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Ute Zauft18. März 2008

Russen lieben Witze über ihre Regierungen und Herrscher. Der Präsident in spe Medwedew heißt wegen seiner geringen Größe beispielsweise "Kinderüberraschung".

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Bild: DW

Im staatlichen Fernsehen wird er als Russlands neuer Hoffnungsträger gefeiert: Dmitrij Medwedew hat die Präsidentschaftswahlen erwartungsgemäß haushoch gewonnen. Anfang Mai wird er das Amt von dem noch amtierenden Kreml-Chef Wladimir Putin übernehmen. Kritische Berichte über Medwedew sind in den staatlich kontrollierten Medien zwar kaum zu finden, auf Moskaus Straßen aber kursieren bereits die ersten Witze über Putins Nachfolger.

Schon vor seiner Wahl machte dieser Witz die Runde: Die kremlnahe Partei "Einiges Russland" nominiert ihren Präsidentschaftskandidaten. Für Medwedew stimmen 478 Delegierte, nur einer votiert dagegen. Es ist Medwedew selbst, er hatte Angst. Gekichert wird über den schuljungenhaft wirkenden Präsidenten in spe, den die Russen wegen seiner nicht gerade überragenden Größe von 1,62 auch "Kinderüberraschung" nennen.

Gefährliche Witze zu Sowjetzeiten

Politische Witze haben in Russland Tradition. Zu Sowjetzeiten lief man Gefahr, wegen regierungskritischer Äußerungen im Gefängnis zu landen. Gerade deswegen waren Witze ein willkommenes Ventil, um sich im kleinen Kreis über die Machthaber zu mokieren. Auch wenn es gefährlich war, parodierten die Sowjetbürger Stalins georgischen Akzent. Über seinen Nachfolger Chruschtschow erzählte man sich in russischen Küchen gerne den Witz, dass er sogar dort Weizen anbauen ließ, wo es dafür viel zu kalt war.

Zu Breschnews Zeiten sorgte folgendes Geschichtchen für Lacher hinter vorgehaltener Hand: Stalin, Chruschtschow und Breschnew fahren zusammen Zug, als ihr Wagon plötzlich stehen bleibt. Als erster steckt Stalin seinen Kopf aus dem Fenster und ruft: "Erschießt den Lokomotivführer." Als der Zug sich immer noch nicht bewegt, ruft Chruschtschow: "Rehabilitiert den Lokomotivführer!" Doch nichts bewegt sich. Schließlich sagt Breschnew: "Kameraden, lasst uns die Vorhänge zuziehen, den Schallplattenspieler anwerfen und so tun, als ob wir uns bewegen." Nachdem Gorbatschow an die Macht kam, wurde noch eine Zeile hinzugefügt: "Kameraden, lasst uns aussteigen und schieben."

Angela Merkel taugt nur für laue Schenkelklopfer

Es scheint, als könnten allein die Russen, die Absurditäten ihrer jeweiligen Führungsriege in so kleinen, aber feinen Pointen auf den Punkt bringen. Auf der Suche nach Witzen über Angela Merkel, findet man nicht viel mehr als ein paar laue Schenkelklopfer. Vor ihrer Wahl sorgten noch ihre Frisur und ihre Mundwinkel für Lacher. So bewarb der Autovermieter Sixt seine Cabrios mit einer vom Wind zerzausten Merkel und der Frage: "Neue Frisur gefällig?" Seit ihrem neuen Haarschnitt und ihrem unverfänglicheren Kleidungsstil scheinen die Witzemacher allerdings verstummt zu sein. Über Gags, die anfangen mit "Treffen sich drei Staatschefs" lacht schon lange keiner mehr.

"Wer von uns ist heute Präsident und wer Premier?"

Ausgefeilter sind da schon die neuesten Witze über das viel diskutierte Machtverhältnis von Putin und Medwedew. Hier noch eine Kostprobe: Wir schreiben das Jahr 2023. Putin und Medwedew wachen mit einem enormen Kater auf. Putin zu Medwedew: "Wer von uns ist heute Präsident und wer Premier?" "Ich kann mich nicht erinnern", antwortet Medwedew, "aber es könnte sein, dass ich Premier bin." "Dann hol' du das Bier", sagt Putin.

Die Russen lachen über den als zu brav belächelten Medwedew, der vom autoritären Putin zum Bierholen geschickt wird. Kern des Witzes ist aber auch die Spekulation, dass sich Putin und Medwedew in den kommenden Jahren als Präsident und Premier abwechseln werden. Wir dürfen gespannt sein, was dann für Witze kursieren.