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Die Angst der Bundeswehr-Helfer

27. Dezember 2012

Dolmetscher, Wächter, Handwerker - zivile afghanische Mitarbeiter fürchten nach dem Truppenabzug die Rache der Taliban. Für eine Aufnahme in Deutschland werde "jeder Einzelfall" geprüft, heißt es dazu jetzt in Berlin.

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Ein Bundeswehrsoldat überwacht eine Gruppe einheimischer Arbeiter, die eine Straße aufgraben (foto:dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

"Ortskräfte" werden sie im militärischen und diplomatischen Zungenschlag benannt: Gemeint sind die rund 1600 Afghanen, die am Hindukusch für deutsche Stellen angeworben wurden, mit etwa 1350 die meisten für die Bundeswehr. Sie arbeiteten in den Feldlagern zum Beispiel als Übersetzer, beim Wachpersonal, in der Küche, im Reinigungsdienst oder als Handwerker. Sie erinnern an ihre treuen Dienste für Sicherheit und Wohlbefinden der Deutschen an der Front und hoffen, sich mit ihren Familien jetzt auch auf deren Hilfe verlassen zu können. Viele wollen nach Deutschland.

Katalog mit Aufnahme-Kriterien

Ebenso wie Frankreich prüfe auch Deutschland eine mögliche Aufnahme ziviler afghanischer Mitarbeiter, sofern diese nach einem Abzug der internationalen Truppen aus dem Land "einer besonderen Gefährdung ausgesetzt" seien, hieß es dazu am Donnerstag aus dem zuständigen Bundesinnenministerium. Die Fälle würden "anhand einheitlicher Prüfkriterien in Gefährdungskategorien eingeordnet", erläuterte ein Sprecher das bürokratische Prozedere. Zuvor war bekannt geworden, dass Frankreich voraussichtlich 160 bis 170 der sogenannten "Ortskräfte" aus Afghanistan aufnehmen will.

Afghanen auf dem Weg zum Arbeitseinsatz in einem deutschen Feldlager (foto: dpa)
Afghanische Zivilisten auf dem Weg zum Arbeitseinsatz in einem deutschen FeldlagerBild: picture-alliance/dpa

"Jeder Einzelfall wird geklärt", versicherte der Berliner Ministeriumssprecher mit Blick auf Befürchtungen, die "Ortskräfte" könnten nach dem Truppenrückzug in ihrer Heimat Racheakten ausgesetzt sein. Zuständig für die Prüfung seien Beauftragte der jeweils betroffenen Ressorts der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit der deutschen Botschaft in Kabul.

Die Opposition in Deutschland hatte bereits vor Monaten vor Vergeltungsaktionen von radikalislamischen Gruppen wie den Taliban gegen die Hilfskräfte der Deutschen gewarnt. Die Mitarbeiter müssten fürchten, als "Verräter" oder als "Komplizen" der westlichen Mächte hingerichtet zu werden.

Von "besonderen" und "allgemeinen" Gefahren

Neben einer Aufnahme in Deutschland würden dabei auch "alternative Möglichkeiten zur Beseitigung der Gefährdung vor Ort" geprüft, zum Beispiel eine Beschäftigung "an anderer Stelle", heißt es da in sauberem Amtsdeutsch. Sollte für "Ortskräfte" nachweislich eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben bestehen, die sich "erheblich vom allgemeinen Gefährdungspotenzial in Afghanistan abhebt" und vor Ort auch nicht abgewendet werden kann, dann "kommt voraussichtlich eine Aufnahme in Deutschland in Betracht", verkünden die Berliner Beamten und können den Afghanen immerhin etwas Hoffnung machen.

Auch das Verteidigungsministerium hatte wiederholt auf diese Möglichkeit verwiesen, falls andere Lösungen nicht in Frage kämen.

In Frankreich, dessen letzte Kampftruppen bereits in diesen Tagen abgezogen wurden, steht die genaue Zahl der Aufnahmen nach offiziellen Angaben noch nicht fest. In Medienberichten war von 160 bis 170 Afghanen die Rede, überwiegend Übersetzer der Armee und deren Familien. Die Gesamtzahl der afghanischen zivilen Mitarbeiter ist auch hier aber deutlich höher. Der Großteil der internationalen Truppen soll Afghanistan bis Ende 2014 verlassen.

SC/kle (afp, dpa )