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Reise ins Ungewisse

Eugen Theise / Natalia Sokolovska10. Dezember 2013

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton will in Kiew bei der Lösung der politischen Krise helfen. Experten hoffen, dass so ein gewaltsames Vorgehen gegen die Demonstranten vermieden werden kann.

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Portrait von Catherine Ashton (Foto: REUTERS/Shamil Zhumatov)
Bild: Reuters

Offiziell heißt es von der EU-Kommission, Catherine Ashton wolle in der Ukraine bei der Suche nach Wegen aus der politischen Krise helfen. Ashtons Besuch in Kiew erinnert an die Ereignisse von 2004, als ihr Vorgänger Javier Solana während der "Orangefarbenen Revolution" an Gesprächen des Runden Tisches in Kiew teilgenommen hatte.

Damals wurde nicht zuletzt dank der Beteiligung von Vermittlern ein friedlicher Ausweg aus der Konfrontation gefunden. Doch welche Rolle könnte die Europäische Union heute spielen, wo wieder Hunderttausende auf Kiews Straßen gehen und demokratische Veränderungen fordern?

EU macht sich ein Bild von der Lage

Susan Stewart von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik erwartet nicht zu viel von Ashtons Besuch. "Es geht eher darum, dass Frau Ashton sich ein besseres Bild von der Lage macht – von den Positionen der unterschiedlichen Akteure", sagte die Expertin gegenüber der Deutschen Welle. Zudem könnte Ashton vielleicht die Bereitschaft bei einigen Akteuren erhöhen, sich auf eine Vermittlung oder Unterstützung aus dem Ausland einzulassen. Selbst die Tatsache, dass eine hochrangige EU-Politikerin das Land besuche, sei schon wichtig.

Catherine Ashton mit dem ukrainischen Oppositionspolitiker Arseny Yatsenyuk (Foto: REUTERS/Alexander Demianchuk)
Catherine Ashton mit dem ukrainischen Oppositionspolitiker Arseny YatsenyukBild: Reuters

Dass die Europäische Union, wie es schon früher der Fall war, die entscheidende Rolle bei der Beilegung des Konfliktes spielen könnte, glaubt Hrant Kostanyan vom Zentrum für Europäische Studien (CEPS). "Ziel des Besuchs ist, eine Eskalation und Gewalt gegen friedliche Demonstranten zu vermeiden und an die Bereitschaft der EU zu erinnern, das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine zu unterzeichnen", sagte er der DW.

EU-Vertreter als Vermittler erwünscht?

Auch der Präsident der Ukraine Viktor Janukowitsch deutet nach langem Schweigen an, eine friedliche Lösung der Krise finden zu wollen. Er sei bereit, sich an einem "nationalen Runden Tisch" zu beteiligen. Die Idee, auf diesem Weg einen Kompromiss zu suchen, stammt vom ehemaligen ukrainischen Präsidenten Leonid Krawtschuk. Ob Janukowitsch an dem Tisch auch Plätze für Vertreter der EU freihält, ist bislang offen. Seine Berater hatten sich bis zuletzt gegen internationale Vermittler ausgesprochen.

Ukraine Demonstranten in Kiev (Foto: Andrey Stenin/RIA Novosti)
Konfrontation zwischen Staatsmacht und Opposition auf den Straßen KiewsBild: picture-alliance/dpa

Der ukrainische Politologe Oleksij Haran hofft, dass Ashtons Besuch helfen wird, das schlimmste Szenario zu vermeiden: ein gewaltsames Vorgehen gegen die Demonstranten auf dem "Maidan", dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew. Die Rolle der EU sieht er allerdings skeptisch. "In letzter Zeit haben wir von Politikern aus der ganzen zivilisierten Welt sehr viele Erklärungen vernommen und viele symbolische Gesten gesehen", sagte der Professor der Kiewer Mohyla-Universität. Mehrere Außenamtschefs hätten während des OSZE-Außenministertreffens in Kiew den "Maidan" besucht. "Aber das Wichtigste haben wir nicht gehört: Dass Sanktionen gezielt gegen diejenigen verhängt werden, die in der Ukraine Menschenrechte verletzten, Journalisten verprügeln und Gewalt provozieren", kritisierte Haran.

Sanktionen und Untersuchungen gefordert

Sanktionen wie EU-Einreiseverbote oder das Einfrieren von Bankkonten könnten in erster Linie gegen den ukrainischen Innenminister Vitalij Zachartschenko, Generalstaatsanwalt Viktor Pschonka und eine Reihe weiterer Beamte verhängt werden, die die Rechte friedlicher Demonstranten verletzt hätten. "Wir wollen sehen, das Europa etwas unternimmt, um uns zu unterstützen", so Haran. Er betont, dass die ukrainischen Machthaber Druck seitens der EU fürchten würden.

Der ukrainische Politologe Oleksij Haran (Foto: Oleksij Haran)
Oleksij Haran befürwortet EU-Sanktionen gegen bestimmte ukrainische StaatsvertreterBild: Olexij Haran

Die EU-Länder sollten bereit sein, Sanktionen gegen bestimmte ukrainische Staatsvertreter zu verhängen, findet Hrant Kostanyan. Schon jetzt fordere die EU eine Untersuchung der Ereignisse in der Ukraine. "Diese Frage hat für die EU Priorität", sagte Kostanyan.

Auch die Demonstranten auf dem Kiewer Unabhängigkeitsplatz fordern diese Untersuchungen. Die Vertreter der oppositionellen Parteien verlangen von der Regierung, die Verantwortlichen für den gewaltsamen Einsatz gegen friedliche Demonstranten am 30. November zur Verantwortung zu ziehen. Auch verlangen sie, die am 1. Dezember bei Ausschreitungen vor dem Präsidialamt verhafteten Aktivisten freizulassen.

Gespräche könnten auch scheitern

Susan Stewart findet, dass gerade die EU die entscheidende Rolle bei der Suche einer friedlichen Lösung der politischen Krise spielen könnte. Doch sie schließt nicht aus, dass bei den Gesprächen nichts herauskommt. "Die Seiten könnten sich noch mehr von einander entfremden", so Steward. Die Staatsführung könnte auch versuchen, ihre Macht auszunutzen, um die Opposition oder die Protestierenden möglichst auszuschalten, warnt die Berliner Expertin.

Gespräche über mögliche Sanktionen gegen ukrainische Staatsvertreter stünden jedoch nicht auf der Tagesordnung von Ashtons Besuch in Kiew. Dies könnte sich aber ändern, wenn sich die ukrainische Regierung weigert, die Krise im Land friedlich zu lösen, glaubt Steward.