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Amnestie für Demonstranten

30. Januar 2014

In Abwesenheit der Opposition hat das Parlament der Ukraine ein Amnestiegesetz für Demonstranten beschlossen, die bei den Proteste festgenommen worden waren. Bundeskanzlerin Merkel schaltet sich in Krisendiplomatie ein.

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Camp der Regierungsgegner auf dem Maidan-Platz in Kiew (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Das Amnestiegesetz wurde vom Regierungslager um die "Partei der Regionen" des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch im Alleingang beschlossen. Weil die Straffreiheit an die Bedingung geknüpft ist, dass die Demonstranten besetzte Straßen und Regierungsgebäude räumen, blieben die Abgeordnete der Opposition der Abstimmung fern.

Von 416 anwesenden Abgeordneten im Parlament stimmte nach stundenlanger Debatte 232 Abgeordnete für das Gesetz, elf votierten dagegen. Bei den Demonstrationen gegen die russlandfreundliche Politik Janukowitschs waren mehr als 100 Menschen festgenommen worden.

Opposition kritisiert Entscheidung

Oppositionsführer Klitschko (M.) im Parlament (Foto: Reuters)
Oppositionsführer Klitschko (M.) im ParlamentBild: Reuters

Der Oppositionsführer Vitali Klitschko kritisierte, der Beschluss der Parlamentsmehrheit werde nicht zur Beruhigung in der Bevölkerung beitragen. " Die Opposition bleibt auf ihrem Posten", kündigte der ehemalige Boxweltemeister an. Als Zeichen des "guten Willens" hatten noch vor der Abstimmung radikale Regierungsgegner die Besetzung des Agrarministeriums in Kiew beendet. Dabei kam es zu Handgreiflichkeiten zwischen Aktivisten der Bewegung "Spilna sprawa" (Gemeinsame Sache) und anderen Demonstranten.

Teile der Opposition betonten, zumindest der Unabhängigkeitsplatz (Maidan) und das Gewerkschaftshaus in Kiew müssten weiter besetzt bleiben. Die Orte gelten als wichtige Schaltzentralen der Demonstranten. Am Dienstag war Janukowitsch der Opposition in zentralen Forderungen entgegengekommen: Regierungschef Mikola Asarow trat zurück und das Parlament hob die Verschärfung des Demonstrationsrechts auf.

Die Europäische Union setzt derweil ihre Vermittlungsbemühungen in dem Machtkampf in der ehemaligen Sowjetrepublik fort. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton kam in Kiew mit Janukowitsch zusammen. Dabei forderte sie "ein Ende von Gewalt und Einschüchterung". Die Zusammenarbeit zwischen Regierung und proeuropäischer Opposition, die "von Zeit zu Zeit" bereits stattgefunden habe, müsse zu einem "wirklichen Dialog" werden. Die Chefdiplomatin der EU schloss auch Sanktionen gegen die prorussische Führung in Kiew nicht aus. "Man muss alle Varianten von Sanktionen, über die wir verfügen, sehr sorgfältig prüfen", sagte Ashton.

Appell Merkels

In die Krisendiplomatie schaltete sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ein. In einem Telefonat mit Janukowitsch begrüßte sie nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert den begonnenen Dialog mit der Opposition und die Aufhebung der Gesetze zur Einschränkung der Demonstrationsfreiheit. Es dürfe nicht erneut zu Gewalt kommen. Bürgerrechte müssten geschützt und ein demokratischer Ausweg aus der Krise gefunden werden, betonte Merkel. Die EU und Deutschland seien bereit, dabei Hilfe zu leisten.

In einem weiteren Telefonat forderte die Bundeskanzlerin den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf, zur Konfliktlösung in der Ukraine beizutragen. Wie Regierungssprecher Seibert mitteilte, appellierte Merkel an Putin, für einen konstruktiven Dialog zwischen Regierung und Opposition in Kiew zu werben.

Russland: Vorerst kein Geld mehr

Die Proteste gegen die ukrainische Regierung hatten im November begonnen, als Janukowitsch die Unterzeichnung eines bereits ausgehandelten Abkommens mit der EU ablehnte. Stattdessen handelte er mit Russland ein milliardenschwere Hilfspaket für sein wirtschaftlich angeschlagenes Land aus. Drei Milliarden des 15-Milliarden-Dollar-Kredits hat Moskau bereits überwiesen. Weitere Zahlungen wird vorerst offenbar nicht geben. Erst müsse die Entwicklung des Machtkampfs im Nachbarland klar sein, sagte der russische Regierungschef Dmitri Medwedew bei einem Treffen mit Putin. Der Präsident selbst betonte, Moskau werde seine Zusagen einhalten. Er stimme Medwedew aber zu, dass Russland erst wissen müsse, "welche Wirtschaftspolitik die neue Regierung verfolgt, wer in ihr sitzen wird und welches ihre Prinzipien sein werden".

wl/re (dpa, afp, rtr)