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Medienwissenschaftler warnt vor medialer Übertreibung im Fall Limburg

Stefan Dege15. Oktober 2013

Papst Franziskus ist Star der deutschen Medien, der Limburger Bischof Tebartz-van Elst gilt als ihr böser Bube. Der katholische Medienexperte Christian Klenk warnt im DW-Interview vor medialer Übertreibung.

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Der Medienwissenschaftler Christian Klenk von der katholischen Universität Eichstädt-Ingolstadt.
Bild: Universität Eichstädt-Ingolstadt

DW: Welche Rolle spielt der Papst zurzeit in den deutschen Medien?

Christian Klenk: Wir haben erleben können, dass der Papst seit dem Konklave sehr euphorisch dargestellt wird in den Medien, sogar ausschließlich positiv.

Woran liegt das?

Das liegt unter anderem an dem ungewöhnlichen Auftreten des Papstes, der gewohnte Konventionen über Bord wirft, der einen ganz neuen Stil hineinbringt in die Amtsführung, der nicht im apostolischen Palast wohnt, der ein kleines Auto fährt, der sich einfacher kleidet – alles Gesten, die ja auch schon eine Aussage darüber sein sollen, wie er sein Amt versteht und wie er die Rolle der Kirche sieht.

Taugt dieser Papst als Projektionsfläche für Erwartungen an die katholische Kirche?

Ja, er produziert die Erwartungen ja selbst, indem er ankündigt, dass die Kirche sich wandeln muss. Die Erwartungen werden nicht nur ihn hinein projiziert, weil er sehr charismatisch ist, sondern weil er konkret sagt, dass sich etwas verändern muss.

Auf welchen Boden fällt das?

Wenn wir das aus unserer deutschen Sicht betrachten, dann fällt es auf einen fruchtbaren Boden. Hier in Deutschland werden von der Masse der Katholiken solche Reformen, wie sie jetzt angedeutet werden, schon seit langem angemahnt - auch wenn man noch gar nicht genau weiß, was daraus wird. In den meisten Medien werden Positionen vertreten, wonach die Kirche sich ändern und reformieren müsse, sowohl in ihrem Auftreten – einfacher, weniger prunkvoll – als auch in inhaltlichen Ausrichtungen - im Hinblick beispielsweise auf Sexualmoral, den Umgang mit der Frage der Homosexualität oder die Rolle der Frau.

Die Vorgänge um den Bischof von Limburg – würden Sie sagen, das ist ein Prüfstein für den neuen Papst?

Ja, aber dieser ganze positive Rückenwind, den man bislang in den deutschen Medien hatte durch den neuen Papst, der ist durch die Vorgänge in Limburg schon wieder gebremst worden. Andererseits stellen die Medien gerne Gegensätze dar zwischen einem Bischof, der es luxuriös mag, zum Beispiel mit einem hochwertig ausgestatteten Bischofsitz. Und auf der anderen Seite einem Papst, der ganz einfach lebt und diese Einfachheit betont in seinem Auftreten. Dieser Gegensatz, den merkt man ganz stark in der Berichterstattung.

Halten Sie das für übertrieben?

Das ist natürlich ein Mechanismus der Medien, dass sie Gegensätze suchen, Kontraste aufbauen, Gut und Böse nebeneinander stellen. Eine andere Frage ist, ob die Berichterstattung über den Bischof von Limburg übertrieben wird. Da würde ich unterscheiden: Die Aufdeckung der wahren Baukosten des Bischofsitzes – diese Recherche war sicherlich nötig, weil die Fakten nicht bekannt geworden wären, wenn die Journalisten nicht so hartnäckig an der Sache drangeblieben wären. Inzwischen steht es aber so ein bisschen auf der Kippe . Die Medien neigen dazu, so ein Thema zu hypen und mit ständig neuen Eilmeldungen zu versehen, obwohl es keine neuen Entwicklungen mehr gibt. Noch einmal: Berichterstattung ist sicherlich wichtig, aber man muss aufpassen, dass es nicht kippt.

Der Diplom-Journalist Dr. Christian Klenk ist als Medienwissenschaftler an der Katholischen Universität Eichstädt-Ingolstadt tätig. In seinen Forschungsprojekten beschäftigt er sich unter anderem mit dem Verhältnis von Kirche und Medien.