1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Vermittlung in Madagaskar

Interview: Johannes Beck21. Oktober 2012

Drei Jahre nach dem Putsch sucht Madagaskar weiter nach einer Lösung für die Zukunft des Landes. Vermittler Joaquim Chissano spricht im DW-Interview über Möglichkeiten, den Konflikt beizulegen.

https://p.dw.com/p/16S0t
Porträt von Joaquim Chissano Ex-Präsident von Mosambik
Bild: Johannes Beck

Im Jahr 2009 hat der Oppositionspolitiker Andry Rajoelina mit Hilfe des Militärs den demokratisch gewählten Präsidenten Marc Ravalomanana aus dem Amt geputscht. Die neue Regierung ist allerdings bis heute nicht von der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft (SADC) anerkannt, die Mitgliedschaft Madagaskar in dem Staatenbund suspendiert.

Im kommenden Jahr sollen die Madagassen einen neuen Präsidenten wählen. Ravalomanana hat angekündigt, in das Land zurückzukehren und kandidieren zu wollen. Dafür möchte er Straffreiheit zugesichert bekommen, denn in seiner Abwesenheit ist er zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt worden. Ihm wird zur Last gelegt, dass seine Präsidentengarde im Februar 2009 mehrere Dutzend Demonstranten getötet hat.

In den vergangenen Jahren hatte die SADC mehrfach versucht, in dem Konflikt zu vermitteln. Zuletzt waren im August mehrere Treffen auf den Seychellen zwischen Rajoelina und Ravalomanana erfolglos geblieben. Offizieller Vermittler der SADC ist der ehemalige Präsident Mosambiks, Joaquim Chissano. Er bemüht sich weiter darum, dass die Konfliktparteien einen Kompromiss finden.

Deutsche Welle: Wie könnten die beiden Konfliktparteien in Madagaskar zusammenfinden?

Joaquim Chissano: Es war immer sehr schwierig, gegenseitiges Vertrauen herzustellen. Um zu einer Lösung zu kommen, müssen wir wenigstens ein Minimum an gegenseitigem Vertrauen herstellen. Zurzeit ist das Hindernis für eine Lösung die Frage der Rückkehr des ehemaligen Präsidenten nach Madagaskar. Ich spreche über den abgesetzten Präsidenten Marc Ravalomanana, der zurückkehren möchte, ohne befürchten zu müssen, Schwierigkeiten zu bekommen oder verfolgt zu werden. Wir arbeiten an einer Lösung. Aber um einen Kompromiss zu finden, müssen beide Seiten Kooperationsbereitschaft zeigen.

Ist denn die aktuelle Regierung unter Andry Rajoelina zum Dialog bereit?

Ja, wir haben viele Fortschritte in diese Richtung feststellen können. Es gab eine Phase, da haben beide Parteien über Abgesandte miteinander gesprochen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt wollte Marc Ravalomanana aber seine Rückkehr nach Madagaskar erzwingen. Das hat dann den Dialog, den wir zwischen den beiden herstellen konnten, wieder unterbrochen.

Aber die Übergangsregierung, also Rajoelina, zeigt sich weiter offen, zum Dialog zurückzukehren. Von Übergangsregierung zu sprechen, ist eigentlich falsch, denn in der Regierung Rajoelina gibt es Personen, die die Partei von Ravalomanana vertreten. Manchmal sind sie Teil der Regierung, manchmal ziehen sie sich wieder zurück und setzen ihre Zusammenarbeit aus.

Ich selbst möchte bald nach Madagaskar zurückkehren und schauen, wie der Dialog zwischen den verschiedenen Fraktionen auf der Insel wieder aufgenommen werden kann.

Könnten Sie sich eine Lösung vorstellen, in der weder der eine, Rajoelina, noch der andere, Ravalomanana, Präsident des Landes ist?

Ja, durchaus. Aber zuerst müssen wir die Basis für einen gesunden Dialog zwischen den beiden Seiten schaffen. Wir werden sehen, welche Lösung wir für Madagaskar finden. Diese ist in der Tat eine von mehreren, die als Möglichkeit in Betracht kommen.

Neben der südafrikanischen Staatengemeinschaft SADC haben sich bisher wenig andere Staaten bei der Lösung des Problems in Madagaskar engagiert.

Das stimmt, aber die anderen Staaten geben der SADC eine Chance. Das ist normal, denn schließlich ist die SADC die Regionalorganisation in diesem Teil Afrikas. Sie sollte den Vorrang bei der Lösung von Konflikten bekommen. Aber wir binden auch andere Partner ein. Wir haben bei der Suche nach Lösungen mit der Europäischen Union, mit den Vereinten Nationen, mit der Gemeinschaft der Frankophonen Staaten und mit der Gemeinschaft der Länder des Indischen Ozeans kooperiert. Priorität hat aber die SADC, denn wir wollen vermeiden, dass viele Köche den Brei verderben.

Joaquim Chissano war bis 2005 Präsident von Mosambik. 2007 erhielt er den ersten Mo-Ibrahim-Preis für gute Regierungsführung in Afrika. 2006 vermittelte Chissano als Sonderbeauftragter der Vereinten Nationen für Südsudan und Norduganda zwischen Uganda und der Rebellenorganisation Lord's Resistance Army.

Das Interview führte Johannes Beck.