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Nordkoreas Reaktion auf die Sanktionen

Esther Felden23. Januar 2013

Die Antwort aus Pjöngjang war deutlich: Mit Drohungen reagierte das Regime auf die Verschärfung der UN-Sanktionen. Nordkorea-Experte Eric Ballbach erklärt, warum das Land sich davon nicht beeindrucken lässt.

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North Korean soldiers stands in front of the country's Unha-3 rocket, slated for liftoff between April 12-16, at Sohae Satellite Station in Tongchang-ri, North Korea on Sunday April 8, 2012. North Korean space officials have moved a long-range rocket into position for this week's controversial satellite launch, vowing Sunday to push ahead with their plans in defiance of international warnings against violating a ban on missile activity. (Foto:David Guttenfelder/AP/dapd)
Nordkorea Vorbereitung auf den dritten AtomwaffentestBild: dapd

Wie stark wird Nordkorea von dem jüngsten Sanktionsbeschluss getroffen?

Der Sanktionsentschluss erfolgte nach sehr langen Verhandlungen insbesondere zwischen China und USA, die sich nach dem Raketentest von Dezember 2012 sehr lange nicht auf einen Wortlaut einigen konnten. China ist ja häufig reserviert gegenüber derartigen Sanktionen, weil es als Verbündeter Nordkoreas einige politische Interessen an einem stabilen Nordkorea hat. Die aktuellen Sanktionen sind ja auch sehr abgeschwächt. Es trifft sechs Unternehmen und vier Einzelpersonen, die in konkretem Zusammenhang mit dem Raketentest vom vergangenen Monat stehen. Es ist eine leichte Verschärfung bestehender Sanktionen.

Es würde mich wundern, wenn diese Maßnahme Nordkorea jetzt nachhaltig träfe. Sanktionen gegen Nordkorea bestehen schon seit den 50er Jahren, und man hat dort gelernt, damit zu leben. Die Maßnahmen sind konkret als Reaktion auf den erwähnten Raketentest zugeschnitten, man hofft also schon, etwas Sand ins Getriebe zu streuen und den Prozess (der nordkoreanischen Raketenrüstung) etwas zu verlangsamen, aber  wirklich aushebeln werden diese Sanktionen die nordkoreanischen Rüstungspläne nicht.

Wie ist das Verhalten Chinas als traditioneller Verbündeter Nordkoreas bei dem jüngsten Sanktionsbeschluss zu sehen?

Die Zustimmung Chinas zu dem jüngsten Sanktionsbeschluss ist natürlich für Nordkorea sehr ärgerlich. Das "Ja" Chinas kam allerdings erst nach längeren Verhandlungen. Außerdem gab es im vergangnen Sommer Vorwürfe und Aufruhr in der internationalen Gemeinschaft, nachdem sich Hinweise verdichtet hatten, dass China bestehende Sanktionen gegen Nordkorea ausgehebelt und nicht eingehalten hatte. Das könnte zusätzlichen Druck auf China aufgebaut haben, diesen eher symbolischen Sanktionen zuzustimmen.

China ist sicherlich einer der wenigen Staaten mit einem gewissen Einfluss auf Nordkorea. Jedoch zeigt sich auch mit diesem Beschluss letzten Endes, dass China nicht bereit ist, seinen Einfluss politisch in die Waagschale zu werfen. Dafür ist Nordkorea für China in mehrerlei Hinsicht zu wichtig. Und aus nordkoreanischer Sicht ist China auch kein lupenreiner Verbündeter mehr. China ist natürlich für Nordkorea vor allem ökonomisch enorm wichtig. Aber gleichzeitig verdeutlicht das Fortschreiten des Nuklearprogramms, dass man in Nordkorea auch diesem Verbündeten etwas skeptisch gegenübersteht. Es gibt ein Konzept in Nordkorea, in dem praktisch jeglicher Einfluss von außen als negativ bezeichnet wird. Und das gilt letztlich auch für China.

eric j. ballbach, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Koreastudien der Freien Universität Berlin. Copyright: Eric J. Ballbach zugeliefert von: E. Felden/DW Asien
Eric J. Ballbach vom Institut für Koreastudien an der FU BerlinBild: Eric J. Ballbach

Hat Sie die deutliche Antwort aus Pjöngjang überrascht, dass man die "nukleare Abschreckung verstärken" und keine weiteren internationalen Atomgespräche führen werde? Immerhin kamen ja zuletzt auch scheinbar versöhnlichere Töne aus Nordkorea – zum Beispiel die Neujahrsansprache von Kim Jong Un?

Nein, das hat mich im Grunde nicht überrascht, weil man diese beiden Prozesse trennen muss. Einmal handelt es sich um einen ökonomischen Prozess, an dem für Kim Jong Un und sein Regime sicher auch Legitimationsfragen hängen. Das bedeutet, dass man sich erhofft, über wirtschaftlichen Fortschritt die eigene Legitimation zu stärken. Gleichwohl spielt aber andererseits das Militär in Nordkorea nach wie vor die wichtigste Rolle – daran hat auch der Amtswechsel zu Kim Jong Un nichts geändert. Letzten Endes wird eine Entweder-oder-Entscheidung immer zugunsten des Militärs ausgehen. Diese beiden Prozesse, der wirtschaftliche und der militärische Aufbau, widersprechen sich aus nordkoreanischer Perspektive nicht unbedingt.

Auch im Süden gibt es mit der künftigen Präsidentin Park Geun-Hye eine neue Person an der Spitze. Mit ihr verband sich ein gewisser Optimismus, dass sich das Verhältnis zwischen Nord und Süd wieder verbessern könnte. Wie sehr ist dieser erhoffte Neuanfang der innerkoreanischen Beziehungen durch die jüngsten Entwicklungen gefährdet?

Das wird ganz davon abhängen, welche strategischen Entscheidungen die neue Regierung in Südkorea treffen wird. Wird sie sicherheitspolitische Fragen von anderen Themen der innerkoreanischen Beziehungen - wie zum Beispiel Wirtschaftskooperationen, kulturelle Kooperationen oder humanitären Austausch - abkoppeln? Wenn die Park-Administration wie die scheidende Lee-Myung-Bak-Regierung alle Bereiche von den sicherheitspolitischen Beziehungen determinieren lässt, dann wird sie sicher auch sonstigen innerkoreanischen Kooperationen skeptisch gegenüberstehen.

Die beiden Vorgängerregierung Lee Myung-Baks unter den Präsidenten Roh Moo-Hyun und Kim Dae-Jung hatten dagegen die strategische Entscheidung getroffen, sicherheitspolitische Fragen zu entkoppeln und die innerkoreanischen Beziehungen auch dann weiter zu fördern, wenn es in sicherheitspolitischen Fragen Rückschlage gab. Insofern wird jetzt vieles davon abhängen, für welche Linie die neue Regierung von Frau Park sich entscheiden wird. Wenn sie die innerkoreanischen Beziehungen von den sicherheitspolitischen Beziehungen abhängig macht, ist kein wesentlicher Fortschritt zu erwarten. Andernfalls ist es durchaus möglich, dass es besonders in unpolitischen Bereichen zu Kooperationen kommen könnte.

Eric J. Ballbach ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Korea-Studien an der Freien Universität Berlin.