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Bankenrettung trifft Zypern hart

Manuel Özcerkes25. März 2013

Nach der Einigung auf ein Rettungspaket für den Inselstaat sehen sich die Zyprer als Verlierer der Krise. Dabei sind die wirtschaftlichen Folgen der Vermögensabgabe noch lange nicht absehbar.

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Ein Mann bei einem Protestzug vor dem Parlament in Nikosia schaut traurig auf den Boden. (Foto: Getty Images)
Zypern BankenkriseBild: AFP/Getty Images

Der Hotelier muss gar nichts sagen. Seine geröteten Augen verraten, was er in der Nacht der Einigung durchgemacht hat. Mit einem Schlag hat der Geschäftsmann offenbar viel Geld verloren. Der Griff auf die Bankkonten derer, die mehr als 100.000 Euro gespart haben, trifft ihn hart. Seinen Namen möchte er lieber nicht nennen - es ist ihm unangenehm.

Der Hotelier ist fast im Rentenalter, besitzt einen kleinen Supermarkt und handelt nebenbei mit Grundstücken, ein typischer Kleinunternehmer auf Zypern. Wer Geschäfte macht, hat viel Geld auf dem Konto. Ware muss bezahlt, Umsätze müssen gebucht werden. Außerdem müssen viele für einen Dispokredit einen bestimmten Betrag auf dem Konto hinterlegen. Wer Pech hat, wie etwa der Hotelbesitzer, dem wird davon jetzt ein großer Teil weggenommen.

Tiefer Fall

Geld ist ein Schmiermittel für die Wirtschaft, das gilt ganz besonders für die Betriebe auf der Mittelmeerinsel. "Wenn wir das den Unternehmern teilweise wegnehmen, dann sind die Folgen nicht abzusehen", sagt Postas Apostolides, ein angesehener Ökonom auf Zypern. Er ist aufgebracht, als wir uns am Morgen nach der Einigung im Hotel treffen. "Soll ich freundlich sein? Oder soll ich sagen, was ich wirklich von der deutschen Regierung halte?", fragt Apostolides. "Die Regierung und Angela Merkel haben längst gewusst, welche Probleme hier schlummern", sagt er. "Es war auch in deren Verantwortung, frühzeitig gegenzusteuern. Aber von Deutschland aus gesehen ist Zypern ja nur eine kleine Mittelmeerinsel." Auf Zypern sehen die Menschen das natürlich ganz anders, für sie ist die Insel ein bis vor wenigen Jahren erfolgreiches Land, das durch die Einigung wieder weit zurückgeworfen wurde.

Protestzug in Nikosia (Foto: Getty Images)
Bis zur Entscheidung gab es heftige ProtesteBild: AFP/Getty Images

Tatsächlich wurde Zypern früher einmal als "die Schweiz des Mittelmeeres" bezeichnet. Jahr für Jahr wuchs die Wirtschaft kräftig, es gab kaum Arbeitslose. Das ist jetzt anders: Seit der Krise dümpelt die Wirtschaft vor sich hin, die Arbeitslosenrate hat sich in der Zeit verdreifacht. Nach den Beschlüssen vom vergangenen Wochenende wird das wohl noch länger so gehen, sagen die Ökonomen voraus.

Die Rente liegt auf dem Konto

Es wundert viele in Europa, dass die Zahl der Menschen mit mehr als 100.000 Euro so hoch ist. Es ist aber kein Reichtum, der auf den Konten schlummert, sondern es ist die Altersabsicherung. Viele haben keine Rentenversicherung und sparen daher für sich und vielleicht auch noch für die Kinder. Aber diese Form der Rente hat sich mit dem Wochenende für manche erledigt. So wie für Chrysanthos Trokkoudes. "Immerhin gibt es jetzt eine Entscheidung", sagt der 71-Jährige Kaufmann, der in der Altstadt von Nikosia ein Porzellangeschäft betreibt. Er würde bald gerne in den Ruhestand gehen. Aber er wird wohl länger als geplant in seinem Geschäft sitzen.

Trotz alledem ist der Montag nach der Einigung auf die Vermögensabgabe auch ein Freudentag. Es ist ausgerechnet der Nationalfeiertag, an dem viele Zyprer auf die Straße gehen. Ein Festumzug mit Marschmusik zieht quer durch die Hauptstadt. Anschließend gibt es ein Festessen mit der Familie. Eine Besucherin, die mit Ehemann und Tochter auf den Umzug gekommen ist, gibt lächelnd preis, dass auch sie einen großen Geldbetrag verloren hat: "Es ist ein Problem, ja natürlich ist das für jeden hier ein Problem. Aber damit helfen wir unserem Land," erklärt sie. "Wir müssen unserem Land helfen." So wie sie sehen es viele Zyprer. Sie wollen einen Neuanfang und hoffen, dass die Krise in einigen Jahren Geschichte ist.

Umzug zum Nationalfeiertag in Nikosia. (Foto: RIA Novosti)
Ein wenig Leichtigkeit: Umzug am Nationalfeiertag in ZypernBild: picture-alliance/dpa