es ging um die Freiheit"

Sabine Kinkartz14. Juni 2013

Mit einer Feierstunde hat der Deutsche Bundestag an den Volksaufstand in der DDR am 17. Juni 1953 und dessen Opfer erinnert. Bundespräsident Gauck schlägt einen "Denktag" in den Schulen vor.

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Das Archivbild vom 17.06.1953 zeigt Ost-Berliner, die mit wehenden Fahnen vom Ost-Sektor aus durch das Brandenburger Tor marschieren (Archivfoto: dpa)
Bild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Zum 60. Mal jährt sich an diesem Montag der blutig niedergeschlagene Volksaufstand in der DDR. In mehr als tausend Betrieben und Genossenschaften hatten am Morgen des 17. Juni 1953 die Mitarbeiter ihre Arbeit niedergelegt. Nicht nur in den großen Städten, sondern flächendeckend in mehr als 700 Orten kam es zu Streiks, Kundgebungen und auch zur Erstürmung von SED- und Polizeigebäuden.

Hunderttausende Bürger schlossen sich dem Protest an und forderten Freiheit und Demokratie. Innerhalb weniger Stunden entwickelte sich der Aufstand zum Massenprotest gegen die politische Führung des Arbeiter- und Bauernstaates. Die SED ließ Panzer anrollen und schlug den Aufstand mithilfe der sowjetischen Besatzungsmacht brutal nieder. Zahlreiche Demonstranten wurden getötet.

Von 1953 zur Revolution 1989

Der Deutsche Bundestag gedachte bereits an diesem Freitag mit einer Feierstunde der Ereignisse vom 17. Juni. In Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem Vizepräsidenten des Bundesrates und dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts erinnerte Bundestagspräsident Norbert Lammert an "die mutigen Frauen und Männer, die damals der Staatsgewalt zum Opfer fielen".

17. Juni 1953 - der Volksaufstand in der DDR

Es sei damals "um nichts weniger als um die Freiheit" gegangen. Der 17. Juni 1953 sei "ein Schlüsseldatum der europäischen Geschichte". Es sei ein Tag gewesen, der nicht gut ausgegangen sei, "aber später seine Wirkung entfaltete". Er sei Anfang zahlreicher Aufstands- und Freiheitsbewegungen gewesen: in Ungarn, der Tschechoslowakei, in Polen und letztlich auch der DDR mit dem Fall der Mauer 1989.

Mehr Raum für Erinnerung

Bundespräsident Joachim Gauck, der den Volksaufstand in der DDR als 13-jähriger in Rostock erlebte, sagte in seiner Rede, der 17. Juni 1953 sei mehr als ein Arbeiteraufstand gewesen. "Der Aufstand entsprang der millionenfach empfundenen Wut über Unrecht und unhaltbare Zustände - Arbeiter im Blaumann folgten ihm genauso wie Studenten, Landwirte und Hausfrauen." Es sei ein Kampf für Demokratie und Recht gewesen.

Politik, Wissenschaft und Journalismus seien dem in den 1970er und 1980er Jahren nicht gerecht geworden. Der Zeitgeist habe den Protest damals in einen Arbeiteraufstand gegen die erhebliche Erhöhung der Arbeitsnormen am Bau und in der Schwerindustrie durch die SED-Führung reduziert.

Bundespräsident Joachim Gauck im Bundestag (Foto: dpa)
Der Erinnerung Raum geben: Bundespräsident Gauck vor dem BundestagBild: picture-alliance/dpa

Gauck regt an, den 17. Juni als Symbol der Freiheitstradition aus der "Erinnerungsreserve" herausholen. Er wünsche sich, "dass das Wissen über den 17. Juni in der DDR zum Allgemeingut aller Deutschen wird und dieser Tag damit jene Anerkennung erfährt, die ihm als Volksaufstand gebührt". Dem Tag, der vor dem Fall der Mauer in der Bundesrepublik ein Feiertag war, sollte im Sinne eines "Denktages" in Schulen und Bildungseinrichtungen wieder mehr Raum gegeben werden. Das würden auch engagierte Bürgergruppen vorschlagen.

Weitere Feierlichkeiten am Montag geplant

Die Tradition des 17. Juni zu würdigen, verlange aber noch mehr. "Es gilt, auch heute überall auf der Welt denen beizustehen, die – obwohl diskriminiert und ausgegrenzt – sich mutig für Freiheit, Demokratie und Recht einsetzen", so Gauck. "Mögen diese Verteidiger von Freiheits- und Menschenrechten auch zeitweilig unterliegen – wie einst wir –, so sind wir ihnen, mit denen wir unsere Werte teilen, diesen Beistand schuldig." Die Deutschen sollten ihnen "eine Stimme geben, wenn sie am Reden gehindert sind und ihnen Gehör verschaffen", wenn sie die Öffentlichkeit suchten.

Am kommenden Montag, dem 17. Juni, wird die Bundesregierung in einer offiziellen Gedenkfeier auf dem Berliner Friedhof Seestraße an die Opfer des Volksaufstands erinnern. Auf dem Friedhof im Stadtteil Wedding ist neben Einzelgräbern und einer Kriegsgräberanlage für Opfer des Nationalsozialismus ein Sammelgrab für elf Todesopfer des Aufstands vom 17. Juni zu finden. Nach einer Kranzniederlegung und Reden der Kanzlerin und des Bundespräsidenten wird Joachim Gauck am Mittag Zeitzeugen des Volksaufstands auf Schloss Bellevue zu einem Mittagessen empfangen.