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Buddhistische Hetze in Myanmar

Sarah Judith Hofmann 19. März 2015

In Myanmar herrscht offiziell Religionsfreiheit. Einige radikale Buddhisten aber machen Stimmung gegen Muslime – und finden damit inzwischen sogar Gehör beim Gesetzgeber.

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Radikale Mönche der Ma Ba Tha.
Bild: DW/S. Hofmann

In roter Kleidung rennen die Kinder über den staubigen Platz. Sie spielen Fußball. Alles ganz normal. Nur dass es sich bei diesem Fußballplatz um den Hof einer Klosterschule handelt und bei den Spielern um kleine Novizen mit hochgekrempelten Roben und nacktem Oberkörper. Ihr Lehrer, U Nayaka, lacht über die Vorstellung, dass in einer Klosterschule still gelernt und meditiert werde. "Hier ist es nie still. Meine Kinder machen immer Lärm." Der Direktor der Integrativen Klosterschule Phaung Daw Oo ist ein fröhlicher Mensch. Er lacht nach jedem Satz.

Seit 1993 unterrichtet U Nayaka hier Kinder, deren Familien sich Bildung sonst nicht leisten könnten. Angefangen hat alles mit knapp 400 Schülern. Heute sind es beinah 8.000. 450 von ihnen leben auf dem Gelände. Jungen und Mädchen. Bauern- und Straßenkinder. Buddhisten und Nicht-Buddhisten. Aus einigen werden Mönche, aus anderen nicht. Ja, selbst ein paar Christen und Moslems, sagt U Nayaka stolz, würden an seiner Schule gemeinsam mit den anderen Kindern unterrichtet.

Für ihn ist klar: "Buddhistisch zu denken, heißt kritisch zu denken." Das will er seinen Schülern beibringen. Unterstützt wird er dabei vor allem aus dem Ausland – aus Japan, Australien, England und zu große Teilen aus Deutschland. Den Mädchenschlafsaal hat der private Förderverein Myanmar vor einigen Jahren mit Unterstützung der Bundesregierung gebaut. Etliche internationale Lehrer unterrichten ehrenamtlich an der Schule. Ihr Ziel: die Kinder zu kritischen Geistern erziehen. Dazu gehört auch das friedliche Miteinander der Religionen, ist U Nayaka überzeugt.

"Für den Schutz von Rasse und Religion"

Der Mönch U Maung Maung ist kein Anhänger des Miteinanders der Religionen. Seine Vereinigung Ma Ba Tha setzt sich für den "Schutz von Rasse und Religion" ein. Und das meint: für den Schutz des Buddhismus und gegen eine vermeintliche Bedrohung durch den Islam. Der Hass richtet sich in erster Linie gegen die ethnische Minderheit der muslimischen Rohingya, die im Rakhine-Staat an der Grenze zu Bangladesch lebt und keine myanmarische Staatsbürgerschaft besitzt. In den Augen von Ma Ba Tha haben "die Bengalis" nichts in Myanmar zu suchen. "Sie begehen schlimme Verbrechen", wettert U Maung Maung in seinem Kloster vor den Toren von Myanmars Wirtschaftsmetropole Yangon, "sie vergewaltigen und versuchen, so viele unserer Frauen wie möglich zu heiraten."

Die Muslime, so die Befürchtung von Ma Ba Tha und seinen Anhängern, wollten Myanmar islamisieren. Dabei sind rund 90 Prozent der 51 Millionen Einwohner Myanmars Buddhisten. Und nur rund fünf Millionen Muslime.

Ein "Sondergesetz zur Heirat buddhistischer Frauen"

Und doch ist Ma Ba Tha mit dieser Haltung nicht alleine. Der radikale Mönch Ashin Wirathu, der Kopf der sogenannten "969-Bewegung" wurde von internationalen Medien schon als das "Gesicht des buddhistischen Terrors" bezeichnet. Er und seine Anhänger rufen seit Jahren mit Büchern, Videos und auf Veranstaltungen zum Boykott muslimischer Geschäfte auf. Sie kleben Sticker mit ihrem Logo an Gebäude, die buddhistisch bleiben sollen. Und ihre Stimmungsmache findet inzwischen sogar Eingang in Gesetze.

Time Magazine mit Konterfei des buddhistischen Monches Wirathu.
Time Magazine mit Konterfei des buddhistischen Mönches Wirathu.Bild: Christophe Archambault/AFP/Getty Images

Bereits im Dezember hatte Präsident Thein Sein beim Parlament ein Paket mit Gesetzesentwürfen eingereicht, die noch vor den Präsidentschaftswahlen im Herbst 2015 verabschiedet werden sollen. Sie sollen dem "Schutz von Rasse und Religion" dienen. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International verurteilen sie allesamt als "diskriminierend" und "im Widerspruch zu fundamentalen Menschenrechten" stehend.

So soll künftig beispielsweise jeder, der von einer Religion zu einer anderen übertreten möchte, bei einer staatlichen Behörde einen Antrag stellen müssen. Ebenso buddhistische Frauen, die einen Mann heiraten wollen, der einer anderen Religion angehört. Darüber, ob der Antrag abgelehnt oder angenommen wird, soll dann ein Gremium aus lokalen Regierungsbeamten und Gemeindemitgliedern entscheiden. Amnesty International verurteilt auch den Entwurf eines Monogamie-Gesetzes als gefährliche Propaganda, denn in Myanmar ist die Mehrehe bereits gesetzlich verboten.

Gefährliche Zeiten für Muslime

In der 30. Straße in Yangons Pabedan Township in Downtown, liegt die Mogul Shia Moschee. Es ist ein prächtiges Gebäude, gebaut Ende des 19. Jahrhunderts als sich persische Händler in Myanmar niederließen. Heute ist es die größte shiitische Moschee Yangons. Bis zu 300 Gläubige kommen jeden Freitag aus allen Teilen der Stadt, um hier zu beten.

Imam Bakr Mohammedi in Yangon.
Imam Bakr Mohammedi.Bild: DW/S. Hofmann

Imam Bakr Mohammedi möchte eigentlich viel lieber darüber sprechen, dass in Myanmar seiner Ansicht nach Buddhisten und Muslime seit Jahrhunderten friedlich zusammengelebt hätten, doch seit sich die Ausschreitungen gegen muslimische Gemeinden mehren, fällt auch ihm diese positive Botschaft schwer. "Es sind ja nur einige wenige Mönche, die in ihren Ansprachen zu Hass und Gewalt aufrufen", versucht er zu beschwichtigen, "aber es reicht aus, um in manchen Teilen des Landes für Ausschreitungen zu sorgen." In Yangon sei die Situation immer noch nicht so dramatisch, meint der Imam, "doch durch die Gewalt im Rakhine Staat, machen sich auch die Muslime hier Sorgen." Die Gemeinde zähle immer mehr Mitglieder, die bereits aus anderen Teilen des Landes nach Yangon geflohen seien.

Wenn man den liberalen Mönch U Nayaka auf die Hetzreden Wirathus anspricht, weicht er aus. Seine eigene Klosterschule liegt nicht weit entfernt von Wirathus Kloster Maseyein. Er kennt seinen Glaubensbruder gut. Und so mutig U Nayaka sonst erscheint, dessen Thesen möchte er lieber nicht kommentieren.