1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Bundeswehr: Top oder Flop?

Nina Werkhäuser20. März 2014

Die Bundeswehr geht in immer neue Auslandseinsätze - mit dem besten Material. Im Inland verwalten die Soldaten vielerorts den Mangel. Der Wehrbeauftragte fordert mehr Ressourcen für die Truppe.

https://p.dw.com/p/1BTPy
Bundeswehr-Soldaten vor dem Reichstag in Berlin (Foto: DPA)
Bild: picture-alliance/dpa

Kistenweise schleppten die Täter im Februar Munition aus der Kaserne im niedersächsischen Seedorf. Am Ende fehlten der Bundeswehr 28.000 Schuss. Den Wehrbeauftragten des Bundestags, Hellmut Königshaus, überraschen solche Vorfälle nicht: Die Wachen an den Kasernen wurden ausgedünnt, die Bundeswehr muss sparen. Unter den knapp 5100 Eingaben, die den Wehrbeauftragten im vergangenen Jahr erreichten, waren auch zahlreiche Beschwerden zu diesem Thema. In seinem Bericht beschreibt Königshaus, wie ein junger Mann sich im vergangenen August ungehindert Zutritt zu einem Flugzeug der Luftwaffe verschaffte. Den Wachen war der Eindringling nicht aufgefallen.

Armee im Dauerstress

Königshaus führt derartige Vorfälle auf die Belastungen zurück, denen die Bundeswehr durch den Umbau ausgesetzt ist. Die Wehrpflicht ist Geschichte, die Truppe wird verkleinert, Standorte werden zusammengelegt. Noch nie haben den "Anwalt der Soldaten" so viele Beschwerden erreicht wie im letzten Jahr. Die Truppe sei "personell und materiell an den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit", sagte der Wehrbeauftragte während einer Bundestagsdebatte über den Zustand der Streitkräfte. Er kritisierte das Reformkonzept, nach dem die Bundeswehr unter dem Schlagwort "Breite vor Tiefe" ein möglichst breites Fähigkeitsspektrum behalten soll anstatt sich wie andere Armeen stärker zu spezialisieren.

Bundeswehrsoldaten vor Transall-Maschinen (Foto: DPA)
Der Einsatz auf mehreren Kontinenten bindet viele RessourcenBild: picture-alliance/dpa

Parallel zum Umbau der Bundeswehr kamen 2013 neue Einsätze im Senegal, in Mali und in der Türkei hinzu. An diesem Donnerstag (20.03.2014) debattierte der Bundestag über die Entsendung von Militärausbildern nach Somalia. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) räumte ein, dass die Doppelbelastung - Neuausrichtung plus Auslandseinsätze - von den Angehörigen der Bundeswehr "viel Geduld und Verständnis" verlange.

Zu wenige Spezialisten

Genau wie die Wirtschaft leide die Bundeswehr an einem Mangel an Spezialisten, der nicht so schnell abzustellen sei, sagte die Ministerin. Techniker, Ärzte und Pioniere mit Spezialausbildung seien in den Einsätzen einfach sehr gefragt. Defizite gebe es auch beim Lufttransport und bei der Marine. Daher könne die Faustregel, dass ein Soldat nach vier Monaten im Auslandseinsatz 20 Monate Dienst am Heimatstandort tun dürfe, nicht durchgehend eingehalten werden, so von der Leyen.

Trotz der stark gespannten Personaldecke plant das Ministerium bereits neue Einsätze, die eine größere deutsche Rolle in der internationalen Politik unterstreichen sollen. Derzeit ist ein Einsatz in Zentralafrika in Planung, an dem sich die Bundeswehr mit Lazarettflugzeugen beteiligen will.

Sparzwang versus Verschwendung

"Bei der Bundeswehr stehen nicht die Menschen im Mittelpunkt, sondern die geostrategischen Interessen Deutschlands", kritisierte Christine Buchholz von der Linksfraktion. Die Grünen bemängelten, dass Millionen in schlecht geplanten Rüstungsprojekten verschwendet würden, während die Truppe an allen Ecken und Enden sparen müsse. "Meine Sorge ist, dass diese Bugwelle von Pleiten, Pech und Pannen in Zukunft auch dazu führen kann, dass das Geld für notwendige Maßnahmen verdrängt wird", sagte der Grünen-Politiker Tobias Lindner. Die einzige Entlastung, die derzeit für die Bundeswehr in Sicht ist, ist der Abzug aus Afghanistan. In seinem Jahresbericht appelliert der Wehrbeauftragte an die Bundesregierung, die freiwerdenden Mittel in die teils marode Infrastruktur und Ausrüstung im Inland zu stecken.

Hellmut Königshaus, der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, (Foto: DPA)
Kennt die Sorgen der Soldaten: Hellmut KönigshausBild: picture-alliance/dpa