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Mahnke: "Eine besondere Atmosphäre"

Rick Fulker 2. September 2013

Die Mezzosopranistin Claudia Mahnke gab 2013 mit den Partien der Fricka, Waltraute und Zweite Norn ihr Debüt bei den Bayreuther Festspielen. Die Arbeit hat ihr großen Spaß gemacht und ganz neue Erfahrungen beschert.

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Claudia Mahnke @ Bayreuther Festspiele/Jörg Schulze
Bild: Bayreuther Festspiele/Jörg Schulze

Ist Fricka eine dankbare Rolle? Sie gehört nicht zu den Wagnerfrauen, die eine Schlüsselrolle spielen oder als Erlöserin antreten. Und sie ist nicht unbedingt die sympathischste Figur...

Es ist wohl nicht die dankbarste Rolle im Ring, aber es ist eine wichtige Rolle, und es macht Spaß, sie auf der Bühne zu verkörpern. Man wird ja nach Stimmfach besetzt, und ich als Mezzosopran kann natürlich keine Brünnhilde singen. Aber für uns Mezzos kommen halt Waltraut, Fricka und einige Walküren in Frage, und so bin ich dann an die Rolle der Fricka gekommen. Ich sehe sie auch gar nicht als so unsympathisch an; sie steht für die Ehe und für die Treue steht und kämpft gegen den Untergang der Götter. Klar hat sie immer den Ruf des keifenden Weibes, aber das ist sehr eindimensional gesehen. Ich sehe sie weit gefächerter.

Wagnerianer sind konservativ, der grüne Hügel in Bayreuth eine heilige Stätte: Diese Vorurteile halten sich wacker. Und doch: Geht bei einer modernen Inszenierung, quasi einer "Entsakralisierung", die Mystik ein bisschen verloren?

Natürlich wird Bayreuth in dieser Inszenierung von Frank Castorf entmystifiziert. Ich habe vorwiegend bei modernen Inszenierungen mitgemacht, insofern ist es für mich nichts Ungewöhnliches. Für uns Sänger - ich kann wohl auch für meine Kollegen sprechen, denn es sind ja viele, die das erste Mal in Bayreuth singen – ist es aber immer noch was ganz Besonderes, hier zu sein; die besondere Atmosphäre spürt man schon. Wenn man dran denkt, wer schon alles vor einem auf diesen Brettern gestanden hat, geht das nicht spurlos an einem vorüber.

Muss man in Bayreuth beim Singen etwas ganz besonders beachten?

Anders als auf anderen Bühnen ist halt der spezielle Klang, von dem wir auf der Bühne allerdings gar nicht so viel mitbekommen. Aber ich habe mir das auch mal vom Auditorium aus angehört, und wir können eigentlich ganz beruhigt singen. Wir müssen nie powern oder extrem noch einen drauflegen, sondern ganz im Gegenteil: Der Dirigent Kirill Petrenko hat uns immer dazu angehalten, darauf zu vertrauen, dass selbst die leisesten Töne wunderbar zu hören sind. Und es hat ganz großen Spaß gemacht, mit ihm zu erarbeiten, dass man diesen Wagner jetzt nicht brüllt, sondern sehr stimmig singen kann. Also ich habe zum Beispiel auch in Frankfurt gesungen: Da war die Bühne sehr offen, das gab es sehr wenig Wände, die akustisch geholfen hätten, und da ist der Orchestergraben nicht abgedeckt. Da hat man dann als Sänger schon das ein oder andere Mal Probleme, immer gut gehört zu werden und durchzukommen gegen das Orchester. Und das ist hier überhaupt nicht der Fall, da macht es ganz großen Spaß, auch mal leise Töne zu wagen.

Wie war die Arbeit mit Petrenko?

Göttlich. Mal abgesehen vom Musiker ist er ein ganz wunderbarer Mensch. Für mich ist das so ein Dirigent, wo ich das Gefühl habe, dass er mir auch vertraut, dass es ein Miteinander ist, also nicht ein Gegeneinander, wie es ja zwischen Dirigent und Sänger auch manchmal sein kann. Er steht voll hinter einem, und man gibt dann auch gern das Beste von sich. Man geht ohne Angst an die Sache, das finde ich fürs Singen ganz, ganz wichtig, und dadurch kann man dann die bestmögliche Leistung herausholen. Er war bei den Proben immer da, einfach immer. Ich weiß nicht, wie der Mann das macht, wo er die Kraft her nimmt. Ich glaube, wenn Bayreuth vorbei ist, braucht er auch erst mal Urlaub. Aber ob er den nehmen kann? Er wird ja Chefdirigent in München. Also wie gesagt: Rund um die Uhr ist der Mann bei der Arbeit.

Die Wagnerrollen sind sehr vielschichtig. Haben Sie irgendwann den Punkt erreicht, an dem Sie sagten: Jetzt habe ich es drauf, sowohl inhaltlich als auch von den Klangfarben?

Das kann ich noch nicht sagen, weil ich ja eine Anfängerin in dem Fach bin. Ich singe erst seit drei Jahren Wagner. 2010 habe ich meine erste Brangäne in Frankfurt singen dürfen und jetzt meine erste Fricka in Bayreuth. Im Frankfurt-Ring war ich auch schon Waltraute und jetzt wieder. Also kann ich noch nicht davon sprechen, dass ich es drauf habe. Aber die ganze Besetzung hat stark an der Sprache gearbeitet. Dem Operngesang sagt man ja sehr oft nach, er sei nicht zu verstehen. Wir hatten jetzt einen Sprachcoach, und immer wieder wurde uns gesagt, wo wir schlecht zu hören sind. Es war Kirill Petrenko sehr wichtig, dass man alles sehr gut versteht. Dieses Feilen an der Sprache hat großen Spaß gemacht, denn so habe ich früher noch nie mit einem Text gearbeitet. Das war für mich eine ganz neue Erfahrung, und das nehme ich aus Bayreuth für spätere Aufgaben mit.

Claudia Mahnke gehört seit 2006 zum festen Ensemble der Oper Frankfurt, wo sie schon bei Ring-Produktionen mitgespielt hat. Gastengagements führten sie zur Ruhrtriennale und in jüngerer Zeit an die Houston Grand Opera, ans Teatro Real Madrid, an die Opéra National de Lyon sowie an die San Francisco Opera, nach Tokio und mit der Deutschen Oper Berlin nach Seoul. Ihre Interpretation des Simplicius Simplicissimus brachte ihr in der Opernwelt mehrere Nominierungen als "Sängerin des Jahres“ ein.

Das Gespräch führte Rick Fulker