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Die unvollendete Revolution

22. Februar 2014

Julia Timoschenko ist auf dem Maidan wie eine Heldin gefeiert worden. Das war so nicht unbedingt zu erwarten. Die "Ikone" der Opposition forderte die Demonstranten auf, keinesfalls den Druck zu verringern.

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Julia Timoschenko bei ihrer Rede auf dem Maidan (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Kiew: Timoschenko auf dem Maidan

"Ihr dürft jetzt nicht aufhören", rief die frühere ukrainische Regierungschefin aus dem Rollstuhl den Demonstranten in Kiew zu. "Kämpft bis zum Ende!" Zweieinhalb Jahre lang hatte Julia Timoschenko in Haft gesessen und sich dort ein schweres Rückenleiden zugezogen. Gleich nach ihrer Freilassung war sie in die Hauptstadt gebracht worden, um auf dem Unabhängigkeitsplatz reden zu können. Es wurde ein denkwürdiger Auftritt.

Taktik und Emotionen

Kiew: Timoschenko auf dem Maidan

"Ehre den Helden", waren ihre ersten bewegten Worte, mit denen die Politikerin die mindestens 82 Toten der vergangenen Tage würdigte. Die emotionale Rede rührte viele der mehr als 100.000 Menschen auf dem Platz zu Tränen. Auch Timoschenko selbst rang mit der Fassung. "Wir haben es nicht auf friedliche Weise geschafft, aber diese Jungen haben das Ende der Diktatur erreicht", sagte sie. Die Täter müssten bestraft werden.

Wie in einer Wahlrede warb Timoschenko um Vertrauen. "Ich werde die Garantin dafür sein, dass Euch niemand verrät und niemand Hinterzimmerabsprachen trifft", sagte die 53-Jährige. Zuvor hatte sie bereits angekündigt, bei den nächsten Präsidentenwahlen antreten zu wollen. "Ihr seid die Kraft, die Garantie dafür, dass es keinen Weg zurück gibt. Ihr habt alles verändert - nicht die Diplomaten, nicht die Welt." Immer wieder warnte sie davor, den Maidan jetzt zu räumen. "Wenn irgendjemand Euch sagt, Ihr sollt nach Hause gehen, traut ihm nicht, geht bis zum letzten Schritt!", sagte die Politikerin. Die Rede wurde live im Fernsehen übertragen.

Die Wende im Parlament

Markus Reher zur Lage in der Ukraine

Timoschenko ist eine der Gallionsfiguren der Orangen Revolution von 2004/05. Und sie ist eine der schärfsten Widersacherinnen von Janukowitsch, den das Parlament, die Oberste Rada, nahezu zeitgleich mit ihrer Haftentlassung abgesetzt hatte. Die Abgeordneten hatten am Samstag im Eiltempo weitere wegweisende Beschlüsse gefasst, darunter die Rückkehr zur Verfassung von 2004 sowie vorgezogene Präsidentenwahlen für den 25. Mai. Sie wählten einen neuen Innenminister und entließen den Generalstaatsanwalt.

Einsam und uneinsichtig

Zwar hat Janukowitsch in einem Fernsehinterview behauptet, noch immer im Amt zu sein. Er sprach von einem "Staatsumsturz" und erklärte die Beschlüsse des Parlaments für "gesetzeswidrig". Doch seine Machtbasis ist völlig erodiert. Mehrere hohe Staatsfunktionäre haben sich ins Ausland abgesetzt, andere wurden an der Flucht gehindert. Offenbar kann sich auch der abgesetzte Präsident nach seiner Flucht aus Kiew nicht mehr frei bewegen. Ein Weiterflug von der östlichen Stadt Donezk vermutlich in Richtung Russland ist vom ukrainischen Grenzschutz verhindert worden.

rb/qu (afp, dpa, rtr)