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Britisches Unterhaus billigt umstrittenes Abschiebungsgesetz

18. Januar 2024

Es ist ein Erfolg, den Premier Rishi Sunak gegen den energischen Widerstand rechter Parteifreunde durchgesetzt hat. Für Menschenrechtler bleibt die Vorstellung, Asylbewerber nach Ruanda abzuschieben, indes ein Horror.

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Der konservative britische Premier Rishi Sunak will vor allem erreichen, dass Flüchtlinge nicht mehr per Boot über den Ärmelkanal kommen
Der konservative britische Premier Rishi Sunak will vor allem erreichen, dass Flüchtlinge nicht mehr per Boot über den Ärmelkanal kommen Bild: James Manning/AP/picture alliance

Im Streit um die Asylpolitik Großbritanniens hat sich Premierminister Rishi Sunak gegen Widerstände innerhalb der Konservativen Partei durchsetzen können. Eine Gesetzesvorlage, mit der Abschiebungen nach Ruanda ermöglicht werden sollen, erhielt in der Nacht zum Donnerstag im Unterhaus genügend Stimmen. So votierten 320 Abgeordnete dafür, 276 stimmten dagegen. 

Heftige Debatte auch im Oberhaus erwartet 

Der Gesetzentwurf war innerhalb der regierenden Konservativen stark umstritten. Vor dem Votum hatten einige rechtsstehende Abgeordnete damit gedroht, gegen das Gesetz zu stimmen, weil sie es als zu lax empfanden. Der Gesetzentwurf geht nun an das britische Oberhaus, wo erneut heftige Diskussionen erwartet werden. Für Sunak steht viel auf dem Spiel. Er hat das "Stoppen der Boote" zu einer seiner fünf obersten Prioritäten gemacht, nachdem er im Oktober 2022 Premierminister in London geworden war.

Blick in die Sitzung des britischen Unterhauses zum Asylgesetz am 17. Januar 2024
Die britischen Unterhaus-Abgeordneten nahmen das Asylgesetz mit 320 zu 276 Stimmen an Bild: House of Commons/UK Parliament//PA Wire/empics/picture alliance

Im Kern geht es darum, Migranten davon abzuschrecken, in Booten von Frankreich aus über den Ärmelkanal nach Großbritannien zu kommen. Dazu sollen irregulär eingereiste Migranten ohne Prüfung ihres Asylantrags und ungeachtet ihrer Herkunft nach Ruanda geschickt werden. Sie sollen dann in dem mehr als 6400 Kilometer entfernten ostafrikanischen Staat, dem Kritiker Menschenrechtsverletzungen vorwerfen, um Asyl bitten. Eine Rückkehr nach Großbritannien ist ihnen verboten. Dazu soll Ruanda qua Gesetz zum sicheren Drittland erklärt werden. Eine weitere richterliche Überprüfung unter Berufung auf Menschenrechte in Großbritannien soll ausgeschlossen werden.

140 Millionen Pfund für Ruanda

Die britische Regierung hatte dazu erst Anfang Dezember einen neuen Vertrag mit Ruanda unterzeichnet. Im Gegenzug hat dieses Land eine erste Zahlung von 140 Millionen Pfund (umgerechnet rund 163 Millionen Euro) erhalten - und das Versprechen, dass die britische Regierung weiteres Geld für die Unterbringung und Versorgung der abgeschobenen Personen bereitstellt.

Flüchtlinge werden von einem Rettungsboot nach Dungeness in der englischen Grafschaft Kent gebracht
Flüchtlinge werden von einem Rettungsboot nach Dungeness in der englischen Grafschaft Kent gebracht (Foto von August 2023) Bild: Jordan Pettitt/PA Wire/empics/picture alliance

Der Oberste Gerichtshof des Vereinigten Königreichs hatte zuvor über einen früheren Vertrag geurteilt, dass dieser gegen internationale Menschenrechtsgesetze verstößt. Die Regierung blieb aber zuversichtlich, ein Abkommen abschließen zu können, das die Bedenken des Gerichts aufgreift. Ruanda darf nun nach dem neuen Gesetz keine Asylbewerber in ein Land abschieben, in dem ihr Leben oder ihre Freiheit bedroht sind. Außerdem soll es einen Kontrollausschuss für Beschwerden sowie eine neue Berufungsinstanz gegen Abschiebungen geben.

UNHCR: Verletzung der Genfer Flüchtlingskonvention

Das Vorhaben der Regierung Sunak stößt dennoch weiterhin auf massive Kritik von Menschenrechtsorganisationen wie auch des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR). Sie sehen darin eine Verletzung internationaler Vereinbarungen, darunter auch der Genfer Flüchtlingskonvention. Dass die Regierung sich per Gesetz über Gerichte stellen will, verstoße zudem gegen die Gewaltenteilung. Auch britische Menschenrechtsgesetze würden mit dem neuen Gesetz ignoriert und umgangen, hieß es weiter.

sti/AR (afp, dpa, rtr, epd)