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Regierung beharrt auf Sprachnachweisen

12. August 2014

Wer zu seinem ausländischen Ehepartner nach Deutschland ziehen will, muss Deutschkenntnisse nachweisen. Der Europäische Gerichtshof hat dies beanstandet. Die Regierung will aber nur in Härtefällen auf Tests verzichten.

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Türkinnen in einem Deutschkurs in Leipzig (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Bundesregierung will auch in Zukunft Sprachnachweise verlangen, wenn jemand zu seinem türkischen Ehepartner nach Deutschland zieht. Lediglich in Härtefällen soll der erforderliche Nachweis einfacher Deutschkenntnisse entfallen. Das teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mit. Dies solle auch für andere Nationalitäten gelten.

Wer als Ausländer seinem Ehepartner nach Deutschland folgen will, muss seit 2007 vor der Einreise grundlegende Deutschkenntnisse nachweisen. Damit will der Gesetzgeber die Integration fördern und Zwangsverheiratungen zumindest erschweren. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte die bisherige Praxis im Juli für den Nachzug zu türkischen Bürgern in Deutschland jedoch gekippt. Die Richter in Luxemburg argumentierten, die geltende Regelung verstoße gegen Vereinbarungen mit der Europäischen Union, wonach die Niederlassung für Türken in der EU nicht erschwert werden dürfe. Grundlage für die Entscheidung war die Klage einer türkischen Frau.

Einschränkungen der Niederlassungsfreiheit könnten zwar gerechtfertigt sein, erklärten die Richter. Allerdings müsse es dafür "einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses" geben, und die Auflagen dürften nicht unverhältnismäßig sein. Der deutsche Staat verlange jedoch zu viel. Denn mangelnde Sprachkenntnisse verhinderten automatisch eine Familienzusammenführung, ohne die Umstände im Einzelfall zu würdigen.

Gründliche Prüfung

Die deutschen Behörden hatten nach der Entscheidung aus Luxemburg bei der Visavergabe in solchen Fällen zunächst keine Anträge mehr allein wegen eines fehlenden Sprachnachweises abgelehnt. Die Bundesregierung hatte eine gründliche Prüfung des Urteils angekündigt.

Der Sprecher des Innenministeriums sagte am Dienstag, der EuGH habe nicht den Sprachnachweis als solchen beanstandet. Vielmehr habe das Gericht einen Verstoß darin gesehen, dass bei der Entscheidung über den Sprachnachweis kein Raum für die Berücksichtigung besonderer Umstände des Einzelfalls bestehe. Das ändere sich nun. Auf den Sprachnachweis wird demnach verzichtet, wenn es dem Ehepartner - zum Beispiel wegen zu großer räumlicher Entfernung - nicht zugemutet werden kann, einen Sprachkurs zu machen, oder wenn der Betroffene trotz ernsthafter Bemühungen innerhalb eines Jahres die Sprachprüfung nicht schafft. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, der Sprachnachweis bleibe bestehen, weil er sich als "vorgelagerte Integrationsmaßnahme" bewährt habe. Die Auslandsvertretungen begännen nun unverzüglich mit der Umsetzung.

Widerstand bei Türkischer Gemeinde

Die Türkische Gemeinde in Deutschland reagierte mit Unverständnis und Empörung. "Dies ist ein nie dagewesener Rechtsbruch durch die Bundesregierung", sagte der Bundesvorsitzende Safter Çinar. "Der EuGH ist 'gesetzlicher Richter', seine Urteile sind 1:1 umzusetzen." Es sei nicht nachvollziehbar, warum die SPD bei dieser Frage eingeknickt sei. Die SPD-Innenminister der Länder hatten sich nach dem EuGH-Urteil für einen kompletten Wegfall der Sprachtests beim Ehegattennachzug nach Deutschland stark gemacht. Çinar kündigte Widerstand gegen das Vorgehen der Regierung an. Dazu gehöre auch eine Beschwerde bei der EU-Kommission.

Kritik kam auch aus der Opposition. Der Grünen-Innenpolitiker Volker Beck sagte, der Sprachtest für den Ehegattennachzug bei Türken sei europarechtswidrig und eine Schikane. "Deshalb muss er gestrichen werden."

kle/gri (dpa, epd, afp)