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Cederquist: "Illegaler Holzhandel hat Mafiastruktur"

Gero Rueter17. September 2013

Die Entwaldung ist für 17 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Viele Holzfällungen sind illegal, die EU will das stoppen. Andrea Cederquist von Greenpeace fordert entschlossenes Handeln.

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Andrea Cederquist, Foto: Greenpeace
Bild: Greenpeace

Deutsche Welle: Frau Cederquist, wie groß ist das Problem des illegalen Holzeinschlags und Holzhandels?

Andrea Cederquist: Laut Studie des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, UNEP, und der internationalen Polizeibehörde Interpol sind 15 bis 30 Prozent des weltweit gehandelten Holz illegal. Es wird geschätzt, dass Holz aus einigen Tropenregionen sogar zu 50 bis 90 Prozent illegal geschlagen wird.

Woher kommt das illegale Holz?

Besonders groß ist das Problem in den Tropenregionen, dem Amazonas, Indonesien und dem Kongobecken. Illegales Holz kommt aber zum Beispiel auch aus Russland.

Und wer nutzt es?

Genutzt wird das Holz von uns allen. Als Konsument wissen wir aber nicht, ob das Holz illegal oder legal ist - das ist nicht erkennbar. Im internationalen Holzhandel hat China in den letzen Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen - für den eigenen Markt aber auch als Transitland für fertige Produkte.

Laut UNEP und Interpol werden 30 bis 100 Milliarden Dollar mit illegalem Holzhandel pro Jahr global ungesetzt.

Richtig. Ähnlich wie beim Drogenhandel sind das Mafiastrukturen. In einigen Ländern reicht die Korruption bis in die höchste Regierungsebene. Es wird gefälscht, bestochen, Gesetze werden in den schwer kontrollierbaren Regionen nicht eingehalten und es gibt auch raffinierte Methoden. In Brasilien wurden zum Beispiel die Internetseiten der Behörden gehackt und man hat in den Computern die Angaben manipuliert. Es gibt sehr viele Möglichkeiten - und die werden auch genutzt.

Die EU-Holzhandelsverordnung verbietet den Import und Handel mit illegalem Holz in der EU. Im März 2013 wurde die Verordnung auch in Deutschland Gesetz. Was hat das Gesetz für Konsequenzen?

Der Holzimporteur ist verpflichtet, sorgfältig nachzuweisen, dass er kein illegales Holz oder Holzprodukte kauft und auf den Markt bringt. Der Importeur muss Informationen sammeln und eine Risikobewertung durchführen, um auszuschließen, dass das Holz nicht illegal ist. Wenn er das nicht kann, dann darf er das Holz nicht auf den Markt bringen. Unsere Sorge ist, dass dieser Nachweis nicht mit ausreichender Sorgfalt durchgeführt wird.

Befürchten Sie, dass trotz Gesetz der illegale Holzhandel weiter blüht?

Ganz genau. Die Probleme des illegalen Holzes sind oft korrupte Strukturen vor Ort und die müssen aufgedeckt werden. Jetzt haben wir im August in Deutschland so ein Beispiel. In einem Sägewerk in Gütersloh haben wir das Tropenholz Wenge aus der Demokratischen Republik Kongo entdeckt. Dieses zweifelhafte Holz stammt aus einer nicht rechtmäßig erworbenen Abholzkonzession der Firma Baki Bois Corporation im Kongo.

Was müsste verändert werden?

Das Deutsche Gesetz bagatellisiert den illegalen Holzhandel. Das Strafmaß für den Import von illegalem Holz wurde von den Regierungsparteien im Bundestag vor der Abstimmung heruntergesetzt. Das ist ein massives Schlupfloch. Zudem sind die Kontrollen, die Stichproben von den Deutschen Behörden bei den Holzimporteuren, viel zu gering. Man zeigt nicht, wie ernst man es mit dem Gesetz meint.

Das andere Problem ist, dass Holzunternehmen und anscheinend auch deutsche Behörden sich nicht als "bewertungskompetent" sehen, um einzuschätzen, ob eine Konzession für Holzfällung illegal vergeben worden ist oder nicht. Aber genau dort fangen die Probleme des illegalen Holzeinschlags an.

Kann ein legaler Holzhandel mit Ländern und Regionen funktionieren, wo die Korruption sehr verbreitet ist?

Es ist ein Prozess. In diesen Ländern muss zugleich die Korruption bekämpft werden. Aber auch in Ländern wie Deutschland müssen die Gesetze konsequent umgesetzt werden. Die jetzige Situation ist paradox, wie das Beispiel aus dem Kongo zeigt. Eine von der EU finanzierte, unabhängige Überwachungsorganisation weist öffentlich darauf hin, dass das Holz der Baki Bois Corporation illegal ist. Dennoch taucht dieses Holz in Deutschland auf.

Es gibt das FSC-Holzsiegel des Forest Stewardship Council. Das System zur Zertifizierung nachhaltiger Forstwirtschaft wurde vor 20 Jahren von Menschenrechtsorganisationen, Umweltgruppen und indigenen Interessensvertretern gegründet. Ist dieses Siegel ein Ansatz gegen Raubbau und illegalem Holzhandel?

Können Zertifikate den Raubbau der Regenwälder stoppen?

Wir von Greenpeace versuchen das Siegel in die richtige Richtung zu bringen. Aber nach 20 Jahren ist das Siegel nicht da, wo wir es sehen wollten. Das Siegel ist zu schnell gewachsen und auch die Umsetzung hat viele Schwächen. Tropenholz mit FSC-Siegel hat ein geringeres Risiko, dass es aus illegalen Rodungen stammt, aber ganz sicher ist dies nicht. Holzhändler müssen deshalb auch hier ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen.

Kann der illegale Holzhandel überhaupt durch Gesetze trockengelegt werden?

Die EU-Verordnung wurde groß gefeiert als Schritt gegen den illegalen Holzhandel. Jetzt geht es darum, dass die Gesetze richtig umgesetzt werden und dass die Gesetze auch Wirkung haben. Sanktionen müssen abschrecken, Kontrollen durchgeführt werden und die Situation vor Ort muss sich ändern. Man kann nicht weiter wegschauen und muss durchgreifen. Die Studie von Interpol und UNEP hat aufgezeigt, dass es hier noch große Probleme gibt.

Andrea Cederquist ist Biologin und Expertin für Waldschutz bei Greenpeace.

Das Gespräch führte Gero Rueter.