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Bildergeschichten: Auf in den Kampf?

Tillmann Bendikowski14. Juli 2014

Wir stellen jede Woche ein Bild vor und erzählen seine Geschichte. Diesmal gehen wir zurück in das Jahr 1914: Auch Joachim Ringelnatz meldet sich an die Front.

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Joachim Ringelnatz
Bild: Ullstein

Joachim Ringelnatz hat den Ersten Weltkrieg überlebt. Als Schriftsteller, Kabarettist und Maler hat er sich längst einen Namen gemacht, als 1930 dieses Bild von ihm an der Staffelei entsteht. 16 Jahre sind vergangen, seitdem er für Kaiser und Vaterland in den Krieg gezogen ist. Ob er es noch einmal machen würde? Vermutlich nicht, aber damals – im Sommer 1914 – konnte es der 30-Jährige kaum erwarten, beim Kampf dabei zu sein. Er hatte seinen Militärdienst einst bei der Marine geleistet und wird bereits am 2. August 1914 einberufen. Er geht gern: "Ich dachte an Kriegsromantik und Heldentod, und meine Brust war bis an den Rand mit Begeisterung und Abenteuerlust gefüllt."

In diesen Tagen ziehen nicht nur jene Männer in den Krieg, die als Reservisten mobilisiert werden. Auch solche ohne militärische Ausbildung melden sich jetzt bei den Rekrutierungsbehörden. Viele tun dies in einen patriotischen Taumel, andere geben eher dem enormen psychischen Druck nach, den etwa Professoren, Lehrer oder Mitschüler ausüben. Gymnasiasten und Studenten sind unter den Freiwilligen überproportional vertreten. Arbeiter melden sich in größerem Umfang erst nach einigen Wochen, als die einsetzende Massenarbeitslosigkeit den Kriegsdienst als soziale Absicherung attraktiv macht.

Joachim Ringelnatz erwartet damals viel vom Krieg: Kurz und siegreich soll er selbstverständlich sein (diese Hoffnung haben alle Deutschen), und er will selbst in den Kampf ziehen und Schlachten bestehen. Dazu hat er sich allerdings die falsche Waffengattung ausgesucht, denn die deutsche Marine verbringt nach anfänglichen Gefechten den Krieg weitgehend in den Heimathäfen. Es wird nicht gekämpft. "Ich bin dazu verurteilt, fern vom Kampf Wurstpakete aufzuzehren und aus den Zeitungen den Gang der Dinge zu verfolgen", schreibt der Dichter enttäuscht an seine Schwester.

Joachim Ringelnatz richtet sogar ein Gesuch an den Kaiser persönlich, möglichst irgendwo im Kampf eingesetzt zu werden – vergebens. Er steigt zwar im Laufe der Jahre zum Kommandant einen Minensuchbootes auf – aber beendet im November 1918 seinen Kriegsdienst, ohne an einer Schlacht teilgenommen zu haben. Wieder daheim in München, nimmt er sein Testament in die Hand, das er vier Jahre zuvor bei seiner Einberufung verfasst hat. Jetzt muss er weinen: "Weil niemand zu mir gesagt hat: Willkommen nach dem Kriege in der Heimat."