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Eine Begegnung im Vatikan

Christoph Strack, Rom20. März 2016

Diener zweier Herren - und immer eine Meinung. Der deutsche Kurien-Erzbischof Georg Gänswein arbeitet für Papst Franziskus und kümmert sich um Papst Benedikt. Und der DW gab er ein Interview. Christoph Strack war dabei.

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Kurien-Erzbischof Georg Gänswein im DW-Interview (Foto: DW)
Bild: DW/C. Strack

Sieben Minuten vor der vereinbarten Zeit steht Georg Gänswein still in der Tür. Einige Momente. Die Kameraleute sind noch dabei, kleine technische Probleme zu lösen. Es dauert, bis der Erzbischof mit einem Gruß in den Raum tritt.

Der Raum ist wahrlich kein Studio. Die eindrucksvolle Sala St. Ambrogio ist einer der schöneren unter den rund 1400 Räumen des Apostolischen Palastes. Vom Aufzug her, der den Besucher aus dem Damasus-Hof in den zweiten Stock des Palastes bringt, führt der Weg unter den Blicken eines aufmerksamen Schweizergardisten durch prachtvoll ausgemalte, hohe Räume. Je höher die Säle, desto kleiner fühlt sich der Gast - das funktioniert in jedem Palast. Auch hier. Hinter der Sala Clementina, in der viele offizielle päpstliche Audienzen stattfinden, geht's dann bald in die Sala St. Ambrogio.

"Gewöhnungsbedürftig"

Georg Gänswein kennt diese Räume. Knapp acht Jahre hat er in diesem Palast gewohnt, eine Etage höher - da war sein Chef der Papst. Benedikt XVI. Nun steht seit drei Jahren Papst Franziskus an der Spitze der katholischen Kirche, wohnt im vatikanischen Gästehaus Santa Martha. Und Gänswein - arbeitet für den einen wie für den anderen. Er wohnt bei Papst Benedikt im kleinen Kloster Mater Ecclesiae, hinten im Grün der Vatikanischen Gärten. Arbeitet mal bei Franziskus im Gästehaus oder des Öfteren im Apostolischen Palast. Arbeiten als Präfekt des päpstlichen Hauses mit dem einen, essen und zuarbeiten als Sekretär des anderen, des Emeritus.

Nein, es ist nicht mehr Don Giorgio oder der George Clooney des Vatikan. Säkulare Ehrentitel, die ihm zukamen, als er, 48-jährig, an der Seite Benedikts im April 2005 in den Blick der Welt geriet. Klischees, die ihm noch nachlaufen. "Irgendwann ist dann mal ausgeschmeichelt", meint er. "Ich höre es - und überhöre es." Er sei "ganz zufrieden, wie sich das Leben ineinander gefügt hat", sagt er gleich zu Beginn des Interviews.

Gänswein sitzt da im schwarzen Gewand, ohne irgendeine bischöfliche Farbe. Wie ist das Leben, mit zwei Herren? "Gewöhnungsbedürftig" - der Begriff fällt. Drei Mal im Laufe des Gesprächs. "Aber inzwischen steht der Zug auf der Schiene und ich glaube, dass es ganz gut und ganz vernünftig geht." In den acht Jahren an der Seite des Papstes aus Deutschland habe es Siege und Niederlagen gegeben. Eine große Zeit, die für mich sehr prägend war", sagt er rückblickend.

Erzbischof Gänswein: "Die Kirche ist kein Paddelboot"

An Franziskus schätzt Gänswein nach eigenem Bekunden "die Klarheit, mit der er spricht, die Überzeugung und eine Menschlichkeit, die jeden berührt, der mit ihm in Kontakt kommt". Dessen Spontaneität habe ihm am Anfang Schwierigkeiten bereitet. Da spricht der Termin-Planer.

Lob und Kritik

Aber oft spricht auch der Deutsche aus dem Schwarzwald, der vor 21 Jahren in den Vatikan wechselte. Und auf sein Herkunftsland "manchmal mit Wehmut, manchmal mit Stolz, manchmal mit Ärger, auch manchmal mit Enttäuschung, aber auch sehr oft mit großer Freude" schaut. Man könne doch sehen, dass die Kassen durch die Kirchensteuer voller werden und "die Kirchen leider immer leerer", meint der Kirchenmann. "Irgendwo stimmt da was nicht."

Bei aller Kritik. Sein Heimatland lobt er. Wegen des Engagements für Flüchtlinge. "Man muss wirklich neidlos anerkennen, dass Deutschland eine wirklich großartige Rolle spielt, mit allen Schwierigkeiten, die sich vor allem auch in den letzten Wochen ergeben haben."

Nach dem amtierenden Papst gefragt, sagt Gänswein, Franziskus habe das Steuer fest in der Hand. Da gebe es auch "kein Gegenrudern", selbst wenn "einige mit der Schnelligkeit oder auch der Heftigkeit, mit der Papst Franziskus Dinge tut, Schwierigkeiten haben".

Nach dem Interview verweilt Gänswein noch 15 bis 20 Minuten beim DW-Team. Plaudert mit der römischen Kameracrew. Erzählt den deutschen Gästen von der Bewältigung der Herausforderung, deutet den ein oder anderen anstehenden Termin an. Und zur Erinnerung gibt es fein gearbeitete Rosenkränze.

Irgendwann der Blick zur Uhr, der Griff zum dunklen Mantel. Heraus und hinauf zum Abendessen. Gänswein ist weg, so rasch wie er kam. Und der Schweizergardist geht stoisch durch den Gang.