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Das blaue Visum

Nina Treude10. September 2012

Jung, hochqualifiziert und fleißig - Akademiker und Studenten aus dem Ausland sollen mit der "Blue Card" nach Deutschland gelockt werden. Das Interesse an dem neuen Visum ist groß.

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Eine Frau zeigt eine blaue Karte mit dem Eurosymbol (Foto: picture-alliance/chromorange )
Symbolbild Blue Card für EuropaBild: picture-alliance/chromorange

Er ist erst 19 Jahre alt, aber Gerhard Sells hat schon seit vielen Jahren einen Traum. Der Student aus Alaska möchte in Deutschland leben und arbeiten. "Deutschland ist kein so isoliertes Land wie Alaska", meint Gerhard. "Hier wohnen mehr Menschen, und ich hoffe, dass ich hier viele interessante Leute treffen kann." Der Student weiß, wovon er redet. Seit er ein kleiner Junge ist, besucht er regelmäßig seine Verwandten in Deutschland.

"Ich möchte hier meinen Master machen und mir dann bei einer internationalen Organisation in Deutschland einen Job suchen", erzählt Gerhard, der gerade einen Sommersprachkurs der Universität Bonn besucht. Mit der "Blue Card" hat er nun gute Chancen, dass seine Pläne in Erfüllung gehen.

Gesucht: Fachkräfte aus aller Welt

Vor allem bei jungen Menschen aus dem außereuropäischen Ausland ist Deutschland als Studien- und Arbeitsort beliebt. Derzeit sind über 245.000 ausländische Studierende an deutschen Hochschulen eingeschrieben, rund 100.000 von ihnen stammen aus Ländern außerhalb der Europäischen Union. Bisher verließen viele nach ihrem Studienabschluss das Land wieder, denn die komplizierte Bürokratie rund um eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis hat sie abgeschreckt.

Mit der "Blue Card" wird nun alles einfacher. Wer einen deutschen oder anerkannten ausländischen Hochschulabschluss und einen Job mit einem durchschnittlichen Jahresgehalt von 44.800 Euro vorweisen kann, darf zunächst bis zu vier Jahre bleiben. Für Ingenieure oder Naturwissenschaftler reicht sogar ein niedrigeres Gehalt, denn sie werden in Deutschland dringend gebraucht.

Weltweites Interesse an einer Zukunft in Deutschland

Das Interesse an der "Blue Card" ist groß. Seit ihrer Einführung Anfang August geht bei den Außenstellen und Informationszentren des Deutschen Akademischen Austauschdienstes ständig das Telefon. "Sehr viele junge Leute rufen bei uns an und erkundigen sich nach den neuen Aufenthalts- und Arbeitsregelungen", erzählt der stellvertretende Generalsekretär Ulrich Grothus.

Ulrich Grothus, stellvertretender Generalsekretär des DAAD (Foto: DW/Nina Treude)
Ulrich Grothus vom DAAD sieht ein großes Interesse an der Blue CardBild: Treude

Dabei melden sich keineswegs nur Akademiker, die sich für einen Arbeitsplatz in Deutschland interessieren, sondern auch Studenten, die im Ausland schon einen Bachelor gemacht haben und nun gerne nach Deutschland kommen möchten. "Für sie ist es besonders wichtig zu wissen, dass sie später in Deutschland bleiben können, und damit eine langfristige Perspektive haben", sagt Grothe.

Weniger Bürokratie mit der Blue Card

Das neue Gesetz ermöglicht es ihnen nun, schon während des Studiums zu arbeiten. Denn für ausländische Studierende ist die Finanzierung ihres Aufenthaltes in Deutschland oft ein Problem. Künftig dürfen Studenten aus Nicht-EU-Staaten statt 90 Tagen ganze 120 Tage im Jahr erlaubnisfrei jobben. Zusätzlich ist eine Nebentätigkeit als studentische Hilfskraft an der Hochschule erlaubt.

Wer nach seinem Studienabschluss in Deutschland bleiben möchte, muss nicht mehr innerhalb eines Jahres eine qualifizierte Arbeitsstelle vorweisen. Er hat dafür nun 18 Monate Zeit und darf nebenbei unbegrenzt jobben, um sich damit erstmal seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Inhaber der "Blue Card" können sogar schon nach zwei bis drei Jahren eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis bekommen. Sie profitieren davon, dass die sogenannte Vorrangprüfung wegfällt, erklärt Ulrich Grothus. "Nun muss nicht mehr umständlich bürokratisch geprüft werden, ob es eventuell EU-Bürger gibt, die den Job auch machen können." Denn diese hatten bisher immer Vorrang vor Stellenbewerbern aus dem nichteuropäischen Ausland.

Weltoffen und attraktiv

Entstanden ist die "Blue Card" nach dem Vorbild des bekannten US-amerikanischen Einwanderungsvisums, der "Green Card". Die Amerikanerin Vanessa van Laanen aus Minnesota freut sich, dass es nun ein ähnliches Visum in ihrem europäischen Lieblingsstaat gibt. Sie will nach ihrem Studienabschluss in Deutschland arbeiten. "Als US-Soldat war mein Vater hier 18 Jahre lang stationiert, und ich habe ihn oft besucht", erzählt die Studentin, die schon während ihrer Schulzeit ein Jahr in Deutschland gelebt hat.

Studentin Vanessa van Laanen vor dem Hauptgebäude der Uni Bonn (Foto: DW/Nina Treude)
Vanessa van Laanen aus den USA will nach ihrem Studienabschluss in Deutschland arbeitenBild: Treude

Dass die Zahl der ausländischen Fachkräfte, die derzeit bei 10.000 bis 15.000 pro Jahr liegt, mit der "Blue Card" enorm steigen wird, glaubt Ulrich Grothus aber nicht. Um den Fachkräftemangel langfristig zu beseitigen, müssten noch andere Wege beschritten werden. Attraktiver werde Deutschland durch die "Blue Card" aber sehr wohl, betont der stellvertretende DAAD-Generalsekretär. "Die Politik gibt damit das klare Signal, dass Deutschland weltoffen ist, und wir hier mit Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammenleben und -arbeiten wollen."