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250 Jahre C.H. Beck

Krisha Kops6. September 2013

Heutzutage schließen Verlage - oder werden von Schwergewichten der Branche verschlungen. Der familiengeführte Verlag C.H. Beck zeigt sich zum 250. Geburtstag davon unberührt. Doch das könnte sich ändern.

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Historisches Verlagshaus C.H. Beck (Copyright: Verlag C.H. Beck)
Bild: Verlag C.H. Beck

Entlang des Flures reiht sich ein Namensschild neben dem anderen mit einem renommierten Titel. Nein, wir befinden uns nicht in Harvard oder Princeton, sondern im C.H. Beck Verlag, einem Ort, an dem intelligente Verleger Bücher der intellektuellen Elite einem interessierten Publikum näherbringen.

Die meisten deutschen Studenten dürften den Verlag noch aus Zeiten kennen, zu denen Zeitdruck oder schiere Faulheit sie dazu bewegte, einen C.H. Beck Wissensband in die Hand zu nehmen – eine 128-Seiten-Zusammenfassung über so ziemlich jedes Thema von Insekten über Gandhi bis hin zur römischen Geschichte. Mehr als 500 verschiedene Bände mit einer Gesamtauflage von über einer Millionen Exemplaren wurden davon bis heute in den Umlauf gebracht.

Verlagshaus C.H. Beck in München (Copyright: Verlag C.H. Beck)
Das Verlagshaus heute - eine 250 Jahre alte TraditionBild: DW/K. Kops

Jurastudenten und -absolventen wiederum müssten mit den roten Jurabüchern des C.H. Beck Verlags vertraut sein. Schließlich ist er Deutschlands führender Verlag für Gesetzestexte. Die Mehrzahl der Belegschaft und des Umsatzes gehören der rechtswissenschaftlichen Abteilung an. Und doch ist C.H Becks Sachbuch- und Belletristik-Programm nicht ein bloßer Ableger.

"Ohne den juristischen Verlag wären wir immer noch ein respektabler mittelständischer Verlag", sagte Detlef Felken, Cheflektor des Sachbuchprogramms. "Allerdings gibt uns der rechtliche Verlag einen gewissen ökonomischen Rückhalt und somit mehr Freiheit."

Freiheit als Tradition

Neben dem bemerkenswerten Alter des Verlages ist es in Zeiten wirtschaftlicher Monopolisierung und Fusionierung beachtenswert, dass C.H. Beck noch immer familiengeführt ist. Felken sieht hierin unter dem Strich einen Vorteil. "Auf diese Weise sind wir weniger Abhängig von Marktschwankungen", stellte er fest. "Außerdem hat eine Familie mit solch einer langen Tradition ein anderes Verantwortungsgefühl gegenüber ihrem Erbe als ein Manager."

Dr. Detlef Felken, Cheflektor für Sachbücher beim Verlag CH Beck (Copyright: Verlag C.H. Beck)
Detlef Felken ist Lektor bei C.H. BeckBild: DW/K. Kops

Thomas Keiderling, Privatdozent für Buchwissenschaft an der Universität Leipzig, steht dem etwas skeptischer gegenüber: "Der Vorteil eines managergeführten Verlages ist: wenn der Sohn sich nicht eignet, holt man sich einfach einen guten Manager."

Der Verlag wurde gegründet als Carl Gottlob Beck eine Druckerei und Buchhandlung in Nördlingen am 9. September 1763 erwarb. Unter Carl Beck (dritte Generation) schaffte der Verlag in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit seiner juristischen und theologischen Programmrichtung die Voraussetzung für das heutige Angebot.

Ein weiteres Standbein wurde in den 1880er Jahren der historische Sachbuchbereich, der von Oskar Beck (vierte Generation) initiiert wurde.

Buchcover Helmuth James und Freya von Moltke: Abschiedsbriefe Gefängnis Tegel (Copyright: C.H. Beck)
Deutsche Widerstandskämpfer: Dass Literatur über das NS-Regime publiziert wird liegt auch in der Verlagsgeschichte begründet

Sachbuchautoren wie der Nobelpreisträger Albert Schweitzer und der Kulturkritiker Günther Anders wurden hier verlegt, aber auch ausländische Autoren wie der Nobelpreisträger Amartya Sen und der Kunsthistoriker Neil MacGregor.

Im Jahre 1999 strukturierte C.H. Beck sein Literaturprogramm um und ebnete so den Weg für Publikationen, unter denen sich auch der Booker Prize Gewinner des Jahres 2008 befindet: Aravind Adiga, mit seinem Roman "Der weiße Tiger".

Die düstere Vergangenheit

Wie in vielen älteren deutschen Unternehmen gibt es jedoch auch einen düsteren Teil in der Verlagsgeschichte: Der Verlag war – teils freiwillig, teils unfreiwillig – in die Machenschaften des Dritten Reiches verstrickt.

Durch den Erwerb des Liebmann-Verlages konnte C.H. Beck zu Beginn des Naziregimes im Jahre 1933 zum größten deutschen juristischen Fachverlag werden. Der jüdische Verleger Otto Liebmann wurde von den Nationalsozialisten zum Verkauf gedrängt.

Felken zufolge ist dieser dunkle Schatten der Grund, warum C.H. Beck in den letzten Jahren viele kritische Arbeiten über das "Dritte Reich" und über jüdische Geschichte publizierte.

Buchcover "Der weiße Tiger" von Aravind Adiga (Copyright: C.H. Beck)
Booker Prize Gewinner "Der weiße Tiger" steht für die Neustrukturierung bei C.H. Beck

Verlage wie C.H. Beck sind essentiell für Deutschlands tief verwurzelte Literaturkultur. Pro Kopf gibt es in Deutschland mehr Büchereien, Buchläden, Literaturpreise und Buchrezensionen als in fast jedem anderen Land.

All das wäre ohne Deutschlands rechtlich geregelte Buchpreisbindung nicht möglich. Mögliche Änderungen des Transatlantischen Freihandelsabkommens könnten dies aber in absehbarer Zukunft ändern und damit einen Preisdruck auf den deutschen Buchmarkt durch das Ausland zulassen.

"Die Buchpreisbindung ist das A und O für unseren Verlag, besonders da sich unser Programm weniger auf ganz populäres Sachbuch oder populäre Belletristik konzentriert", sagte Felken. Er sieht eine Änderung des Transatlantischen Freihandelsabkommens als Gefahr für Deutschlands kulturellen Reichtum.

Keiderling nimmt bereits eine Monopolisierung des Marktes wahr. "Wenn der Verlag einmal ins Straucheln gerät, könnte er von einem größeren wie Bertelsmann gekauft werden, der prinzipiell alles kauft, was wackelt", so Keiderling.

Nichtsdestotrotz hat C.H. Beck es vollbracht, zweieinhalb Jahrhunderte Marktentwicklungen mit erstaunlicher Kontinuität zu überstehen. Nicht zuletzt weil der Verlag unter den ersten war, die sich vor fast 20 Jahren auf die Digitalisierung eingestellt haben. Heutzutage wird fast jedes Buch auch als E-Book angeboten. Vielleicht hat C.H. Beck ja noch weitere 250 Jahre vor sich.