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"Es geht gar nicht primär um Mali"

Sven Pöhle7. Februar 2014

Die Bundeswehr werde in Mali auf zukünftige Einsätze in Afrika vorbereitet, sagt Christine Buchholz im DW-Interview. Die Politikerin der Linken war mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen vor Ort.

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Christine Buchholz, verteidigungspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke (Foto: C.Buchholz/Fraktion Die Linke)
Bild: Christine Buchholz/Fraktion Die Linke

Deutsche Welle: Frau Buchholz, Sie haben Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bei ihrer Reise in den Senegal und nach Mali begleitet. Nun sind Sie mit frischen Eindrücken wieder zurück. Wie ist die Lage in Mali?

Christine Buchholz: Wenn man so eine Ministerreise mitmacht, dann sieht man nicht wirklich viel vom Land. Man hat auch nur eine sehr ausgewählte Anzahl von Gesprächspartnern. Das muss man einschränkend sagen. Es gab während des letzten Jahres eine politische Stabilisierung. Aber die Probleme sind nicht weg. Das bezieht sich auf die Sicherheitslage im Norden, wo es immer wieder Anschläge gibt. Hinzu kommt, dass die sozialen Probleme nicht im Ansatz angegangen wurden. Wir haben aktuell eine Zuspitzung der Hungersituation, weil es schlechte Ernten gab. Wir haben 160.000 Flüchtlinge, die sich nicht in den Norden zurücktrauen. Und neben einzelnen Erfolgsmeldungen sind das massive Probleme, die einfach noch nicht gelöst sind.

Wie kann denn Deutschland dabei helfen, diese Probleme zu lösen?

Lösen müssen es die Malier selbst. Es gibt allerdings Teile des Engagements, beispielsweise die Arbeit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und auch zivilgesellschaftlicher Organisationen, die hilfreich sind, um eine Basis für eine positive Entwicklung zu legen. Zum Beispiel beim Verwaltungsaufbau oder Bewässerungsprojekten. Es gibt auch Ankündigungen, im Bereich der Korruptionsbekämpfung etwas zu machen. Das ist sehr wichtig, denn es gibt unglaublichen Reichtum in Mali, den nur eine ganz kleine Minderheit tatsächlich abschöpft. Die Mehrheit der Bevölkerung hat nichts davon. Und das sind eigentlich die großen Aufgaben, um eine Basis in der malischen Gesellschaft zu schaffen und um wirkliche Stabilität hinzubekommen.

Kann die Bundeswehr dazu beitragen, die Stabilität in Mali wiederherzustellen? Hilfe zur Selbsthilfe nennt das die Bundesregierung.

Ich glaube, es geht beim Bundeswehreinsatz gar nicht primär um Mali. Frau von der Leyen, Bundespräsident Gauck und Außenminister Steinmeier haben eine Orientierung auf mehr Auslandseinsätze vorgegeben und suchen dafür nun die Krisenherde. Das ist das übergeordnete Ziel. Natürlich geht es auch um die Ausbildung der malischen Armee, die dann im Norden eingesetzt werden soll. Hauptzweck ist aber die Ausbildung der Bundeswehr für zukünftige Einsätze in Afrika. Übrigens schien es der Ministerin bei der Reise auch darum zu gehen, Bilder zu schaffen, um der hohen Ablehnung in der deutschen Bevölkerung gegenüber den militärischen Engagements entgegenzuwirken.

Hinzu kommt: Die Trainingsmission ist zwar kein Kampfeinsatz. Die malischen Soldaten, die in Koulikoro ausgebildet werden, ziehen aber in den Norden und arbeiten eng zusammen mit der Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen und mit der französischen Operation "Serval", also dem Kampfeinsatz gegen Terroristen, wie es heißt. Das ist natürlich ein Beitrag zu einem gesamtmilitärischen Konzept. Die Linke hat eine generelle Kritik daran, mit militärischen Mitteln das Problem des Terrorismus lösen zu wollen. Das funktioniert einfach nicht.

Muss man in Mali nicht erst mal Sicherheit vor Ort gewährleisten, um dann Projekte der Entwicklungszusammenarbeit durchführen zu können?

Diese Reihenfolge teile ich nicht. Es gibt im Norden Malis immer noch zerstreute Rebellengruppen. Die sind nicht zerschlagen. Die Basis, aus der junge Männer rekrutiert wurden, ist die Armut und Perspektivlosigkeit. Man kann diese Fragen überhaupt nicht voneinander trennen.

Was wir brauchen, ist eine strikte Trennung von zivilem und militärischem Bereich. Wir müssten unser Engagement darauf konzentrieren, zivil zu helfen. Die Bundesregierung vermengt diese beiden Ebenen aber permanent miteinander. Letztendlich besteht immer die Tendenz, dass die zivile Hilfe ein Feigenblatt für das eigentliche militärische Interesse ist und nicht umgekehrt. Die stärkere Triebkraft steckt hinter dem Militärischen und ich bin fest davon überzeugt, dass humanitäre und zivile Hilfe und auch Entwicklungszusammenarbeit immer neutral sein muss und nicht mit militärischen Interessen verquickt werden darf.

Hätte es die Lage in Mali nach dem Militärputsch 2012 und dem Vorrücken der - auch islamistischen - Rebellen zugelassen, rein zivil vorzugehen?

Im Norden Malis liefen die ganze Zeit verschiedenste Entwicklungs- und Hilfsprojekte. Das ist unter sehr harten und sicher auch unter gefährlichen Bedingungen möglich, und ich halte das für den richtigen Weg.

Werden wir in Zukunft mehr derartige Auslandseinsätze haben?

Ja, leider. Ich glaube zumindest, dass sich die Bundesregierung darauf vorbereitet. Mali ist auch ein Training für die eigenen Streitkräfte. Erstmalig hat es in dieser Mali-Mission die Luftbetankung von Kampfflugzeugen im Einsatz gegeben. Das ist eine Übung unter realen Bedingungen in Afrika. Insofern rechne ich damit, dass die Bundeswehr jetzt fit gemacht wird, um in Zukunft in vergleichbare Konflikte einzugreifen. Ich rechne damit, dass zumindest die Zahl der Einsätze steigt. Diese werden unterschiedliche Gesichter haben, es wird nicht alles ein Großeinsatz wie in Afghanistan sein. Aber es wird auf verschiedene Art und Weise zukünftig häufiger Militär eingesetzt werden. Das lehnt die Linke ab.

Christine Buchholz ist die verteidigungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag.

Das Gespräch führte Sven Pöhle.