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De Gucht: Noch viele Herausforderungen

Gero Schließ, Washington19. Februar 2014

Im März gehen die Verhandlungen über eine transatlantische Freihandelszone in die entscheidende Phase. In Washington erläutert EU-Handelskommissar Karel De Gucht seine Strategie im DW-Interview.

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EU-Handelskommissar De Gucht (Archivfoto: picture-alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

DW: Was sind die Ergebnisse Ihrer Gespräche hier in Washington?

Karel de Gucht: Wir haben eine politische Bestandsaufnahme gemacht. Nach drei Verhandlungsrunden ist es das erste Mal, dass wir aus politischer Sicht auf die Verhandlungen schauen und identifizieren, was die echten Herausforderungen sind, wie wir sie angehen sollten und wieviel Ehrgeiz wir darin setzen sollten. Es ist wichtig, die nächsten Verhandlungsrunden zu steuern. Wir haben drei von heute aus gesehen bis zum September. Dann werden wir die nächste Bestandsaufnahme haben. Insgesamt geht es darum, die Diskussionen auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Wo sehen Sie die echten Herausforderungen?

In allen Gebieten der Verhandlungen stecken noch echte Herausforderungen: Bei den Einfuhrzöllen, bei den Dienstleistungen, den öffentlichen Aufträgen, also den klassischen Themen des Marktzugangs. Ebenso bei den Regeln, die wir brauchen. Es sind sehr breite Verhandlungen. Es geht darum, die beiden Märkte mehr und mehr zusammenzubringen. Und man sieht da überall Herausforderungen. Auf der anderen Seite glaube ich, dass die Tatsache, dass (die Verhandlungen) so umfassend sind, mehr Möglichkeiten eröffnet, um zu einer ausbalancierten Vereinbarung zu kommen.

Wo sind die `No Gos` für Sie? In Deutschland gibt es zum Beispiel eine intensive Debatte über hormonbehandeltes Rindfleisch und um Verbrauchersicherheit.

Ich habe es immer wieder gesagt: Es wird keinen Import von Hormonfleisch in den europäischen Markt geben. Ich kann hier nicht noch klarer werden! Wenn wir jemals zu einer Vereinbarung kommen, werden die Amerikaner die Möglichkeit haben, mehr Fleisch nach Europa zu exportieren. Aber wenn sie das wollen, muss es hormonfreies Rindfleisch sein. Das heißt ganz einfach, dass sie hormonfreies Fleisch produzieren müssen.

Gibt es andere Dinge, die mit Ihnen als Verhandlungsführer nicht zur Disposition gestellt werden?

Wir werden kein Gesetz ändern. Zum Beispiel wird das Gesetz zu genmodifizierten Organismen nicht geändert. Das wird noch nicht einmal diskutiert.

Was ist mit der Datensicherheit? Gerade in Deutschland wird nach dem NSA-Skandal viel darüber gesprochen. Können Sie den Deutschen und den anderen Europäern zusichern, dass es bei der harten Haltung in den Verhandlungen bleibt?

Wir diskutierten im Europäischen Parlament zur Zeit neue Gesetze zur Datensicherheit. Und das wird der Grundpfeiler für die Gespräche sein. Die Gespräche mit den USA werden nicht über die Gesetzgebung selbst geführt, sondern darüber, wie im Rahmen dieser Gesetze beispielsweise der Datenfluss bei kommerziellen Transaktionen aussieht. Die Gesetze zur Datensicherheit selber sind jedoch kein Thema für diese Gespräche. Das ist vollständig Sache des Europäischen Parlaments.

Verhandeln ist ja Geben und Nehmen. Was wollen Sie geben?

Das ist zu früh. Wir kommen jetzt zum Kern der Verhandlungen und ich wäre ein sehr schlechter Verhandler, wenn ich sagen würde, das ist der Kompromiss, den ich sehe und den ich in die Verhandlungen einbringen werde. Ich sollte das im Hinterkopf haben, aber nicht in den Medien erörtern.

Mit welchen Zeiträumen rechnen Sie? Wann wollen Sie die Verhandlungen zum Ende bringen und wie das Europäische Parlament überzeugen, in dem es ähnlich wie im amerikanischen Kongress viele Widerstände gibt?

Wenn Sie ein Abkommen erreichen wollen, sollte das praktischerweise nicht später als nächstes Jahr sein. Dann kommt man in den Vereinigten Staaten nämlich in den Wahl-Zyklus. Und wie ich sie überzeuge? Schauen Sie, wir haben die Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai. Wir werden es von da aus angehen und sehen, wie die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments aussieht. Ich kann nur zu dem Schluss kommen, dass das Europäische Parlament grundsätzlich für Handelsabkommen ist. Wir haben die Zustimmung des Parlaments für die Handelsabkommen mit Korea, Kolumbien, Peru und die zentralamerikanischen Staaten ohne nennenswerte Probleme bekommen. Aber gehen wir das nach der Europawahl an!

Das Interview führte Gero Schließ.