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Bundeswehr soll auch in Somalia ausbilden

Sven Pöhle10. Februar 2014

Die Bundeswehr soll in Zukunft auch Soldaten in Somalia schulen. Die Opposition zeigt sich angesichts eines Einsatzes in dem Bürgerkriegsland skeptisch. Denn die Sicherheitslage ist weiterhin instabil.

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Ein Soldat der EUTM Somalia (European Training Mission Somalia), einer multinationale Ausbildungsmission der Europäischen Union in Uganda, beider Ausbildung somalischer Sicherheitskräfte (Foto: picture-alliance/Yannick Tylle)
Bild: picture-alliance/Yannick Tylle

Der Besuch von Ahmed Omar in Somalias Hauptstadt Mogadischu endete furchtbar. Der Vizegouverneur der Region Lower Shabelle im Süden des Landes verlor bei einem Autobombenanschlag am Montag (10.02.2014) nach Angaben der örtlichen Polizei ein Bein und einen Arm. Bei der Explosion einer zweiten Autobombe vor einem Hotel wurden vier weitere Menschen verwundet.

Konkrete Pläne für einen Bundeswehreinsatz

Somalia gilt als Inbegriff eines gescheiterten Staates. In dem ostafrikanischen Land herrscht seit 20 Jahren Bürgerkrieg, Hunger und Chaos. Bewaffnete Milizen und Warlords kämpfen um die Macht. Teile des Landes werden von radikalislamistischen Shabab-Milizen kontrolliert. Immer wieder kommt es zu Anschlägen und Überfällen.

Die instabile Sicherheitslage in Somalia hat dazu geführt, dass die Bundesregierung ihre Beteiligung an der EU-Trainingsmission somalischer Soldaten Ende 2013 wegen Sicherheitsbedenken einstellte. Damals wurde der Einsatz von Uganda aus in die somalische Hauptstadt verlegt. Bis dahin hatte sich die Bundeswehr mit bis zu 20 Soldaten an der Ausbildung somalischer Sicherheitskräfte beteiligt.

Nun laufen nach Angaben des Verteidigungsministeriums Planungen, dass Bundeswehrsoldaten künftig auch in Mogadischu somalische Soldaten ausbilden.

Neubewertung der Sicherheitslage

Innerhalb der Opposition sieht man die Ankündigungen der Bundesregierung skeptisch. Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Agnieszka Brugger, zeigte sich verwundert vom Kurswechsel in der Regierung: "Mir fehlt die Begründung, warum sich die Sicherheitslage qualitativ so geändert haben soll, dass wir uns jetzt doch wieder auch in Mogadischu an der Ausbildungsmission beteiligen wollen", sagte Brugger der DW.

Laut den Reisehinweisen des Auswärtigen Amtes ist die Sicherheitslage in Somalia absolut instabil. Besonders kritisch sei die Situation in Zentral- und Südsomalia, einschließlich der Hauptstadt Mogadischu.

Polizisten sichern nach einem Autobombenanschlag in Mogadischu im Novermber 2013 den Tatort (Foto: REUTERS/Feisal Omar)
Polizisten sichern nach einem Autobombenanschlag in Mogadischu im November 2013 den TatortBild: Reuters

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte, dass Somalia "alles andere als ein stabiler Staat" sei. Die europäischen Partner, die sich seit Dezember 2013 vor Ort befinden, hätten aber Erkenntnisse für eine Neubewertung beigesteuert. Auch aufgrund dieser Einschätzungen sei es vertretbar, sich in Somalia zu engagieren.

Wenn andere EU-Nationen keine begründeten Sicherheitsbedenken hätten, könne Deutschland ebenfalls keine haben, sagte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Hans-Peter Bartels (SPD), der "Mitteldeutschen Zeitung". "Es ist auf jeden Fall richtig, somalische Streitkräfte auszubilden. Unser Ansatz ist Hilfe zur Selbsthilfe", so Bartels.

Der Obmann der Linksfraktion im Verteidigungsausschuss, Alexander Neu, glaubt hingegen nicht, dass sich die Sicherheitslage in Somalia innerhalb der letzten Monate verändert hat. Dass man nun dennoch über einen Bundeswehreinsatz in Somalia nachdenkt, hat für ihn andere Gründe: "Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass man aus Solidaritätsgründen mit den übrigen europäischen Staaten gleichziehen müsse", so Neu. "Nach der Ankündigung der Verteidigungsministerin, mehr Präsenz in Afrika zu zeigen, ist es schon fast ein Selbstläufer, entsprechende Kräfte bereitzustellen", sagte Neu im Gespräch mit der DW.

Ein Bundeswehrsoldat bildet somalische Soldaten in Uganda aus (Foto: MARC HOFER/AFP/Getty Images)
Zweieinhalb Jahre bildete die Bundeswehr in Uganda somalische Soldaten ausBild: MARC HOFER/AFP/Getty Images

Bundeswehr ist bereits in und um Somalia aktiv

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte zuletzt mehr deutsches Engagement in Afrika angekündigt - auch militärisch. Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Bundespräsident Joachim Gauck hatten erklärt, dass Deutschland international mehr Verantwortung übernehmen müsse.

Die Bundeswehr ist bereits im Rahmen mehrerer UN- und EU-Missionen in Afrika im Einsatz. In und um Somalia unterstützt die Bundeswehr die Mission "Atalanta" bei der Bekämpfung der Piraterie am Horn von Afrika. Zudem beteiligen sich deutsche Soldaten an der Ausbildung der Küstenwache und der Polizei in den Staaten Dschibuti, Kenia, den Seychellen und Somalia (EUCAP Nestor). Die ostafrikanischen Staaten sollen in die Lage versetzt werden, die Piraterie selbst in den Griff zu bekommen.

Auch im westafrikanischen Mali schult die Bundeswehr Armeeangehörige. Die Bundesregierung will den Einsatz verlängern und das Mandat ausweiten. Statt bisher 180 sollen künftig bis zu 250 Bundeswehrsoldaten vor Ort sein können.

Suche nach einer umfassenden Afrika-Strategie

Doch ein militärischer Ansatz allein helfe nicht dabei, die Probleme in Afrika zu lösen, kritisiert Alexander Neu von der Linkspartei. "Wir haben militärische Kräfte in Somalia, aber wir sehen nicht, dass im zivilen Bereich tatsächlich Aufbauarbeit stattfindet", so Neu. In Somalia bekämpfe man Symptome, und nicht deren Ursachen.

"Für mich heißt mehr Verantwortung nicht unbedingt mehr Militäreinsätze", sagte auch der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Philipp Mißfelder im rbb-Inforadio. "Mehr Verantwortung kann auch mehr Entwicklungshilfe heißen."

Die große Koalition will in den kommenden Tagen eine neue Afrika-Strategie entwickeln. Dazu treffen unter anderem Verteidigungsministerin von der Leyen und Außenminister Steinmeier und auch Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) zu Gesprächen zusammen.