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Bundesliga mit "Heuschrecke"

Anja Kimmig14. März 2014

Ein US-Finanzinvestor beteiligt sich mit mehr als 60 Millionen Euro an dem hoch verschuldeten Fußballverein Hertha BSC. Wer profitiert von dem Geschäft?

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Hertha-Spieler (Foto: Getty Images)
Bild: Alex Grimm/Bongarts/Getty Images

Für den Berliner Fußballverein Hertha BSC brechen neue Zeiten an, zumindest in finanzieller Hinsicht. Ende Januar 2014 wurde bekannt, dass KKR, eine große Beteiligungsgesellschaft mit Sitz in New York, 61,2 Millionen Euro in den hoch verschuldeten Fußballclub investiert. Dafür erhält KKR 9,7 Prozent der Anteile. Johannes P. Huth, Europa-Chef des Finanzinvestors, ist bereits in den sechsköpfigen Aufsichtsrat der Hertha-Kommanditgesellschaft eingezogen.

Private Equity-Firmen wie KKR erwerben Anteile von Unternehmen für einen begrenzten Zeitraum. Sie versuchen, die Rendite zu steigern, um die Anteile anschließend gewinnbringend zu verkaufen. In Deutschland werden Private Equity-Gesellschaften oft als "Heuschrecken" bezeichnet. Ihnen wird vorgeworfen, kurzfristige Renditeziele über das langfristige Wohl eines Unternehmens zu stellen. Es ist das erste Mal, dass eine Private-Equity-Firma bei einem Fußballclub einsteigt.

Warum ausgerechnet Hertha BSC?

Warum sich KKR ausgerechnet Hertha BSC ausgesucht hat, sorgt für Diskussionen. "Herthas große und loyale Fangemeinde, sein einzigartiges Ausbildungsprogramm für junge Talente und die Tatsache, dass er der führende Fußballclub in der deutschen Hauptstadt ist, machen Hertha für uns zu einem attraktivem Partner", so KKR-Europa-Chef Huth in einer Pressemitteilung. Interviews gibt er dazu jedoch nicht.

Für den Berliner Verein hat der Einstieg von KKR Vorteile, glaubt Sascha Steffen, Professor an der European School of Management and Technology in Berlin. "Hertha brauchte dringend einen Investor, um die Überschuldung zu reduzieren und sich wieder auf den sportlichen Erfolg zu konzentrieren." Die Schulden des Vereins belaufen sich auf 36,8 Millionen Euro.

Hertha ist im vergangenen Jahr wieder in die erste Bundesliga aufgestiegen und gehört dort aktuell zu den zehn besten Vereinen. Ein besserer Liga-Platz und die mögliche Teilnahme an internationalen Wettbewerben wie der Europa League sorgen für höhere Spielerlöse, Mehreinnahmen durch Fernseh-Vermarktung und Werbung. Das könnte den Firmenwert steigern und die Rendite, auf der Investor KKR abzielt.

Vorteile für Hertha BSC

Hertha BSC bringt der Deal neben einer umfangreichen Entschuldung vor allem neues Kapital zum Investieren. So kann der Club Marketing- und Cateringrechte zurückkaufen, die er in eine Tochtergesellschaft ausgelagert hatte, und Geld in neue Spieler investieren. KKR hat angekündigt, sich aus sportlichen und wirtschaftlichen Entscheidungen herauszuhalten. Ob es dabei bleibt, weiß man jedoch nicht. "Wenn es vielleicht einmal um einen Abstieg aus der 1. Liga gehen sollte, dürfte es interessant werden, da ein Abstieg in die 2. Liga einen negativen Effekt auf den Firmenwert haben würde," sagt Wirtschaftsprofessor Sascha Steffen.

Was passiert in 7 Jahren?

In sieben Jahren läuft der Vertrag zwischen KKR und Hertha BSC aus. Experten nehmen an, dass KKR dann wieder bei Hertha BSC aussteigen wird. "Das kann entweder über einen Börsengang erfolgen, der umso wahrscheinlicher wird, je weiter der Firmenwert steigt, oder durch einen Verkauf der Anteile an einen anderen Investor", sagt Steffen. "Hertha könnte die Anteile auch zurückkaufen. In dem Fall wäre aber die aktuell gewonnene finanzielle Freiheit wieder dahin und es dürfte die Schuldensituation von Hertha wieder verschlechtern." KKR werde auf jeden Fall den Weg wählen, der die höchste Rendite verspricht, so der Ökonom.

Doch selbst wenn Hertha BSC die Renditeerwartung nicht erfüllt, bleiben die 61,2 Millionen Euro ein eher kleines Investment für die Private Equity-Gesellschaft. Kohlberg Kravis Roberts & Co verwaltet ein Fondsvolumen von 90,2 Milliarden US-Dollar. 4,4 Milliarden US-Dollar hat KKR nach eigenen Angaben seit 1999 in 15 Unternehmen in Deutschland investiert, darunter Firmen wie der Gabelstapler-Hersteller Kion, den KKR 2013 an die Börse gebracht hat, und A.T.U., eine Kette von Autowerkstätten.

Private Equity in Deutschland

Laut Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BDK) haben 2013 knapp 1300 Unternehmen in Deutschland Beteiligungskapital in Anspruch genommen. Diese Form der Finanzierung sei vor allem für kleinere und mittelgroße Firmen interessant, im vergangenen Jahr besonders in den Branchen Maschinen- und Anlagenbau und Industrieautomation. Für 2014 werden es vor allem Technologiefirmen sein, glaubt der Verband. "Grundsätzlich investieren Beteiligungsgesellschaften mit Kapital und unternehmerischer Expertise in Zukunftsmärkte und greifen Trends auf", sagt Matthias Kues, Vorstandsvorsitzender des BVK.

"Das Engagement von KKR ist das erste Investment unserer Branche bei einem Fußballverein. Borussia Dortmund hat Eigenkapital über die Börse einsammelt. Auch andere Vereine wie Bayern München oder Hannover 96 haben private oder institutionelle Investoren. Investments in Fußballklubs sind insoweit per se nichts Ungewöhnliches", so Kues. Bayern München, der mit Abstand erfolgreichste deutsche Fußballverein, hat mehrere Unternehmen als Teilhaber: Adidas, Audi und der Versicherungskonzern Allianz, der 110 Millionen Euro für einen Anteil von 8,3 Prozent bezahlte.

Im Moment profitiert Hertha BSC von dem Investment durch KKR. Wie groß der Einfluss von KKR in Zukunft tatsächlich sein wird, ist zurzeit Spekulation. "In der Regel zahlen sich Beteiligungsunternehmen große Dividenden, mit denen sie einen Großteil ihrer Investition schon vor Auslauf der Anlage zurückerhalten", sagt Wirtschaftsprofessor Sascha Steffen. "Angesichts der finanziellen Situation des Vereins und der notwendigen Investitionen ist das aber eher unwahrscheinlich."