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Brüchige Osterwaffenruhe

20. April 2014

Im Osten der Ukraine ist es zu einer Schießerei an einer Straßensperre prorussischer Milizionäre gekommen. An anderen Orten konnte die ukrainische Regierung die ersten Gruppen entwaffnen.

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Pro-Russischer Milizionärbei Slaviansk am 20.4.2014 (Foto: rtr)
Ein prorussischer Milizionär vor der Straßensperre bei Slowjansk, wo es zu einem Schusswechsel gekommen warBild: Reuters

Zwei Tage nach der Einigung in Genf ist es bei Slowjansk im Gebiet Donezk zu einem Schusswechsel mit mindestens einem Toten ist gekommen (Artikelbild). Nach Angaben des russischen Staatsfernsehens und prorussischer Aktivisten sollen vier oder fünf Menschen getötet worden sein, als Anhänger des ultranationalistischen Prawy Sektor (Rechter Sektor) eine Straßensperre der Milizionäre angriffen. Das ukrainische Innenministerium bestätigte eine "bewaffnete Auseinandersetzung" zwischen zwei Bürgergruppierungen, sprach von mindestens einem Toten sowie drei Verletzten und teilte mit, die Hintergründe müssten geklärt werden.

Prorussische Kräfte verhängten daraufhin eine Ausgangsperre über Slowjansk, ein Lautsprecherwagen machte die Sperre öffentlich bekannt. "Zwischen Mitternacht und sechs Uhr früh ist es verboten, die Straßen zu nutzen", sagte der selbsternannte Bürgermeister der Hochburg prorussischer Kräfte, Wjatscheslaw Ponomarew. Er forderte den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf, Friedenstruppen in die Ostukraine zu schicken, um die Bevölkerung vor "Faschisten" zu schützen. Später bat er Moskau sogar um Waffen.

Genfer Vereinbarung bedroht?

Das russische Außenministerium verurteilte den Vorfall als "Provokation", er zeige den "mangelnden Willen der Behörden in Kiew, Nationalisten und Extremisten im Zaum zu halten und zu entwaffnen". In Genf hatten sich die Ukraine, Russland, die USA und die EU darauf verständigt, alle illegalen Milizionäre zu entwaffnen. Moskau drängt nun darauf, dass nicht nur prorussische, sondern auch ukrainisch-nationalistische Gruppen wie der Rechte Sektor entwaffnet werden, der am Sturz von Präsident Viktor Janukowitsch im Februar beteiligt war. Prorussische Separatisten im Osten des Landes lehnen es bislang ab, ihre Waffen niederzulegen.

Angesichts des Osterfestes hatte die Regierung in Kiew zunächst eine Waffenruhe angekündigt. An Ostern konnten die ukrainischen Behörden dann aber doch Erfolge bei der Entwaffnung militanter Uniformierter im Osten des Landes vermelden. Laut Innenminister Arsen Awakow wurden in der Stadt Luhansk drei Menschen mit Maschinengewehren ohne Blutvergießen festgenommen. Nach Angaben des ukrainischen Geheimdienstes SBU gaben außerdem in der Stadt Schytomyr im Norden des Landes Mitglieder des ultranationalistischen Rechten Sektors 21 Kisten mit Brandsätzen ab.

Jazenjuk kritisiert Putin

Der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk hat dem russischen Präsidenten Wladimir Putin unterdessen vorgeworfen, von der Wiederherstellung der Sowjetunion zu träumen. "Ich denke, es wäre die größte Katastrophe dieses Jahrhundert, wenn die Sowjetunion unter der Federführung von Präsident Putin wieder errichtet würde", sagte Jazenjuk in einem Interview mit dem US-Fernsehsender NBC.

Jazenjuk verurteilte außerdem die Verteilung anti-jüdischer Flugblätter vor einer Synagoge in der ost-ukrainischen Stadt Donezk. Er kündigte an, die ukrainischen Sicherheitsdienste zu drängen, "diese Dreckskerle" zu finden und vor Gericht zu bringen. Laut israelischen und amerikanischen Medienberichten trugen die Flugblätter das Symbol der selbsterklärten separatistischen Republik Donezk sowie die russische Flagge. Juden wurden darin aufgerufen, sich bei den Behörden der selbsternannten Republik registrieren zu lassen, andernfalls würden sie deportiert und ihr Besitz konfisziert.

Gespaltene Orthodoxie

Der Konflikt um die Ukraine spaltet inzwischen auch die orthodoxen Christen. So beschwor der Kiewer Patriarch Filaret in seiner Osterbotschaft die Hilfe Gottes bei der "Wiederauferstehung" der Ukraine. Russland bezeichnete er als " Feind", dessen "Aggression" scheitern werde. "Gott kann nicht auf der Seite des Bösen sein, daher ist der Feind des ukrainischen Volkes zum Scheitern verurteilt", sagte der orthodoxe Patriarch.

In Moskau rief Patriarch Kirill dagegen die Gläubigen in der Christ-Erlöser-Kathedrale auf, für das "in der Ukraine lebende russische Volk" zu beten, auf dass das "Heilige Russland" nicht zerstört werde. Die ukrainische Hauptstadt Kiew gilt in Russland als Wiege der Orthodoxie. Das orthodoxe Ostern fällt dieses Jahr mit dem Osterfest der katholischen und evangelischen Christen zusammen.

det/kle (afp, dpa, rtr)