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Commerzbank-Chef bittet um Geduld

Alexander Hübner, Kathrin Jones (rtr)15. Februar 2013

Den Rotstift setzt die Commerzbank beim Personal an und krempelt das Geschäft mit privaten Kunden um. An schnelle Erfolge glaubt Vorstandschef Blessing nach Jahren der Krise nicht mehr.

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Commerzbank-Chef Martin Blesssing (Foto: Reuters)
Commerzbank Pressekonferenz Martin BlessingBild: Reuters

Die Commerzbank macht Investoren und Mitarbeitern wenig Hoffnung auf schnelle Erfolge ihres Konzernumbaus. "Eine umfassende strategische Neuausrichtung kostet Kraft, Zeit und Geld", sagte Vorstandschef Martin Blessing auf der Bilanzpressekonferenz in Frankfurt. "Erste Maßnahmen greifen, aber klar ist: Der Weg ist lang."

In diesem Jahr belasteten die niedrigen Zinsen und der weitere Abbau des Immobilien- und Schiffskreditgeschäfts die Erträge. Die Rückstellungen für faule Kredite sollen leicht steigen. 2012 war die Risikovorsorge um 1,7 Milliarden Euro aufgestockt worden, ein Jahr zuvor waren es erst 1,4 Milliarden.

Private Kunden hofieren

Blessing hat sich bis 2016 - zum Ablauf seines Vertrages - Zeit genommen, um die zweitgrößte deutsche Bank zukunftsfähig zu machen. Das Privatkundengeschäft soll im Mittelpunkt des Umbaus stehen. Mit den erhofften zwei Milliarden Euro Einsparungen und Ertragssteigerungen werden die dringend nötigen Investitionen etwa in die IT und in neuartige Filialen finanziert.

Die erste Modell-Filiale soll im zweiten Halbjahr eröffnet werden. Im Zuge des Umbaus will die Bank konzernweit bis zu 6000 Arbeitsplätze streichen, davon nach Gewerkschaftsangaben allein 3400 in den Filialen. Die Arbeitnehmervertreter halten das für unsinnig. 

Commerzbank kann Schulden tilgen

Schrumpfende Erträge

Die Commerzbank leidet unter schrumpfenden Erträgen. 2012 gingen sie im Kerngeschäft auf 9,7 von 11,1 Milliarden Euro zurück - unter anderem weil die Zinsen niedrig blieben und die Kunden kaum noch Wertpapiere kauften. Mit ihren elf Millionen Privatkunden verdiente die Bank nur noch 245 Millionen Euro, halb so viel wie 2011. Das Rückgrat der Commerzbank bleibt das Geschäft mit dem Mittelstand, das erneut 1,65 (1,59) Milliarden Euro abwarf.

Im Konzern blieben zum Jahresende nur sechs Millionen Euro Gewinn übrig, unter anderem weil die Commerzbank angesichts der getrübten Gewinnaussichten der nächsten Jahre ihre steuerlichen Verlustvorträge aus Finanzkrisen-Zeiten nicht voll nutzen kann. Ohne Sondereffekte hätte der Jahresüberschuss bei fast einer Milliarde Euro gelegen, rechnete Blessing vor.

Zinsen auf stille Einlagen

Dennoch soll der staatliche Bankenrettungsfonds SoFFin für 2012 erstmals die fälligen Zinsen auf seine auf 1,6 Milliarden Euro geschrumpfte stille Einlage erhalten - rund 150 Millionen Euro. Auch die Allianz bekommt neun Prozent Zinsen auf ihre 750 Millionen Euro, die sie der Commerzbank beim Verkauf der Dresdner Bank als Mitgift gegeben hatte.

Denn dafür ist der Gewinn nach dem deutschen HGB-Bilanzierungsstandard maßgeblich, der zum ersten Mal seit Gewährung der Staatshilfe 2009 positiv ausfällt. Finanzvorstand Stephan Engels ließ offen, ob die Stillen Einlagen auch 2013 bedient werden könnten. Denn schon im ersten Quartal stellt die Bank eine halbe Milliarde Euro für den geplanten Stellenabbau zurück.

Blessing verzichtet auf Boni

Vorstandschef Blessing bekommt für das vergangene Jahr zum ersten Mal seit der Fusion mit der Dresdner Bank wieder ein Millionengehalt - 1,3 Millionen Euro überweist ihm sein Arbeitgeber. Auf zusätzliche Boni habe Blessing verzichtet, erklärte Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller.

Wegen der Staatshilfen waren die Vorstandsgehälter bei der Commerzbank seit 2009 auf eine halbe Million gedeckelt. Auch etliche Mitarbeiter müssen für den fast auf Null gesunkenen Gewinn bluten: Die Boni würden um 17 Prozent reduziert, bei den Investmentbankern sogar um 20 Prozent.

Keine Dividende

Die Aktionäre gehen für 2012 leer aus, und auch 2013 sei eine Dividende unwahrscheinlich, sagte Finanzvorstand Engels vor Analysten. Die Commerzbank-Aktie stieg dennoch um 3,5 Prozent auf 1,525 Euro. Händler verwiesen auf das Versprechen, dass die Commerzbank ihre Kapitalausstattung aufbessern will: "Sie bewegen sich in die richtige Richtung."

Die Bank braucht zwar wegen der um zwölf Prozent gesunkenen Bilanzrisiken weniger Kapital, um die Risiken abzufedern. Doch nach dem Basel-III-Standard, wie er von 2018 an gilt, kam die Bank Ende 2012 erst auf ein Polster von 7,6 Prozent, knapp über der von den Aufsehern geforderten Mindestausstattung. "Da Kapital eine knappe Ressource bleibt, plant die Commerzbank die Quote 2013 und darüber hinaus weiter zu verbessern", sagte Engels.

Dazu müssten aber die Risiken in der vor der Abwicklung anstehenden Immobilien- und Schiffsfinanzierungs-Sparte sinken, die 2012 allein 1,5 Milliarden Euro Verlust verbuchte. Vor allem faule Schiffskredite schraubten die Wertberichtigungen auf 1,4 (2011: 0,9) Milliarden Euro. Noch immer macht die interne "Bad Bank" mit 151 Milliarden Euro fast ein Viertel der Bilanzsumme der Commerzbank aus.