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Europas Kampf um Größe

Hilke Fischer2. Juli 2014

Mit der geplanten Übernahme von E-Plus durch O2 wird der Trend zu weniger Konkurrenz auf dem europäischen Mobilfunkmarkt fortgeschrieben. Aber ist die Angst, ansonsten international abgehängt zu werden, begründet?

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Ein Handy mit o2-Logo vor E-Plus-Flaggen Foto: dpa - Bildfunk
Bild: picture-alliance/dpa

Da waren es nur noch drei: Der deutsche Mobilfunknetzbetreiber O2, eine Tochter der spanischen Telefonica, darf seinen 8,6 Milliarden Euro schweren Konkurrenten E-Plus kaufen. Knapp 45 Millionen Kunden hat der zukünftige Platzhirsch, der damit Vodafone und die Deutsche Telekom um Längen schlägt. Ein gutes halbes Jahr dauerte die wettbewerbsrechtliche Prüfung der EU-Kommission, am Mittwoch (02.07.2014) gab sie grünes Licht.

Die geplante Übernahme steht symbolisch für die aktuelle Dynamik der europäischen Mobilfunkbranche: So schlossen sich vor eineinhalb Jahren in Österreich zwei der vier Mobilfunkanbieter zusammen, weitere Übernahmen gab es jüngst in Irland und Frankreich. Die EU-Kommission verfolge seit einigen Jahren eine Strategie der Konsolidierung im Telekommunikationsmarkt, sagt Torsten Gerpott, Professor für Telekommunikationswirtschaft an der Universität Duisburg-Essen. "Die Kommission meint, dass man im internationalen Wettbewerb gegenüber asiatischen und US-amerikanischen Anbietern in Europa nicht so richtig mithalten könne, weil einem die kritische Größe fehlt."

Es drohen Preissteigerungen

In den USA gibt es fünf Telekommunikationsunternehmen, in Europa ist der Markt wesentlich umkämpfter. Die europäischen Netzbetreiber hoffen, mit den Fusionen Kosten zu sparen: Ein Netz zu betreiben, kostet viel Geld. Nur gemeinsam könnten die beiden kleinen deutschen Anbieter die anstehenden gewaltigen Investitionen in schnellere Mobilfunknetze schultern, meinen Experten. Dabei sei der technische Rückstand gar nicht groß, so Gerpott: Ende 2013 hätten 88 Prozent der Amerikaner die Möglichkeit gehabt, den neusten Mobilfunkstandard LTE zu nutzen, in Deutschland seien es rund 81 Prozent gewesen. Gleichzeitig seien die Preise in den USA deutlich höher, weil die Konzerne sich absprechen würden. Diese Gefahr drohe nun auch in Europa: Nach der Fusion in Österreich schossen die Tarife teilweise um mehr als zehn Prozent in die Höhe.

Mann mit Smartphone im Park Foto: dpa
Mobiles Telefonieren könnte in Deutschland bald teurer werdenBild: picture-alliance/dpa

"Verbraucher werden weiterhin in den Genuss der Vorteile eines wettbewerbsorientierten Marktes kommen", sagte EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia nach Billigung des E-Plus-Deals. Die Freigabe ist deshalb an Bedingungen geknüpft: Unter anderem muss Telefonica bis zu 30 Prozent der Kapazitäten des Mobilfunknetzes der neuen Firma an Wettbewerber weiterverkaufen. Die Bedingung ist bereits erfüllt, da die Münchner Telefonica vorige Woche mit dem Dienstleister Drillisch handelseinig geworden ist. Allerdings ist Drilling ein sogenannter virtueller Netzbetreiber, der über kein eigenes Netz verfügt, sondern sich bei einem der großen Netzbetreiber einmieten muss - und deshalb kaum Druck ausüben kann.

Nutzen der Konsolidierung fraglich

"Ich halte das für ein regulatorisches Feigenblatt der EU-Kommisson, um ihre Entscheidung zu rechtfertigen", so Wissenschaftler Gerpott. Er bezeichnet die Bestrebungen der Kommission, den EU-Telekommunikationsmarkt weiter zu konsolidieren, für wenig durchdacht: Die drei großen Anbieter in Europa, nämlich die Deutsche Telekom, Vodafone und Orange, hielten mit all ihren Tochtergesellschaften bereits 70 Prozent aller Sim-Karten. "Insofern ist es ein Ammenmärchen, was die EU-Kommission hier erzählt. Sie will eine falsche Industriepolitik durchzusetzen, die darauf hinausläuft, die großen Unternehmen zu schützen und den Wettbewerb in der Telekommunikation, der in den 90er Jahren vorangebracht wurde, in einer Rückwärtsrolle wieder ad acta zu legen."

LTE- Mobilfunkmast Foto: Daniel Reinhardt/dpa
Der LTE-Ausbau soll in Europa weiter vorangetrieben werdenBild: picture-alliance/dpa