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Berlin erwartet keinen Transit-Stopp

Bernd Gräßler11. August 2014

Sollte die ukrainische Regierung den Transit von russischem Öl und Gas tatsächlich unterbinden, würde das auch Deutschland treffen. Doch in Berlin gibt man sich gelassen.

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Symbolbild Russland Ukraine Gas Pipeline
Bild: Reuters

Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Ukraine die von Ministerpräsident Arseni Jazenjuk angekündigte Unterbrechung des Transits von russischem Erdöl und Erdgas nach Europa nicht umsetzen wird. Das erklärte Merkels Sprecher Steffen Seibert in der Regierungspressekonferenz in Berlin. Er ließ offen, worauf sich seine Gewissheit stützt. Hinter den Kulissen allerdings gibt es einen regen Informationsaustausch zwischen Kiew und Berlin. So telefonierte Kanzlerin Angela Merkel am Wochenende erneut mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko.

In Kiew soll das Parlament am Dienstag über ein Gesetz abstimmen, das Sanktionen unter anderem gegen russische Unternehmen verhängt. Dies könnte einen kompletten Transitstopp von Erdöl und Erdgas zur Folge haben. Die Ukraine ist das wichtigste Land für den Transport von russischen Rohstoffen Richtung Westeuropa, die Hälfte der russischen Gaslieferungen in den Westen läuft über dieses Land.

Der ukrainische Netzbetreiber Naftogaz kündigte bereits an, trotz Sanktionen seiner Regierung gegen Russland weiter Gas nach Europa durchzuleiten. "Naftogaz bekräftigt seine Bereitschaft, den reibungslosen Transport von Erdgas zu den europäischen Verbrauchern fortzuführen", sagte Firmenchef Andrej Kobolew. Von der ukrainischen Regierung war zu dem Thema zunächst nichts zu hören.

Sollte es zu einem Transitstopp kommen, wäre Deutschland zunächst gut gerüstet. Die 51 deutschen Gasspeicher sind derzeit zu 84 Prozent gefüllt, wie aus einer Übersicht europäischer Behörden hervorgeht. Dies würde für mehrere Monate reichen. Deutschland verfügt mit einer Kapazität von etwa 23 Milliarden Kubikmetern über die weltweit größten Speichermöglichkeiten.

Deutschland zu Hilfslieferungen bereit

In ihrem jüngsten Telefongespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko habe Kanzlerin Merkel ihre Besorgnis über die Verschlechterung der humanitären Lage in der Ostukraine ausgedrückt. Sie habe ihre Erwartung geäußert, dass "bei allen Maßnahmen in und um Donezk" die Bevölkerung geschützt und die Verhältnismäßigkeit gewahrt werde, erklärte Regierungssprecher Seibert. Donezk, eine Hochburg der Separatisten, wird von der ukrainischen Armee nach Augenzeugenberichten mit schwerer Artillerie beschossen.

Von der russischen Seite erwartet Berlin weiterhin, dass der Zustrom von Waffen und Kämpfern über die Grenze zur Ukraine unterbunden wird. Russische Hilfsgüter dürften nur mit ausdrücklicher Zustimmung der ukrainischen Regierung ins Land gelangen. Nicht abgestimmte Konvois in umkämpftes Gebiet hätte "großes Eskalationspotential" sagte Seibert. Hilfslieferungen sollten unter Führung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) oder anderer internationaler Organisationen koordiniert werden. Dann sei auch Deutschland bereit, sich an solchen Konvois zu beteiligen.

Moskau lenkte in dieser Frage unterdessen ein. Russland werde nur dann einen Konvoi mit Hilfsgütern in die Ostukraine schicken, wenn alle Beteiligten zustimmen, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow in Sotschi, dem Urlaubsort von Präsident Wladimir Putin.

beg/stu (Reg.-Pk,dpa,rtr)