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Gabriel geht zum Gegenangriff über

Sabine Kinkartz26. Juni 2014

Im Streit mit der EU-Kommission um Subventionen für erneuerbare Energien verschärft Bundeswirtschaftsminister Gabriel den Ton - und kündigt Widerstand an. Deutschland werde sich der Kommission nicht beugen, sagte er.

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Sigmar Gabriel Bundestag 26.6.2014
Bild: picture-alliance/dpa

Das Parlament hat im Zuge der Haushaltsberatungen für das laufende Jahr den Etat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie beschlossen. Insgesamt sollen die Ausgaben gut 7,4 Milliarden Euro betragen, das sind rund 1,3 Milliarden Euro mehr als 2013. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) könnte also zufrieden sein, zumal viele seiner Kollegen mit weniger Geld auskommen müssen als im vergangenen Jahr.

Wäre da nicht der Streit um die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Am Freitag stimmt der Bundestag über das Gesetz ab, die Atmosphäre ist gereizt. Die Linkspartei wirft Gabriel vor, die Rechte des Parlaments zu missachten, weil dieser kurzfristig über 200 Seiten Änderungsanträge vorgelegt und so Hals über Kopf die Geschäftsgrundlage geändert habe, beklagte der Wirtschaftsexperte der Linksfraktion, Roland Claus, in der Debatte über den Etat des Wirtschaftsministeriums. "So kann man mit dem Parlament nicht umgehen. Stoppen Sie die anti-parlamentarische Attacke beim EEG", verlangte er.

Weitere Verhandlungen ausgeschlossen

Gabriel kontert, die Änderungen seien notwendig geworden, nachdem die EU-Kommission die Bundesregierung Anfang der Woche überraschend aufgefordert hatte, aus anderen EU-Ländern importierten Strom künftig von der Ökostrom-Umlage zu befreien. Die beträgt derzeit 6,24 Cent je Kilowattstunde.

Im Ergebnis würde das bedeuten, dass zum Beispiel importierter Atomstrom vergleichsweise billig in Deutschland angeboten werden könnte. Das würde das gesamte Fördersystem für Ökostrom aus den Angeln heben.

Grüne Energie - zu teuer für Deutschland?

Die EU-Kommission argumentiert, die Umlage wirke wie eine Zollabgabe und sei ein Handelshemmnis, das gegen EU-Verträge verstoße. "Hätten wir die Querintervention der EU etwa nicht im Gesetz beantworten sollen?", konterte Gabriel im Bundestag an die Opposition gewandt. "Sie sollten froh sein, dass wir diesen Angriff der Kommission zur Zerstörung des EEG nicht mitmachen." Die Änderungen in der Gesetzesvorlage seien auf fünf Seiten präzise zusammengefasst, diese zu lesen, sei "keine intellektuelle Herausforderung".

Regierung unter Zeitdruck

Während EU-Kommissar Günther Oettinger davon ausgeht, dass die Bundesregierung weiter verhandeln wird, lässt Wirtschaftsminister Gabriel im Bundestag keinen Zweifel daran, dass es im Streit zwischen Brüssel und Berlin keine gütliche Einigung geben kann. Für die Bundesregierung gebe es "keine Verhandlungsmöglichkeit", so Gabriel. "Wir sagen hier im Bundestag und gegenüber der Kommission, dass wir die Position der Kommission für rechtswidrig halten." Die Bundesregierung werde bei dem bleiben, was sie im EEG festgelegt habe.

Eine andere Möglichkeit bleibt Deutschland allerdings auch nicht, denn die Bundesregierung steht unter einem enormen Zeitdruck. Nur wenn der Bundestag das Gesetz am Freitag verabschiedet, kann es Anfang August in Kraft treten. Dies gilt als Voraussetzung dafür, dass die EU-Kommission ihr Beihilfeverfahren gegen Deutschland einstellt. Nur so können Industriebetriebe milliardenschwere Rabatte auf die EEG-Umlage für 2015 beantragen und erhalten.

EU Klimaziele 2030 PK 22.01.2014 Oettinger
Sieht einen Grundsatzkonflikt: EU-Kommissar Günther OettingerBild: picture-alliance/dpa

Kritik auch am EU-Stabilitätspakt

Der Bundeswirtschaftsminister hadert indes nicht nur mit der europäischen Energiepolitik. In der Debatte über den Wirtschaftsetat konkretisierte er noch einmal, was er unter einer flexibleren Anwendung des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts versteht. So könne es beispielsweise nicht sein, dass Italien 15 Milliarden Euro aus Investitions-Fonds der EU nicht abrufen könne, nur weil er sie nicht gegenfinanzieren könne, ohne die Defizitkriterien zu reißen. "Warum ist es nicht möglich, das Geld auszuzahlen und auf die Gegenfinanzierung zu verzichten? Warum schaffen wir nicht solche Flexibilitäten?", fragte Gabriel.

Solche Änderungen erwarte er von der nächsten EU-Kommission. "Wer Reformen macht, muss Luft zum Atmen für Investitionen und Wachstum haben, aber was ich nicht erwarte, ist eine ideologisch geprägte Debatte über den Stabilitäts- und Wachstumspakt." Ohne nachhaltige Strukturreformen gebe es kein Wachstum, aber ohne Wachstumsimpulse wirkten nachhaltige Strukturreformen auch nicht.