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Bizarre Klage gegen die GTZ im Kongo

21. September 2010

In der Demokratischen Republik Kongo hat sich ein Holzhändler mit Richtern verbündet und mit einer abenteuerlichen Begründung die deutsche Entwicklungsagentur GTZ verklagt. Mittlerweile wurden alle GTZ-Konten gepfändet.

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Dirk Niebel (Bild: dpa)
Entwicklungsminister Dirk Niebel 2010 im KongoBild: picture-alliance/ dpa

16 Jahre hat Salua Nour in der Demokratischen Republik Kongo gearbeitet, zuletzt als Leiterin des Büros der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Kinshasa. Dass der Fall von Tabura Kashali noch mal so große Wellen schlagen würde, hätte sie sich nie träumen lassen. Kashali ist Holzhändler in der ostkongolesischen Stadt Goma und sollte vor 16 Jahren im Auftrag der GTZ Holz für ein Nothilfeprojekt liefern. Doch das Holz wurde nie geliefert, erinnert sich Nour. Der Händler behauptete, es sei gestohlen worden, forderte aber trotzdem Geld von der GTZ, um seine Lieferanten zu bezahlen. Weil sich die deutsche Entwicklungsorganisation weigerte zu zahlen, hat sich Kashali bis vor das Oberste Gericht geklagt und ist dort gescheitert. Immerhin bezahlte ihm die kongolesische Regierung eine Abfindung. Doch das reichte dem Geschäftsmann nicht. Er versuchte es einfach noch mal bei einer niedrigeren Instanz, was juristisch gesehen illegal ist. Der offensichtlich gewinnbeteiligte Richter entschied nun für den Holzhändler und sprach ihm plötzlich eine viertel Million Dollar zu.

"Das ist eine Beleidigung für die Helfer"

René Ngongo (Bild: dw)
René NgongoBild: DW

"Das ist eine üble Überraschung, wegen dieser dummen Entscheidung die Gelder zu blockieren", beklagt sich der Umweltaktivist René Ngongo aus Goma und nimmt die deutsche Entwicklungsorganisation in Schutz. "Die GTZ war sogar während des Krieges hier, als keine andere Organisation geblieben ist. Wenn man das vergisst gefährdet man nicht nur die Zusammenarbeit mit Deutschland, sondern auch mit anderen Ländern, die das als Beleidigung betrachten."

In der Kongolesischen Öffentlichkeit blieb der Fall bisher weitgehend unbeachtet. Der deutsche Entwicklungsminister Dirk Niebel zeigte sich allerdings empört. Denn nicht nur der Holzhändler nutzt das konfuse Rechtssystem, sondern auch die Nichtregierungsorganisation ICGP, ein ehemaliger Partner der Deutschen. Nachdem die GTZ die Zusammenarbeit mit der Organisation beendete, wurden die Deutschen auf eine Zahlung von fast einer Million Dollar verklagt.

Insgesamt geht es also um einen Streitwert von knapp 1,5 Millionen Dollar. Deshalb haben die Richter angewiesen, alle Konten der GTZ zu pfänden. Die Entwicklungsorganisation habe sich laut Sprecherin Anja Tomic nichts vorzuwerfen. Dirk Niebel sieht das ähnlich: "Die Situation ist schlichtweg inakzeptabel. Es ist ausdrücklich unser Ziel und unsere Aufgabe dafür zu sorgen, dass Steuergelder nicht fehlgeleitet werden. Die gehören nicht in die Taschen von irgendwelchen obskuren Holzhändlern, sondern sie gehören in die Projekte zur Verbesserung der Lebenssituation der Menschen im Kongo."

Niebel droht der Regierung

Urwald Kongo (Bild: dpa)
Kongos Urwald: Hier arbeitet die GTZBild: picture-alliance/dpa

Als Niebel von dem Fall hörte, drohte er sofort, die anstehenden Regierungsverhandlungen mit dem Kongo über die Entwicklungshilfe auszusetzen. Salua Nour, die die GTZ vor einem Jahr verlassen hat und mittlerweile an der Freien Universität Berlin lehrt, warnt davor, die Kongolesen in Sippenhaft zu nehmen. Es gehe in diesem Falle nur um drei Betrüger und ein marodes Rechtssystem und nicht um die Entwicklungszusammenarbeit, die ihrer Meinung nach notwendige Arbeit in der gesamten Region leistet. "Die Kongolesen leiden unter diesem Justizwesen genauso stark wie die GTZ. Da kann man nicht hingehen und sagen: Das ist die Schuld der Kongolesen! Die sind dem ausgeliefert", sagt Nour und fordert mehr Entwicklungshilfegelder zur Reform des Justizwesens und Korruptionsbekämpfung.

Im Moment setzen GTZ und Entwicklungsministerium vorerst alle Anstrengungen darauf, die Kontenpfändung rückgängig zu machen. Sieben kongolesische Minister sind laut Dirk Niebel an der Problemlösung beteiligt. Niebel hat auch einen Brief an den Staatschef Joseph Kabila geschrieben. Auf eine Antwort wartet er noch.

Autor: Adrian Kriesch

Redaktion: Christine Harjes