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Chancen und Grenzen der Green Economy

8. Februar 2013

Dr. Ulrich Hoffmann (UNCTAD) im Interview mit der Deutschen Welle über Chancen und Grenzen der Green Economy. Dr. Hoffmann ist Gast beim Deutsche Welle Global Media Forum 2013.

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Ein 10 Euro Geldschein in einer Wiese.
Symbolbild - Green EconomyBild: picture alliance / Paul Mayall
Titel: GMF13-Foto Dr Ulrich Hoffmann Schlagworte: GMF13, Foto Dr. Ulrich Hoffmann Bildbeschreibung:Dr. Ulrich Hoffmann, United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD) Bildrechte: Dr. Ulrich Hoffmann, Veröffentlichungsrechte im Rahmen des Global Media Forum 2013 eingeräumt. Zulieferer: Tobias Karsten
Bild: GMF

Dr. habil. Ulrich Hoffmann ist der Chefberater des Direktors der Handelsabteilung im Sekretariat der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) mit Sitz in Genf. Er ist auch der Koordinator des regelmäßig erscheinenden UNCTAD Berichts zu Handels- und Umweltfragen.

Im Kontext der Globalisierung sind weltweit agierende Unternehmen ein wichtiger Faktor. Wie würden Sie die grundsätzliche Haltung der Wirtschaft zum Thema “green economy” beschreiben und wo sehen sie ihre Defizite?

Die gegenwärtigen Formen der Umsetzung eines „Grünen Wirtschaftens” sind meiner Ansicht nach nichts anderes als Ausdruck einer neuen Welle technologischer Veränderungen, die sich im wesentlichen auf eine Erhöhung der Material-, Energie- und Ressourceneffizienz, den verstärkten Einsatz erneuerbarer Ressourcen sowie einen Wandel im Energiemix konzentriert. Daraus ergeben sich viele Entwicklungschancen für Unternehmen in „grünen Märkten“, die nicht nur relativ schnell expandieren, sondern auch attraktive Gewinne versprechen. Dabei sollte man aber nicht übersehen, dass im gleichen Maße so genannte „braune” Wirtschaftsbereiche schrumpfen müssen. Einige solcher Bereiche, wie Bergbau, Stahlproduktion oder Textilindustrie haben schon erheblich an Bedeutung verloren, allerdings wurden auch viele davon einfach geographisch - meistens in Entwicklungsländer - ausgelagert. Deren Klimabelastung ist damit also nicht verschwunden. Um die Innovations- und Investitionskraft der Unternehmen aber voll auszuschöpfen, bedarf es klarer ordnungspolitischer Rahmenbedingungen, vor allem eine ökologische Steuerreform, die (aufkommensneutral für die Unternehmen) den Ressourceneinsatz be-, Löhne und Gewinne entlastet.

Die Wachstumsdiskussion hat wieder Fahrt aufgenommen, nicht zuletzt befeuert durch den neuen Bericht des Club of Rome. Sind die Postulate der nachhaltigen Wirtschaftsführung nur Lippenbekenntnisse oder findet aus Ihrer Sicht ein Umdenken statt?

Ausmaß, Tempo und die Implikationen des Klimawandels werfen immer stärker die Frage auf, ob dieses Phänomen eine Unzulänglichkeit unseres wirtschaftlichen Fortschritts, ein Resultat von übermäßigem oder falschem Konsum oder unzureichenden technologischen Lösungen ist oder vielleicht sogar ein Problem unseres gegenwärtigen Wirtschaftssystems verkörpert, das nicht in der Lage zu sein scheint, Wirtschaftswachstum von höherem Verbrauch endlicher Ressourcen, einschließlich der Nutzung der Erdatmosphäre als Klimagasmüllkippe, zu entkoppeln. Wenn man diesbezüglich ernsthaft umsteuern will, so muss sich zukünftiges nachhaltiges Wirtschaften an drei Prinzipien ausrichten: Ressourceneffizienz, Subsistenz (intelligentes, beschränktes Konsumieren) und Konsistenz (der angemessene Umgang mit der Natur).

Im Zuge der Globalisierungsdiskussion gewinnt die Idee der Global Governance zunehmend an Bedeutung, doch sind die Definitionen – je nach politischer Blickrichtung – sehr unterschiedlich. Ist das Prinzip Global Governance ein Mittel, die negativen Begleiterscheinungen des weltweiten Handels in den Griff zu bekommen?

Tatsächlich hat die Öffnung nationaler Märkte und die Zurückdrängung staatlicher Regulierung in der Phase des Neoliberalismus zwischen Mitte der 80er Jahre bis zum Ausbruch der Finanzkrise 2008 dazu geführt, dass Global Governance weitgehend auf eine Expansion der Märkte und ein möglichst ungestörtes Wechselspiel der Marktkräfte reduziert wurde. Handelsliberalisierung hat in nicht unerheblichem Maße die Erhöhung der Arbeitsproduktivität und Ressourceneffizienz begünstigt. Allerdings hat der globale Handel durch Spezialisierung auch zur erheblichen Ausweitung von Produktion und Konsum und damit physischem Ressourcenverbrauch geführt. Westlicher Lebensstil und nicht nachhaltiger Umgang mit Ressourcen und Natur wurden immer mehr globalisiert. Es stellt sich die berechtigte Frage, ob sich nicht in für den Klima- und Umweltschutz entscheidenden Bereichen, wie zum Beispiel der Landwirtschaft und dem Agrarhandel, eine Überarbeitung des Regelwerks anbietet.