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Chinas Premier Li Keqiang kommt nach Berlin

Matthias von Hein25. Mai 2013

Als chinesischer Ministerpräsident wird Li Keqiang die Geschicke Chinas für die nächsten zehn Jahre prägen. Am Wochenende besucht er nun Deutschland als erstes Land in der EU seit seinem Amtsantritt Mitte März.

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Premier Li Keqiang vor der Presse in Peking (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Erster Programmpunkt des Besuchs (26.-27.05.2013) ist die Besichtigung von Schloss Sanssouci in Potsdam. Das lädt zu historischen Reflexionen ein: Als der Preußenkönig Friedrich das Schloss vor gut 250 Jahren bauen ließ, herrschte in China der Kaiser Qianlong aus der Qing-Dynastie. Unter dessen Regierung erreichte China die größte Ausdehnung seiner Geschichte.

Heute ist China vor Japan die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Das Land ist derzeit auf dem Weg, die USA als größte Handelsnation abzulösen. China hält mit rund drei Billionen Euro die höchsten Devisenreserven. Deutschland ist Chinas wichtigster Handelspartner in Europa. Im Vorfeld seines Deutschlandbesuchs hat Li Keqiang in der Wochenzeitung "Die Zeit" einen Beitrag zu den deutsch-chinesischen Beziehungen veröffentlicht. An erster Stelle werden darin die ausgezeichneten Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Staaten hervorgehoben: dass der bilaterale Handel 30 Prozent des Warenverkehrs zwischen China und der EU ausmache, dass deutsche Investitionen in China im vergangenen Jahr um gut 28 Prozent auf weit über eine Milliarde Euro gestiegen seien, dass umgekehrt China auf dem dritten Platz bei den Auslandsinvestitionen in Deutschland stehe, dass China für BMW der größte Einzelmarkt sei - und so weiter.

Themen Handelsstreit und Protektionismus

Folgerichtig werde es bei dem Besuch Li Keqiangs in Deutschland vor allem um Wirtschaftsfragen gehen, unterstreicht auch der Chinawissenschaftler Sebastian Heilmann aus Trier: "Grundsätzlich geht es bei diesem Besuch darum, die Wirtschaftsbeziehung offen zu halten, zu verhindern, dass es protektionistische Reaktionen gibt in Europa", so Heilmann im Gespräch mit der Deutschen Welle. Dabei übernehme aus chinesischer Sicht die Bundesregierung eine zentrale Rolle als Fürsprecher für offenen Handel und gegen protektionistische Maßnahmen.

Solarpanel-Fertigung in einer deutschen Fabrik (Foto: Getty Images)
Solarmodule stehen im Zentrum des aktuellen Handelsstreits mit der EUBild: Getty Images

Unmittelbar vor dem Besuch Lis hat sich der Handelsstreit zwischen der Europäischen Union und China weiter zugespitzt – und wird sicher ein zentrales Thema in Berlin sein. Gleich an mehreren Fronten wird gestritten: Die EU hat auf Grund von Dumpingvorwürfen Strafzölle gegen chinesische Importe von Solarmodulen angekündigt. Ein weiteres Anti-Dumping Verfahren gegen chinesische Mobilfunktechnik ist eingeleitet. Und es gibt Streit im Luftverkehr: Chinesische Fluggesellschaften weigern sich auf Anordnung ihrer Regierung, Verschmutzungsrechte für Flüge in die EU zu erwerben. Dafür droht ihnen mittlerweile ein Landeverbot in der EU.

EU ohne einheitliche China-Politik

Die deutsche Seite werde versuchen, die Wogen in der EU zu glätten, meint China-Experte Heilmann: Berlin habe kein Interesse daran, einen Handelskrieg auszulösen, der auch deutsche Exporte nach China treffen könnte. Das, so Heilmann, könne zu Spannungen zwischen der deutschen Außenwirtschaftspolitik und der Europäischen Kommission führen. Es scheint den Europäern nicht zu gelingen, eine gemeinsame Chinapolitik zu formulieren und dann auch zu verfolgen. Im Gespräch mit der Deutschen Welle beklagt der Berliner China-Experte Eberhard Sandschneider: "Europa leistet sich 28 Chinapolitiken. Jedes Mitgliedsland der Europäischen Union hat eine. Und zusätzlich hat die Europäische Union noch eine besonders wohlklingende. Aber das gibt China immer wieder die Möglichkeit, die Europäer gegeneinander auszuspielen, wenn es im chinesischen Interesse ist."

Wenn Li Keqiang am Sonntagnachmittag die deutsche Kanzlerin Angela Merkel trifft, wird es nicht ihre erste Begegnung sein. Beide kennen sich. Bei den letzten Besuchen Merkels in Peking wurde Li Keqiang mit einbezogen. Und als Li Keqiang im März zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, hat Merkel ihm als erste Politikerin aus dem Ausland am Telefon dazu gratuliert. Schon das persönliche Verhältnis Merkels zu Lis Vorgänger Wen Jiabao war als gut beschrieben worden.

Merkel bei Wen Jiabao in Peking (Foto: dpa)
Merkel pflegte schon zu Lis Vorgänger Wen Jiabao gute BeziehungenBild: picture alliance / dpa

Gutes Verhältnis der beiden Regierungschefs

Liu Liqun, Deutschland-Experte an der Pekinger Fremdsprachen-Universität, sieht für die Beziehungen Merkels zu Li noch mehr Potenzial: "Wen Jiabao ist Jahrgang 1942. Merkel ist Jahrgang 1954 und Li Keqiang ist Jahrgang 1955. Der Altersunterschied mit Li Keqiang ist viel geringer. Deshalb werden die beiden sehr viel schneller eine gemeinsame Sprache finden, weil sie eben der gleichen Generation angehören." Dass auch in der internationalen Politik vieles von den persönlichen Beziehungen der handelnden Personen abhängt, unterstreicht auch Eberhard Sandschneider aus Berlin: "Internationale Politik ist ja kein unmenschliches, entmenschlichtes Ereignis. Da treffen Menschen aufeinander. Und auch da gilt: Wenn zwei Menschen, die miteinander verhandeln und Probleme lösen müssen, sich persönlich gut verstehen, tun sie sich leichter, als wenn sie sich überhaupt nicht ausstehen könnten."

Der letzte Programmpunkt des chinesischen Ministerpräsidenten in Berlin sieht am Montag eine Begegnung mit dem 94-jährigen Altkanzler Helmut Schmidt vor. Schmidt hatte erst im April sein neuestes Buch zu China veröffentlicht: "Ein letzter Besuch".