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Milliarden-Hilfsfonds für Flutopfer

Kay-Alexander Scholz (mit Agenturen)13. Juni 2013

Die Ministerpräsidenten einigten sich mit der Bundesregierung auf den größten Fluthilfefonds in der Geschichte Deutschlands. Die Hilfe soll schnell erfolgen. Um Deiche und Dämme wird vielerorts weiter gekämpft.

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Transporthubschrauber des Heeres mit einem Bigbag am Haken auf dem Weg zu einem aufgeweichten Damm. (Foto: dpa/picture alliance)
Bild: picture-alliance/dpa

Der von Bund und Ländern getragene Fluthilfe-Fonds wird ein Volumen von etwa acht Milliarden Euro haben. Das teilte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einem Treffen mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer in Berlin mit. Der Hilfsfonds fällt damit größer aus als bei der letzten Flut im Jahr 2002; damals wurden 6,5 Milliarden Euro abgerufen.

Bis zum 5. Juli soll der Fonds eingerichtet sein. Man habe sich auf ein klares Datum zum Abschluss der gesetzlichen Beratungen festgelegt, so Merkel. So könnten Bundestag und Bunderat noch vor der Sommerpause zustimmen, damit die Hilfe zeitnah anlaufe. Die genaue Höhe des Hilfsfonds werde aber erst nach einem Gesamtbild der Schäden feststehen, so Merkel. Schätzungen zufolge sei der Fonds "aber großzügig bemessen", versicherte die Kanzlerin. Und weitere Hilfen wie Kurzarbeitergeld, steuerliche Erleichterungen und Änderung des Insolvenzrechts seien auf den Weg gebracht.

Der Bund hatte den Hochwasseropfern bislang bereits 100 Millionen Euro Soforthilfe zugesagt. Auch die betroffenen Bundesländer stellten Soforthilfen bereit.

Finanzierung noch offen: Nachtragsetat

Bis Anfang Juli soll auch geklärt werden, wie der Hilfsfonds finanziert wird. Merkel schloss höhere Steuern oder Abgaben aus. Die finanziellen Rahmenbedingungen seien derzeit so günstig, dass auf derartige Belastungen für die Bürger verzichtet werden könne.

Stattdessen werde der Bund wahrscheinlich die Neuverschuldung erhöhen. Der Fonds könne über eine Bundesanleihe oder den Fonds Deutsche Einheit abgewickelt werden. Merkel kündigte an, es sei gut vorstellbar, dass nicht jedes Bundesland zu eigenen Zinskonditionen Geld aufnehmen müsse, sondern der Bund gemeinsam aufkomme. Um die finanziellen Belastungen gering zu halten, müssten technische Möglichkeiten wie sehr lange Rückzahlungsfristen gefunden werden.

Vermutlich werde ein Nachtragshaushalt für 2013 notwendig, aber hier wolle sie dem Parlament nicht vorgreifen, sagte Merkel weiter.

Das geplante Einhalten der Schuldenbremse im Jahr 2014 werde vom Hilfsfonds nicht negativ tangiert werden, da Naturkatastrophen als ein Ausnahmetatbestand im entsprechenden Gesetz gelten.

"Darauf können wir stolz sein"

Die Bundeskanzlerin lobte ausdrücklich die bundesweite Hilfe der tausenden Bürger in den Flutgebieten und die sehr gute Zusammenarbeit aller stattlichen Ebenen. In den vergangenen Tagen habe sie bei ihren Besuchen vor Ort ein "ungeahntes Ausmaß an Solidarität und Hilfsbereitschaft erlebt". Es sei "eine große Stärke und besondere Qualität in Deutschland, dass alle zusammenstehen, wenn es darauf ankommt". Das sei etwas, "worauf wir stolz sein können".

Die Solidarität der Menschen sei eingefloßen in die Beratungen zum Hilfsfonds, sagte Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU). Die Gespräche zwischen Bund und Ländern seien "außerordentlich konstruktiv gewesen". Man habe Handlungsfähigkeit bewiesen. Es sei "ein guter Tag für alle Betroffenen". In einem "unbürokratischen Geist" könnten nun die Hilfen beginnen.

Die Altstadt von Lauenburg: Nur noch mit dem Boot befahrbar (foto: DW) DW, Alexander Drechsel, 13. Juni 2013
Die Altstadt von Lauenburg: Seit Tagen nur noch mit dem Boot befahrbarBild: DW/A.Drechsel

Auch die Europäische Union (EU) wird wohl finanzielle Hilfe leisten. Acht Ministerpräsidenten der Bundesländer hätten nach Auskunft von Lieberknecht zusammen mit dem ebenfalls von der Flut betroffenen Tschechien ein Hilfegesuch an Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso aufgesetzt. Der Katastrophenfonds der EU müsse nutzbar gemacht werden.

Noch keine Entwarnung

Andere Hilfe aus dem europäischen Ausland gibt es bereits. Weit mehr als 1,5 Millionen Sandsäcke aus Dänemark, den Niederlanden, Belgien und Luxemburg wurden nach Angaben des Bundesinnenministeriums angefordert und schützen nun zusätzlich vor den Wassermassen. Nach Bundeswehr-Angaben helfen auch Truppen aus Frankreich und den Niederlanden beim Deichbau, beziehungsweise der Deichsicherung.

In den Hochwassergebieten bleibt die Lage angespannt. Zwar sanken die Pegelstände der Elbe in den betroffenen Bundesländern Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein zentimeterweise. Die durchweichten Deiche und mehrere Deichbrüche hielten die tausenden Helfer aber weiter in Atem. Der Bahnverkehr in Norddeutschland wird weiter durch das Elbehochwasser behindert. Auch in Bayern, Thüringen und Sachsen ebbt die Hochwasserwelle inzwischen langsam ab.

Flutopfer können mit Geld rechnen

Die Bundeswehr koste der Flut-Einsatz mehr als 50 Millionen Euro, sagte Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière bei einem Besuch im Hochwassergebiet in Niedersachen. Die Kosten würden den betroffenen Kommunen aber nicht in Rechnung gestellt. Aktuell sind rund 19.000 Soldaten im Einsatz. Es handele sich um den "größten Katastropheneinsatz in der Geschichte der Bundeswehr", so de Maizière.

Auch für die Feuerwehr ist der Einsatz mit rund 80.000 Kräften der größte Einsatz seit 1949. Hinzu kommen tausende Helfer des Technischen Hilfswerks und anderer Organisationen. Auch diese Kosten der staatlichen Organisationen müssten von den Kommunen nicht bezahlt werden, kündigte die Bundeskanzlerin an.