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Einstieg in den Bus-Fernverkehr

2. November 2012

Der Linienfernverkehr mit Bussen ist bislang in Deutschland nur auf wenigen Strecken erlaubt –zum Schutz der Bahn. Nun hat der Bundesrat den Weg frei gemacht für den Aufbau landesweiter Bus-Liniendienste.

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Bus nach Dresden auf dem zentralen Omnibusbahnhof in Berlin (Foto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Zum 1. Januar 2013 soll eine weitgehende Liberalisierung des Bus-Fernverkehrs in Deutschland in Kraft treten. Wer dann eine Reise quer durch mehrere Bundesländer plant, kann – statt in die Bahn - auch in einen Fernbus steigen. Der Bundesrat stimmte einem Kompromiss zu, auf den sich die schwarz-gelbe Koalition mit SPD und Grünen geeinigt hatte. Damit werden zum Jahreswechsel Beschränkungen für Linienbusse in großem Unfang abgeschafft, die seit mehr als 70 Jahren die Entwicklung der Bahn schützen.

Die Einrichtung von Fernbuslinien muss aber auch dann noch bei den Länderbehörden beantragt werden. Mit einer Genehmigung ist in aller Regel zu rechnen. Um dem öffentlich finanzierten Nahverkehr nicht zu schaden, müssen Fernbus-Haltestellen mindestens 50 Kilometer voneinander entfernt liegen. Eine Autobahn-Maut - wie sie für schwere Lkw zu entrichten ist - sollen Bussebetreiber nicht zahlen.

Bahn bekommt Konkurrenz

"Kostengünstig und umweltfreundlich"

Bislang war der innerdeutsche Linienfernverkehr mit Bussen nur auf wenigen Strecken möglich. So musste ein Unternehmen nachweisen, dass sein Angebot die Verkehrsverhältnisse verbessert und es nicht einfach nur ein Konkurrenzangebot zur Bahn darstellt.

Verkehrsminister Peter Ramsauer sagte, die Gesetzesänderung befreie den Fernverkehr per Bus "von seinen Fesseln", die er jahrzehntelang getragen habe. Die Verbraucher könnten nun auch mit dem Bus "kostengünstig und umweltfreundlich" durch Deutschland reisen. Das schone "Geldbeutel und Klima". Neben attraktiven Angeboten für die Verbraucher rechne die Bundesregierung mit einem "kräftigen Impuls" für die Omnibuswirtschaft.

Das Unternehmen MeinFernbus kündigte an, es werde 2013 ein deutschlandweites Fernbusnetz aufbauen. Noch im November sollen zu den bisher zwei Angeboten zwischen Freiburg und München sowie München und Zürich sechs Fernverbindungen hinzukommen. Von der Liberalisierung des Busverkehrs profitierten sowohl der Mittelstand als auch "Millionen von Fahrgästen, die nun direkter, preisgünstiger und nachhaltiger reisen könnten", erklärte Geschäftsführer Torben Greve.

Nachteile befürchtet

Allerdings wurden auch Befürchtungen laut, die mittelständische Bus-Branche habe auf Dauer auf Fernlinien keine Chance gegen Großunternehmen. Der Chef des Verbandes Mitteldeutscher Omnibusunternehmer, Wolfgang Steinbrück sagte, wenn eine Strecke erst einmal etabliert sei, würden die "Big Player" ins Spiel kommen und mit ihrem Kapital die kleineren Betriebe verdrängen. Für kleine Fuhrunternehmen würden sich Fernbusstrecken somit nur am Anfang lohnen, erläuterte der Verbandsvertreter dem Sender MDR Info.

Die Deutsche Bahn sieht die Pläne skeptisch, obwohl sie selbst mit 30 Fernlinien schon einer der größten Busunternehmer in Deutschland ist. Als Reaktion auf die sich abzeichnende Freigabe hatte der Staatskonzern zunächst größere Investitionen und eine Ausweitung des Angebots ins Auge gefasst, davon aber wieder Abstand genommen. Andere Branchengrößen wie die Deutsche Touring hatten aber von großen Chancen gesprochen.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG befürchtet, dass die Einrichtung neuer Buslinien zu Streckenschließungen in ländlichen Regionen führen könnte. Die Gesetzesänderung sei "ein Eigentor für Beschäftigung, Wettbewerb und den Verkehr insgesamt", kritisierte EVG-Chef Alexander Kirchner. Das Vorhaben öffne für Lohn- und Sozialdumping "Tür und Tor".

EU-Recht

Ein Gesetzentwurf des Verkehrsministeriums für die Neuregelung des Fernbusverkehrs war schon Anfang 2011 vorgelegt und vom Kabinett beschlossen worden. Er traf aber in den eigenen Reihen und vor allem bei den Ländern zunächst auf Widerstand, die vor allem kleinere Busunternehmen schützen wollten, die im Auftrag von Kommunen gerade in ländlichen Gebieten unterwegs sind. Im September konnten sich Bund und Länder hier auf Kompromisse verständigen. Mit der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes wird zugleich der öffentliche Nahverkehr an EU-Recht angepasst. Der Druck aus Brüssel hatte bereits zugenommen.

Tickets für Reisebusse sind in der Regel nicht nur deutlich billiger als für Fernzüge, Busse sind nach Medienberichten auch etwa so umweltfreundlich wie der Zug. Busse gelten besonders auf Strecken bis etwa 400 Kilometer als wettbewerbsfähig. So ist die bereits genehmigte Verbindung Hamburg-Berlin sehr beliebt. Dort sind jährlich 400.000 Reisende unterwegs. Trotzdem sind auch die ICE-Verbindungen auf der Strecke erfolgreich.

hp/uh (dpa, afp, rtr, dapd)