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Schatztruhe Handy

Nicolas Martin5. Februar 2013

Immer funktionaler und mobiler: das Handy ist die Allzweckwaffe der Zukunft - überall auf der Welt. Ohne es zu wissen, nutzen über fünf Milliarden Menschen täglich einen kleinen Rohstoffspeicher.

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Gewürzmetalle werden die Rohstoffe genannt, welche die vielen Funktionen eines Handys ermöglichen. Zwar sind es pro Handy nur Spurenelemente dieser Gewürze - in der Masse kommen aber riesige Mengen zusammen. Doch die Rohstoffe werden immer knapper und damit auch teurer. Warum ist das eigentlich so? Und woher sollen die Rohstoffe für die Technologien der Zukunft kommen? Antworten gibt's hier.

"Man hat sich sehr darauf verlassen, dass diese Erde soviel hergibt, wie wir brauchen", so fasst Armin Reller, Professor für Ressourcenstrategie an der Universität Augsburg, das lange geltende Selbstverständnis von Wirtschaft und Wissenschaft zusammen. "Hier sehen wir nun deutlich die Grenze." Grenzen der Verfügbarkeit sind Grenzen des Wachstums - denn ganze Industriezweige bauen auf die Technologierohstoffe.

Ohne Lithium fährt kein Elektro-Auto, ohne Indium gibt es keine Solarzellen und ohne die von China kontrollierten Seltenen Erden funktioniert kein Windrad. Neue Möglichkeiten der Gewinnung müssen her - ansonsten wird die Enthaltsamkeit zum Dogma der modernen Konsumgesellschaften.

Effektiver als Bergbau

Eine Möglichkeit des Nachschubs ist das Recycling: Beispielsweise stecken in einer Tonne Handys bis zu 300 Gramm Gold - Bergbauunternehmen durchwühlen eine Tonne Gestein für gerade mal ein Gramm des Edelmetalls. Aber die meisten gebrauchten Handys landen entweder auf den Märkten in Afrika und Lateinamerika, auf dem Müll oder verschwinden in den heimischen Schubladen.

Auch der selbsternannte Recycling-Weltmeister Deutschland hat Probleme, ein wirkungsvolles Trennsystem für die mobilen Geräte zu entwickeln. Eine Idee der Politik: Die Kunden sollen mit einem Zwangspfand beim Kauf dazu gebracht werden, die Geräte später wieder zurückzugeben. Doch was dann?

Das Recycling aller Metalle in einem Handy ist für Wissenschaft und Wirtschaft noch immer eine Mammutaufgabe. Von den bis zu 35 Metallen, die in einem Handy stecken, kann bisher nur ein kleiner Teil Bruchteil auch rentabel recycelt werden. Das gilt nicht nur für Handys, sondern auch für Laptops, Fernseher und weitere elektronische Geräte - insgesamt ein immenses Potential.

Traum vom absoluten Rohstoffkreislauf

Eine Ausweitung der weltweiten Förderung ist jedenfalls nicht die Lösung. Zu groß sind die moralischen Aspekte - denn der Rohstoffabbau geschieht fast immer auf Kosten von Mensch und Umwelt. Kleinschürfer arbeiten häufig unter miserablen Bedingungen. Kinder schlagen im Kongo das für die Mikrokondensatoren wichtige Erz-Tantal aus den Bergen, während Milizen einen Krieg mit den Umsätzen aus dem Tantalgeschäft finanzieren. In China leidet die Umwelt unter den chemischen Rückständen, die bei der Gewinnung von Seltenen Erden anfallen.

Auch deshalb bemühen sich die Forschungseinrichtungen darum, die Recycling-Revolution vorzubereiten. Beispielsweise an der Technischen Universität Hamburg-Harburg. Hier erforschen Kerstin Kuchta und ihr Team die Wiederaufbereitung des seltenen Erdmetalls Neodym.

Der Traum: eine Gesellschaft, die sich mit ihren Rohstoffen unendlich lange am Leben hält. "Da gibt es noch einiges zu tun, aber wir können nicht immer weiter verbrauchen und dann den Rest wegwerfen." Immerhin theoretisch wäre es möglich, 80 Prozent der verwendeten Materialien in einem Handy zurück in den Wertstoffkreislauf zu schicken. Die Realität sieht allerdings anders aus - zumindest noch.

Projektrealisation: Nicolas Martin mit Unterstützung von Chi Viet Giang

Redaktion: Judith Hartl und Henrik Böhme